Probleme bei der Umsetzung des Veloweggesetzes

WaldSchweiz möchte von Mountainbikern eine Abgeltung für die Waldnutzung

Der Wald ist ein beliebter Erholungsraum. WaldSchweiz möchte, dass dies adäquat abgegolten wird. (Bilder Martin Platter)

Der Wald ist ein beliebter Erholungsraum. WaldSchweiz möchte, dass dies adäquat abgegolten wird. (Bilder Martin Platter)

Kreisforstmeister Res Guggisberg sieht die Politik in der Verantwortung, endlich klare Aufträge zu erteilen.

Kreisforstmeister Res Guggisberg sieht die Politik in der Verantwortung, endlich klare Aufträge zu erteilen.

Dave Spielmann von SchweizMobil ist für einfache Lösungen mit klaren Regeln.

Dave Spielmann von SchweizMobil ist für einfache Lösungen mit klaren Regeln.

Luise Rohland, Co-Präsidentin Züritrails, ist nicht prinzipiell gegen eine Abgeltung von Biketrails.

Luise Rohland, Co-Präsidentin Züritrails, ist nicht prinzipiell gegen eine Abgeltung von Biketrails.

WaldSchweiz, der Verband der hiesigen Waldeigentümer, hat jüngst ein Merkblatt an seine Mitglieder herausgegeben. Darin anerkennt der Verband wohl «das Bedürfnis der Erholungssuchenden, sich mit dem Mountainbike im Wald zu bewegen». Dies habe jedoch geordnet und koordiniert zu erfolgen. Die kantonalen Vorschriften seien von den Bikenden einzuhalten und von den Behörden durchzusetzen. Dabei gelte es, die Eigentumsrechte der Waldeigentümerinnen und -eigentümer zu respektieren.

Eine Position gab besonders zu reden: «Die Zurverfügungstellung von Waldboden für bewilligte MTB-Trails und -Pisten sowie die Mehraufwände und Mindererträge, die rund um MTB-Infrastrukturen anfallen, sind zu entschädigen.» Als Beispiel wurde ausgerechnet der Antennen-Trail (offizielle Bezeichnung: Biketrail Triemli) auf dem Üetliberg genannt. Die künstlich angelegte Downhill-Strecke führt von der Swisscom-Antenne auf dem Üetliberg über 3,5 Kilometer und 350 Tiefenmeter hinunter bis zur Triemli-Haltestelle der SZU. Mit rund 150000 Fahrten pro Jahr ist es die wohl am meisten befahrene Mountainbike-Piste der Schweiz. Abgegolten werden müsste diese Anlage gemäss Rechnung von WaldSchweiz mit rund 150000 Franken pro Jahr, was Stirnrunzeln in der Biker-Community ausgelöst hat.

Das Eigentum respektieren

An einem Netzwerkanlass am vergangenen Mittwoch bei der ETH am Hönggerberg in Zürich informierte WaldSchweiz über ihr Anliegen und lockte damit 90 Zuhörer an. Der Anlass war neutral angelegt. Es kam zu einem sachlichen und informativen Austausch an Erfahrungen, Beobachtungen und Wünschen, die das Dilemma aufzeigten, in dem nicht nur die Waldbesitzer stecken. Zu hören waren vier Kurzreferate, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchteten. Nach der Begrüssung von WaldSchweiz-Präsident Paolo Camin sprach kurz auch Res Sudler, der Präsident von ZüriWald, der die Sicht der privaten Waldbesitzer aufzeigte. Von ihm war zu erfahren, dass sich rund die Hälfte des Zürcher Walds in privater Hand befindet; die andere Hälfte gehört der öffentlichen Hand. Sudler sprach sich für klare Regeln und für Respekt gegenüber dem Privatbesitz aus. Nicht alles sei öffentlich befahr- und begehbar.

Der Föderalismus machts kompliziert

Dave Spielmann, Leiter des Kompetenzzentrums Mountainbike von SchweizMobil, wiederum gab eine nationale Gesamtschau, die nicht einfach ist. Denn jeder Kanton verfügt über ein eigenes Waldgesetz. Das Bündnerland beispielsweise besitzt das wohl liberalste. Wo nicht anders signalisiert, erlaubt es das Befahren sämtlicher Wanderwege mit Mountainbikes. Ein pragmatischer Weg, dem sich kürzlich auch der Kanton Jura angeschlossen hat. In vielen anderen Kantonen ist das Befahren von Wanderwegen aber eine Grauzone, die auf gegenseitigem Respekt basiert. Problematisch wird es immer dort, wo sich Einzelne rücksichtslos verhalten. Denn überall, auch im Kanton Graubünden, gilt die Regel, dass der Fussgänger auf dem Wanderweg Vortritt hat und in den Wäldern nicht einfach Trails wild drauflosgebaut werden. Spielmann verwies auf die verschiedenen Merkblätter von SchweizMobil, die sich mit der Koexistenz der verschiedenen Anspruchsgruppen und dem Bau der Weginfrastruktur befassen. Sie sind in Zusammenarbeit mit ASTRA, BfU, Fahrrad-, Jagd- und Waldverbänden entstanden. «Rund 800 000 Menschen wollen Trails fahren. Das sind fast gleich viele wie Skisportler», bezifferte Spielmann. Zwei Drittel der Bevölkerung lebten jedoch in Regionen, in denen es keine offizielle MTB-­Infrastruktur gebe.

