Trotz Widrigkeiten mit dem Motorrad zum Weltrekord

Wer einmal Berge von über 4000 Meter über Meer bestiegen hat, weiss, wie anstrengend jeder zusätzliche Höhenmeter in der dünner werdenden Luft wird. Jiri Zak schaffte es trotz Schnee und Gletscher, mit seinem Motorrad in Chile höher zu fahren, als je ein Mensch vor ihm.

Jiri Zak. (Bild Salomon Schneider)
Jiri Zak. (Bild Salomon Schneider)

Jiri Zak liegt unruhig dösend in seinem Schlafsack, sein Lager befindet sich auf 4330 Metern über Meereshöhe, in den Chilenischen Anden. Er kann nicht schlafen – zu viele Gedanken drehen sich in seinem Kopf. Seit Tagen befindet sich das Team Grizzly im Basecamp, es weht ständig und der Sand findet den Weg ins Zelt, in den Schlafsack und in die Kleider. Heute wird Jiri die akribisch geplante Route auf den 6893 Meter hohen Vulkan Ojos del Salado für den Aufstieg mit seiner Yamaha sowie für die restlichen Teammitglieder ablaufen – wenn er es schafft. Bei der Besteigung zu Fuss wird er seine Route für den Weltrekordversuch mit dem Motorrad definitiv festlegen.

Ohne geeignete Route ist das Unterfangen im Vorhinein zum Scheitern verurteilt. Immer wieder kommen Zweifel in ihm hoch: «Bin ich zu jenen Leistungen fähig, die ich mir vorstelle? Was, wenn mich Grippe und Strapazen so geschwächt haben, dass ich es nicht schaffe, wird es eine zweite Chance geben?» Immer wieder verdrängt er diese Gedanken, fokussiert auf sein Können, seine Überlegungen, wie er mit den Schneemassen zurechtkommen will.

Kondition, Konzentration und Balance

1994 läuft im Fernsehen der Motocross-Film «Winners Take All». Jiri Zak sitzt gebannt vor dem Fernseher, schaut zu, wie perfekt die Fahrer im Film ihre Motorräder beherrschen und scheinbar mühelos die verrücktesten Stunts vollführen sowie die schier endlose Freiheit geniessen: «Der Film hat in mir viel ausgelöst. Schliesslich konnte ich es kaum erwarten, endlich 18 zu werden und meine erste 125er Sportenduro zu kaufen.»

Mit seiner Sportenduro ist er oft unterwegs und auf seine erste folgen weitere Motorräder. Seine Hobbies baut Jiri rund um das Endurofahren auf. Wandern, Bergsteigen und Mountainbiken helfen ihm, Kondition, Konzentration und Balance auf ein Niveau zu heben, das es ihm ermöglicht, auch mit den schwierigsten Enduro-Herausforderungen zurechtzukommen.

2019 sieht Jiri Zak beim Schweizer Autoservice einen eindrücklichen Dodge Ram und fragt Marco Schweizer, was er mit diesem Auto vorhabe und dieser erzählte vom Grizzly Race Team und der Idee, mit dem Motorrad, jenem Dodge und der Enduro, drei Höhenweltrekorde gleichzeitig zu versuchen. Keinen Monat später war Zak Mitglied des Grizzly Race Teams aus Zürich.

Eine Grippe und viel Schnee

Von den drei Wochen, welche die Expedition dauern sollte, verbrachte das Team zwölf Tage im Basislager Laguna Verde, auf 4300 Metern. Für Jiri begann die Expedition denkbar schlecht. Er hatte sich eine Grippe geholt und flog geschwächt nach Chile: «Dank viel Motivation der Teammitglieder blieb die Moral aber hoch und ich hielt am Ziel vom Weltrekord fest. Zu meiner Überraschung kam ich dann aber mit der Höhe sehr gut zurecht, hatte keine Höhenkrankheit und konnte auch vergleichsweise gut mit der sauerstoffarmen Luft umgehen.»

Bei der Besteigung des «Ojos del Salado» zu Fuss lag über 6200 Metern eine über 50 Zentimeter dicke Schneeschicht, welche es erfahrungsgemäss verunmöglichte, Motorrad zu fahren: «Bei der Besteigung der geplanten Route merkte ich, dass die geplante Linie, trotz des Schnees bis knapp 6500 Meter Höhe funktionieren wird. Fürs weitere Vorwärtskommen ich jedoch wegen den immer noch vorhandenen Schneemassen von der Idealroute zum Gipfel abweichen muss», erzählt Jiri Zak.

Jiri Zak war einer von drei Motorradfahrern, die sich am Weltrekord versuchten: «Besonders anspruchsvoll war die Durchquerung einer Felsrinne und eines darauffolgenden grossen Gletschers auf 6360 Metern. Ich schaffte es ohne Dritteinwirkung, beide zu nehmen. Für den Dodge Ram und die anderen beiden Motorräder war in der Felsrinne bereits Schluss. Die Schwierigkeit mit dem Motorrad auf solchen Höhen, bei so anspruchsvollem Terrain besteht darin, dass es so anstrengend ist, dass der Puls schnell in anaerobe Höhen schnellt. Genau dies ist jedoch die Hauptregel beim Bergsteigen in grossen und extremen Höhen – der Puls sollte auf keinen Fall längerfristig in diesen Bereich getrieben werden und anaerobe Belastungen sollte man vermeiden.»

Der Weltrekord

Sowohl Jiri als auch sein Motorrad kamen gut mit der Höhe zurecht – auch ohne zusätzlichen Sauerstoff – und er gewann kontinuierlich an Höhe. Schliesslich liessen es die vorhandenen Schneemengen im Hang nicht weiter zu, die ultimative Höhe in der Ideallinie zu erreichen. Auf 6500 Metern wich er gezwungenermassen von seiner geplanten Route ab und erreichte den Rand des Hauptkraters: «Der Kraterrand war grösstenteils schneefrei, die fahrbare Spur auf dem steilen Grat in Richtung des Gipfels nur maximal einen halben Meter breit. Auf dem Grat drohte nach links ein Abrutschen in den immer noch qualmenden Krater und nach rechts wäre ich in den steilen Hang hinuntergepurzelt, wo ich herkam. Nach vier Versuchen auf dem Kraterrand weiter an Höhe zu gewinnen, musste ich einsehen, dass an dieser Stelle, auf 6546 Metern Höhe über Meer, Schluss war.»

Damit hatte Jiri Zak zwar den Gipfel des «Ojos del Salado» nicht erreicht, jedoch trotzdem einen Guinness-Weltrekord aufgestellt. Doch fertig ist er mit diesem Berg noch nicht: «Für mich zählt immer der Gipfel. Ich richte mich nach dem Motto: Aufgeben tut man nur einen Brief. Deshalb werde ich wiederkommen.»

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