Würdigung von zwei Autoren und einer Übersetzerin

In Affoltern gastierte die ­Fachgruppe Literatur mit ihrer Lesereise 2020. Viktoria Dimitrova Popova, Reto Hänny und Dorothee Elmiger lasen. Laudator Michel Mettler würdigte die Literaturschaffenden. Fatima Moumouni moderierte, Anna Trauffer umrahmte den Anlass musikalisch.

Die Musikerin Anna Trauffer (rechts) präpariert das Mikrofon für Viktoria Dimitrova Popova (links), während Moderatorin Fatima Moumouni konzentriert auf ihren Einsatz wartet. (Bild Regula Zellweger)
Die Musikerin Anna Trauffer (rechts) präpariert das Mikrofon für Viktoria Dimitrova Popova (links), während Moderatorin Fatima Moumouni konzentriert auf ihren Einsatz wartet. (Bild Regula Zellweger)

Die Fachstelle Kultur des Kantons Zürich fördert alle Formen belletristischer Literatur. Vergeben werden Druckkostenbeiträge, Projektbeiträge sowie Anerkennungs- und Werkbeiträge an Autoren und Übersetzerinnen. Michel Mettler, freischaffender Autor, Dozent und Musiker aus Klingnau ist Mitglied der Fachgruppe Literatur. Er erklärte, dass ­Dorothee Elmiger für ihr Romanprojekt «Die Verschwendung» und Viktoria Dimitrova Popova für die Übersetzung von Kerana Angelovas Roman «Sonnenblumen für Maria» ein Werkbeitrag zugesprochen wurde. Die Fachstelle Kultur vergibt an Autorinnen und ­Autoren mit Wohnsitz im Kanton Zürich jährlich Werkbeiträge für Literaturprojekte, die im Entstehen begriffen sind. Reto Hännys Roman «Sturz. Das dritte Buch» wurde mit ­einem Anerkennungsbeitrag ausgezeichnet.

Aus dem Bulgarischen übersetzt

«Lesen ist megageil», erklärte Moderatorin Fatima Moumouni gleich zu Beginn. Sie und die Musikerin Anna ­Trauffer eröffneten den Abend mit perlenden Klängen aus Drehspielzeugen. Michel Mettler erzählte, wie die vom Regierungsrat gewählte vierköpfige Fachgruppe Kriterien bestimmt und gemeinsam erarbeitet, wer einen Beitrag erhält. Nicht ganz einfach ist dies beispielsweise bei Übersetzungen aus einer Sprache, die kaum jemand in der Schweiz spricht. Als erste Empfängerin eines Beitrages las Viktoria Dimitrova Popova zuerst auf Bulgarisch aus dem Roman «Sonnenblumen für Maria» von Kerana Angelova, danach auf Deutsch. Die Bilder gehen unter die Haut. Eine Fotoreporterin fotografiert ein Feld mit Sonnenblumen. Zwei Kilometer entfernt erfolgt ein Terroranschlag auf einen ­israelischen Bus. Sie ist als eine der ersten Medienleute vor Ort. Fotografiert Opfer, Angehörige, Hilfskräfte.

Betroffen lauschten die Besucher der leisen Stimme der Übersetzerin. Als sie endete, herrschte Schweigen. Mit klarer, heller Stimme sang Anna ­Trauffer ein Lied vom Schnitter Tod. Michel Mettler las die Laudatio, eine feinfühlige, wertschätzende Auseinandersetzung mit der Übersetzungsarbeit von «Sonnenblumen für Maria» und dem komplexen, sprachlich anspruchsvollen Roman. Im Gespräch von Moderatorin Fatima Moumouni mit der Übersetzerin erfuhren die Besucher des Anlasses, welche Herausforderungen sich beim Übertragen von literarischen Texten stellen.

Literaturgeschehen im Kanton Zürich

Reto Hänny ist etabliert in der Schweizer Literaturszene. Der geborene Bündner arbeitete vor seiner literarischen Karriere als Ziegenhirte, Schullehrer und Bühnenarbeiter. Für sein literarisches Schaffen erhielt er 1994 den Ingeborg-Bachmann-Preis und 2015 den Schillerpreis der Zürcher Kantonalbank. Er las aus seinem Buch ««Sturz. Das dritte Buch», nachdem er sich beim Kanton fürs «Bätzeli» bedankt hatte. Seine kernige Sprache strotzt vor ­Helvetismen – und sie sind absolut stimmig. Sein Roman handelt von Selbstfindung und Selbstentgrenzung – so Michel Mettler – und der Text ist beinahe schon eine Partitur. Musikalisch konnotierte Anna Trauffer die lebhafte Lesung von Reto Hänny mit einer gepfiffenen Ländlermelodie, begleitet vom Kontrabass. Dorothee Elmiger studierte Geschichte, Philosophie und literarisches Schreiben. Zuletzt erschien 2020 ihr Buch «Aus der Zuckerfabrik». Ihre Texte wurden bereits mit verschiedenen Preisen gewürdigt. 2020 ist sie für den Schweizer und für den Deutschen Buchpreis nominiert. Sie las aus dem entstehenden Roman «Die Verschwendung». Im Gespräch mit der Moderatorin erzählte sie über ihre Gefühle, Teile eines noch nicht fertig geschriebenen Romans zu veröffentlichen.

Der Lesereise-Abend mit dem klar strukturierten Mix von Lesung, Musik, Laudatio und Musik zeigte auf, wie vielfältig das Literaturgeschehen im Kanton Zürich ist – und machte Lust, den weiteren von der Fachstelle für Literatur gewürdigten Texten und Autoren nachzuspüren.

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