48 000 Franken für Hilfswerke

Mit 146 gegen 112 stimmte die Obfelder Gemeindeversammlung für die Initiative «Rohstoffmillionen – Obfelden handelt solidarisch» – nach einer sachlichen Diskussion.

In weiser Voraussicht beschloss der Gemeinderat die Verlegung der Budget-Gemeindeversammlung vom Singsaal Chilefeld in die Mehrzweckhalle Zendenfrei. Die «Rohstoff-Initiative» interessierte mehr als doppelt so viele Stimmberechtigte, die gewöhnlich zu einer Budget-Gemeindeversammlung aufkreuzen: Statt der üblichen 100 bis 120 kamen 273. Gemeindepräsident Thomas Ammann verband seine Begrüssung mit einem Dank an den BSC Obfelden, der sein für Dienstag angesetztes Training in der Halle aussetzte.

Im Namen des Komitees, das für die Initiative rund 250 Unterschriften gesammelt hatte, stellte Helena Heuberger das Begehren vor – und widersprach vorab jenen Gegnern, die von Sparsamkeit sprechen und es sich deshalb die Gemeinde nicht leisten könne, Steuergelder zu verschenken. «95 Zürcher Gemeinden haben 2010 den Hilfswerken insgesamt 8 Mio. Franken zugesprochen», sagte sie. Damit werde auch kein Präjudiz geschaffen, denn beim Börsengang von Glencore handle es sich um ein einmaliges Ereignis, noch nie habe man Steuergelder namentlich zuordnen können.

Obfelden hat aus dem kantonalen Finanzausgleich im Jahr 2013 rund 500 000 Franken zusätzlich erhalten – Geld, das aus dem Börsengang von Glencore stammt. CEO Glasenberg musste in Rüschlikon 360 Mio. Franken aufs Mal abliefern. Davon flossen 160 Mio. Franken in die Finanzausgleichsgemeinden.

Helena Heuberger sprach von einem wachsenden Unbehagen gegenüber der Rohstoffbranche. Rohstoffe seien für Dinge des täglichen Lebens allgegenwärtig. Es sei deshalb nicht gleichgültig, unter welchen Voraussetzungen diese Rohstoffe abgebaut würden. Zwei Drittel der Ärmsten lebten in rohstoffreichen Ländern, in hochkorrupten, hochkonfliktiven. «Und da liegen 70 Prozent der Glencore-Produktionsstätten.»

50 Milliarden Dollar fliessen laut Helena Heuberger aus diesen Ländern ab, derweil Glencore, heute Glencore Exstrata, seit der Fusion 2010 keine Steuern zahle. Dies rufe immer mehr Kritiker auf den Plan. Es gehe um den Reputationsschaden für die Schweiz. Aber es gehe nicht nur um die Finanzen, sondern auch um Abbau von Menschenrechten, von grossflächiger Zerstörung der Natur, um die Vernichtung von Lebensgrundlagen.

«Die 64 ärmsten Länder der Welt können ein Jahr lang schuften. Ihr Bruttoinlandprodukt ist kleiner als der Betrag, den die sechs höchstdotierten Glencore-Chefs beim Börsengang aufs Mal verdient haben», sagte Helena Heuberger. Auch wen Obfelden spare müsse, auch wenn in der Schweiz nicht mehr für alles Geld vorhanden sei, so gehe es uns im internationalen Vergleich immer noch sehr gut.

Für das Initiativkomitee sei die Spende an drei Hilfswerke ein Akt der Solidarität mit Signalwirkung. Aktivitäten, so Helena Heuberger, würden international wahrgenommen und von Glencore-CEO Glasenberg wahrgenommen worden. «Unser Komiteemitglied Heiner Stolz hat sogar einen Anruf vom Wall Street Journal erhalten», sagte die Mitinitiantin und schloss mit dem Hinweis auf den heutigen Tag der Menschenrechte. «Nehmen Sie Ihr Herz in beide Hände.»

Gemeinderat bereit, privat zu spenden

Namens des Gemeinderates warb Finanzvorstand Christoph Kobel für ein Nein zur Initiative. Er verwies auf gesetzliche Vorgaben, die das Gebot der Sparsamkeit beinhalten. Dazu sei es nicht Sache einer Gemeindeversammlung, eine moralische Bewertung von rechtmässig versteuertem Steuergeld vorzunehmen. Die Initiative präjudiziere ähnliche Fälle von Entwicklungshilfe – weiteres Geld könne da nicht gesprochen werden. Der Gemeinderat habe Verständnis für das Anliegen. Bei einem Nein zur Initiative seien die Gemeinderatsmitglieder bereit, privat 3500 auf ein neu zu eröffnendes Konto einzuzahlen. «Das ist ein privater Gegenvorschlag zur Initiative», so Kobel.

Die knapp halbstündige Diskussion verlief sachlich und nahezu frei von Emotionen. RPK-Präsident Jean-Pierre Büchler gratulierte den Initianten für das Echo, das sie ausgelöst hatten, setzte sich aber dennoch für ein Nein ein. Entwicklungshilfe sei Bundessache. 2,5 Milliarden spende dieser jährlich, Tendenz steigend. Er verwies auch auf die private Wohltätigkeit, die in der Schweiz jährlich 1,5 Milliarden ausmacht.

Seinen Hinweis, Steuern seien in der Gemeinde fürs Gemeinwohl einzusetzen, konterte Ex-Gemeindepräsident Rolf Grob mit dem Hinweis auf bundesgerichtliche Praxis. «Es stimmt nicht, dass das Geld ausschliesslich Gemeindebürgern zukommen muss.» Privat spenden sei besser, man müsse sich bezüglich der Rohstoffe bei der eigenen Nase nehmen und verzichten. Und es gebe auch in der Gemeinde Bedürftige, monierten Initiativgegner.

Man könne gewiss auch privat spenden, die 48 000 Franken seien ein symbolischer Beitrag. Die Initiative zwinge Glencore, die Standards zu überdenken. Privat spenden Ja, aber das eine machen und das andere nicht lassen, war von der Befürworterseite zu hören.

«Privat und öffentlich spenden gegeneinander ausspielen, das sei kläglich. Wir müssen ein politisches Zeichen setzen und Moral ins Spiel bringen. Die fehlt in unserer Gesellschaft», warf eine Befürworterin ein. Und ein Gegner sagte: «Da werden die ärmsten Gemeinden von einer Gruppe genötigt zu spenden. Ist das sozial oder asozial?».

Nun, die Meinungen waren wohl schon vor der Diskussion gemacht. In der Abstimmung sprachen sich 146 für und 112 Stimmberechtigte gegen die Initiative aus. Ein Antrag auf Urnenabstimmung, vorgebracht von Mirjam Heinemann, scheiterte mit 27 Stimmen deutlich. Es wären 91 nötig gewesen.

Weitere Artikel zu «Bezirk Affoltern», die sie interessieren könnten

Bezirk Affoltern04.08.2025

Kleines kann Grosses bewirken

Gemütlicher Abend im Obfelder Freibad mit einem speziellen Aufruf
Bezirk Affoltern04.08.2025

Geschichtliche Einblicke an der Reuss

1830 sorgte ein Ottenbacher für eine moderne Zürcher Verfassung
Bezirk Affoltern04.08.2025

Pflanzen und Tiere werden unterschiedlich gezählt und kartiert

Sommerserie (6): Wie funktionieren eigentlich ... Naturzählungen?