Geringelte Bäume am Bahnhof Hedingen

Geringelte Bäume geben immer wieder Anlass zu Diskussionen. Für die einen ist die Technik monströs, andere vergleichen es mit dem Schächten von Tieren, für die Fachleute allerdings ist es zweckmässig und der Biodiversität sogar dienlich.

Das Ringeln des Stammes: Todesurteil für die Bäume auf dem Bahnhofplatz Hedingen. (Bild Christine Häusermann)
Das Ringeln des Stammes: Todesurteil für die Bäume auf dem Bahnhofplatz Hedingen. (Bild Christine Häusermann)

Der Schreck des einstigen Pendlers war gross. Er fuhr – nach längerer Corona-bedingter Pause – mit dem Auto zum Bahnhof Hedingen, stellte das Auto auf einem Kurzzeitparkplatz ab und wartete auf die Einfahrt des Zuges aus Zürich, mit dem seine Partnerin nach Hause kam. Sein Blick fiel auf den Baumstamm neben dem Parkplatz. Dem Mann stockte der Atem: Was, geringelte Bäume mitten auf dem Bahnhofplatz? Sollten die langsam absterbenden Bäume Pendler erschlagen, am Ende noch seine Frau?

Kein Ringelreihe-Tanz

Ringeln – was so hübsch tönt, ist tatsächlich das Todesurteil: Bäume werden in der Forstbewirtschaftung geringelt, um sie zum langsamen Absterben zu bringen. Damit soll die Natur rundherum vom sterbenden Baum profitieren – mehr als wenn der Baum geschlagen und abtransportiert oder liegengelassen würde. Rund um den Stamm wird ein zirka 10 cm breiter Streifen Rinde weggeschnitten und das darunterliegende Kambium (Wachstumsschicht) wird mit einer Stahlbürste entfernt. Das nun sichtbare Holz darf aber nicht beschädigt werden, damit der Baum nicht durch eindringende Nässe zu rasch zusammenbricht. In Hedingen scheint das nicht ganz gelungen zu sein, zwei Bäume sind schon dürr. Mit dem Ringeln wird der absteigende Saftfluss von den Blättern zu den Wurzeln unterbrochen, der Baum stirbt über drei bis fünf Jahre ab. In der Forstwirtschaft werden damit die Konkurrenzverhältnisse zwischen Alt- und Jungbäumen beeinflusst oder ungewünschte Exemplare werden zum Absterben gebracht, wobei sie in der Übergangszeit den anderen Bäumen noch als Stütze dienen und für deren Stabilität und aufrechten Wuchs sorgen.

Vorsicht Stolperfalle

Bei den Bäumen am Bahnhof Hedingen handelt es sich gemäss SBB Zürich Pressesprecher, Marc Olivier Dischoe, um Robinien, Neophyten aus der Neuen Welt, die sich insbesondere im Wurzelbereich gerne ausdehnen, ja geradezu wuchern. Offenbar wusste das die SBB, als die Bäume gepflanzt wurden, noch nicht. Die ausgedehnte Wurzelbildung wurde gemäss den SBB nun auch am Bahnhof Hedingen zum Problem. Sie schreibt in ihrer Stellungnahme: «Das Ausmass der Schäden zeigt sich durch diverse Stolperfallen, weshalb die Situation aus Sicherheitsgründen so nicht belassen werden kann.» Hinzu kommt dass die Robinien sofort neue Triebe aus ihren Wurzeln schlagen würden, dies werde mit dem Ringeln verhindert.

Und weiter: «Um eine mögliche ­Gefährdung von Personen oder Sachschäden durch fallendes Totholz zu verhindern, werden die Bäume beim Bahnhof Hedingen bereits bei eintretendem Vitalitätsverlust gefällt. Die SBB schreibt, dass der Prozess von Fachpersonen begleitet würde. Das Vorgehen sei mit der Gemeinde Hedingen, die am Bahnhof Hedingen für den Unterhalt verantwortlich sei, abgesprochen und werde von ihr eng begleitet. Ausserdem, versichert Marc Olivier Dischoe, werde es auch künftig am Bahnhof Hedingen schattenspendende Bäume geben, das ganze Areal werde in einigen Jahren ­saniert.

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