20 Jahre nach «Lothar»
Vor 20 Jahren, am 26. Dezember 1999, fällte Orkan «Lothar» innert Stunden 10 Millionen Bäume in der Schweiz. Auch im Bezirk Affoltern wütete er auf verheerende Weise. Heute sind die Wunden verheilt, die Wälder weisen eine grössere Artenvielfalt auf und sind sturmresistenter.

Wer den Tag vor zwanzig Jahren miterlebt hat, mag sich wohl noch gut zurückerinnern. Am Morgen des 26. Dezember 1999 fegte der Orkan «Lothar» mit einer bisher unbekannten Wucht übers Land. In der Schweiz starben 14 Menschen, unzählige Gebäude wurden beschädigt. Immens waren die Schäden in den Wäldern. 10 Millionen Bäume wurden gefällt, die Eidgenössische Forschungsanstalt WSL in Birmensdorf beziffert den finanziellen Schaden am Wald auf über eine Milliarde Franken. Im Knonauer Amt lagen 95000 m³ Sturmholz darnieder. «Der Bezirk Affoltern war vom Sturm Lothar stark betroffen», sagt Kreisforstmeister Jürg Altwegg. Grund dafür ist, dass viel Waldfläche in der Region windexponierten Stellen ausgesetzt ist. Zudem war es am Sturmtag ziemlich warm, die Waldböden waren nicht gefroren und Regen hatte die Böden aufgeweicht, sodass insgesamt mehr Bäume mitsamt ihren Wurzeln umgeworfen statt gebrochen wurden.
Lehren gezogen
Mittlerweile sind die gröbsten Schäden längst behoben. Und man hat die Lehren gezogen. So wurden die grossen vom Sturm herausgeschlagenen Freiflächen mit standortgerechten Baumarten wiederaufgeforstet. Die Fichtenbestände wurden reduziert, dafür mehr Laubbäume gesetzt, wie etwa Eichen, Kirschbaum oder Spitzahorn. «Der Wald ist heute vielfältiger», sagt Flurin Farrér, Förster des Reviers Knonauer Amt Süd. «Mit mehr Baumarten kann man das Risiko bei Stürmen, aber auch bei Trockenheit oder hohem Insektenbefall besser verteilen.» Auch werden heute neue Bäume mit grösseren Abständen zueinander gesetzt, um so in den Zwischenräumen eine naturnahere Verjüngung zuzulassen. Und Waldränder werden gegenüber früher vermehrt aufgelichtet, was den Wald sturmresistenter macht.
Eine Bilanz zu «Lothar» fällt zweischneidig aus. «Finanziell ist ein Sturm wie Lothar für die Waldbesitzer eine Katastrophe», sagt Jürg Altwegg. Es sei jedoch erstaunlich, wie rasch sich die Natur regeneriere und wieder Wald entstehe. Hinsichtlich Biodiversität hätten die grossen Freiflächen zu einem grösseren Artenreichtum gefunden. Die Jungbaumbestände erfordern aber auch mehr Pflege, damit sie sich gegen andere konkurrenzstarke Baumarten durchzusetzen vermögen.
Mit Klimawandel Schritt halten
Mit dem Klimawandel werden Extremereignisse künftig vermehrt auftreten. «Die nach den Stürmen Vivian 1990 und Lothar gesammelten Erkenntnisse aus Forstpraxis und Forschung helfen, die natürliche Walddynamik besser zu verstehen und Störungen als Chance zur raschen Anpassung zu erkennen», meint dazu Waldökologe Thomas Wohlgemuth vom WSL. Wenn das Klima deutlich wärmer und trockener werde, sei damit zu rechnen, dass vermehrt Bäume auf grösseren Flächen absterben, sei es wegen Sturm, Trockenheit, Insektenbefall oder auch Waldbrand. Die Wälder dürften danach ihre Artenzusammensetzung langsam verändern. «Ob sie mit dem rasanten Tempo des Klimawandels Schritt halten können, ist allerdings fraglich», so Wohlgemuth.
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