Der Zürcher Kreisforstmeister und stellvertretende Leiter der Abteilung Wald Res Guggisberg präzisierte die Zürcher Verhältnisse. Laut Waldgesetz dürfe nur auf Waldstrassen Rad gefahren werden. Allerdings habe das Urteil des Bezirksgerichts Affoltern am Albis diese Praxis stark relativiert. Es sprach 2022 zwei Mountainbiker frei, die für einen Beitrag des Schweizer Fernsehens am Üetliberg auf Wanderwegen gefahren waren. Für Guggisberg zeigt das Urteil klar, dass eine exakte Definition der verschiedenen Wegqualitäten nötig ist. Das sei aber nicht einfach, da dabei vier verschiedene Ämter und drei Regierungsräte involviert seien. Er pflichtete Spielmann bei, dass der Bedarfsnachweis für Biketrails erbracht sei. Das gehe auch aus der jüngsten Bestandes- und Bedarfsanalyse des Kantons hervor. Dazu komme das Postulat von Kantonsrat Andrew Katumba. Es war im Oktober 2023 als Motion eingereicht worden und fordert den Ausbau der Mountainbike-Infrastruktur im Kanton Zürich. Nach der Umwandlung in ein weniger restriktives Postulat war es von allen Parteien im Züricher Kantonsrat gutgeheissen worden.

Lenkung anstatt Verbote

Beat Kunz, Leiter Stadtgrün in Winterthur, brachte Beispiele, wie die zunehmende Anzahl Waldnutzer in der sechstgrössten Stadt der Schweiz gelenkt ­werde. Man habe festgestellt, dass Lenkungsmassnahmen effizienter seien als Verbote. Dazu müssten sich die verschiedenen Ämter (Sportamt, Grün Stadt Winterthur, Bauamt, Volkswirtschaftsamt) und auch die Waldbesitzer auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Im Winterthurer Stadtwald sei das nicht so schwierig gewesen. Man habe einen ­«Regiopark» geschaffen, der Angebote für die verschiedenen Nutzergruppen bereithält; dabei auch Biketrails. Aber auch da sei nicht überall alles möglich; man ist auf Toleranz und gegenseitige Rücksichtnahme angewiesen.

Zum Schluss sprach Luise Rohland, Co-Präsidentin von Züritrails. Mit rund 1500 Mitgliedern der grösste Bikeclub der Schweiz, der zusammen mit der Stadtzürcher Politik stets um einen Konsens bemüht ist und schon einige Bike-Projekte auf den Weg gebracht hat, so auch den Antennen-Trail. Rohland bezeichnete denn auch den Trailbau als eines der Hauptanliegen des Vereins. Sie sprach sich nicht kategorisch gegen eine Abgeltung von Trails aus, denn diese mache bei den komplexen Planungsverfahren ohnehin nur einen kleinen Teil aus. Wichtig sei, dass man miteinander rede und die Wünsche und Bedenken der Gegenpartei kenne. So können in der Regel auch Lösungen gefunden werden. In der anschliessenden Podiumsdiskussion stellte sich heraus, dass bei der Umsetzung des Anfang 2023 in Kraft getretenen Veloweggesetzes noch viel zu tun ist. Es verpflichtet die Kantone, bis in 20 Jahren ein gutes, sicheres und zusammenhängendes Velowegnetz zu erstellen. Die ersten fünf Jahre sind für die Planung bestimmt, die restlichen 15 Jahre für den Bau ­vorgesehen. Dazu gehören auch Biketrails. Doch es hakt offenbar noch vielerorts am Verwaltungsauftrag, wie aus der Runde herauszuhören war. Spielmann plädierte deshalb für einfache Lösungen, die aber auf klaren Regeln basieren. Denn einige man sich nicht, koste das auch. In der Runde war man sich einig, dass gerade im Wald eine friedliche Koexistenz der Schlüssel zum Erfolg ist. Beat Kunz brachte es auf den Punkt: «Es können nicht Wege für alle Nutzergruppen gebaut werden. Denn dann bestünde der Wald nur noch aus Wegen.»

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