«Hoi zäme, würde gerne unterstützen (...) – wer hat offen?»

Unter dem Slogan «Wir machen auf» haben zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer angekündigt, am 11. Januar ihre Betriebe wieder zu öffnen. Auch in Affoltern. Letztlich blieb es jedoch verdächtig ruhig.

Im Telegram-Chat herrscht am Montagmorgen verwirrung. (Screenshot Livia Häberling)
Im Telegram-Chat herrscht am Montagmorgen verwirrung. (Screenshot Livia Häberling)

«Es reicht.» Das fanden in den vergangenen Tagen offenbar immer mehr Gewerblerinnen und Gewerbler. Unter dem Slogan «Wir machen auf» hat sich in den sozialen Medien in diversen Ländern Widerstand gegen die Corona-Massnahmen und die damit verbundenen Geschäftsschliessungen formiert.

Auch in der Schweiz hat sich Anfang Jahr eine Gruppe gebildet, die als Dreh- und Angelscheibe des geplanten zivilen Ungehorsams agiert. Sie setzte sich zum Ziel, Gewerbetreibende darin zu unterstützen, ihre Geschäfte am Montag, 11. Januar, wieder zu öffnen, falls diese aufgrund der Pandemiemassnahmen derzeit geschlossen bleiben müssen. Jene Betriebe, die noch geöffnet sind, sollen zu ihren regulären Zeiten schliessen.

Der «Gastro»-Chat läuft heiss

Die Bewegung agiert im Internet und verbreitet ihre Informationen auf ihrer eigenen Website. Diese wirkt durch die verschiedenen Schriftarten oder die Balkendiagramme ohne konkrete Zahlen etwas laienhaft. Wer die Aktion verantwortet, ist nicht bekannt. Betreiber- oder Kontaktangaben fehlen, die Domain wurde über einen dänischen Anbieter registriert. Ihren Austausch organisiert die Bewegung in den Tagen vor den geplanten Öffnungen über den Instant-Messaging-Dienst Telegram. Dort sprechen sich die Beteiligten in einer Art Whats-App-Chatgruppe miteinanderab und planen ihre Aktionen für den 11. Januar. Die Gruppe «Wir machen auf – Schweiz» ist frei zugänglich und zählte bis am frühen Montagmorgen 9113 Mitglieder.

In Untergruppen tauschen sich die Mitglieder innerhalb ihrer Branche aus. So existieren zum Beispiel die Gruppen «Coiffeure», «Uber & Taxi» oder «Musik & Events».

Besonders heiss läuft seit dem 4. Januar der Chat in der Gruppe «Gastronomie». «Wer macht in Bern auf?», heisst es da, oder «Ich möchte in Zürich-Wollishofen zu Mittag essen, wo ist das möglich?». Eine Nutzerin schreibt: «Ich bin es leid, immer mit Take-Away und Coffee to go zu leben. Dieser Abfall, der dadurch entsteht, nein danke. Und ich liebe es, nette Gespräche im Restaurant zu führen.»

Einen «dubiosen Eindruck» gemacht

Mitglieder, die ihre Konsumation zusichern, gibt es im Chat zahlreiche. Gastgeber hingegen, die den Standort ihrer Lokale bekannt gaben, fast gar nicht.

Vreni Spinner, Wirtin im «Rössli» Mettmenstetten sagt am Telefon, sie sei via Facebook auf die «Wir machen auf»-Aktion aufmerksam geworden. Auf sie habe die Bewegung einen «dubiosen Eindruck» gemacht, weil nicht bekannt sei, wer dahinter stehe. Zwar, sagt sie, stehe sie nicht hinter den aktuellen Massnahmen des Bundesrats, weil beispielsweise die Gastrobranche benachteiligt werde, dennoch seien solche Öffnungen für sie der falsche Weg.

Keine Angaben zu Lokal-Standorten

Am Freitag haben die Initianten auf ihrer Website aufgelistet, in welchen Städten und Gemeinden einzelne Lokale am 11. Januar angeblich wieder öffnen sollen. Glaubt man den Angaben, sollen es auch in Affoltern einer oder mehrere Betriebe sein. Wie viele es sind, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen, weil die Diagramme aus Balken bestehen, die Achsen aber nicht beschriftet sind. Generell sind die Zahlen mit Vorsicht zu geniessen: Der Fragebogen steht auf der Website zum Download zur Verfügung. Theoretisch könnte sich jede Person darin als Gewerbler ausgeben.

Auf der Website wird angekündigt, dass nähere Angaben zu den Lokalen am Sonntagnachmittag um 16 Uhr aufgeschaltet werden. Als es dann so weit sein sollte, präsentieren die Initianten jedoch keine Details. Stattdessen geben sie bekannt, dass damit bis am Montagmorgen um 8 Uhr zugewartet werde, um zu verhindern, dass sich «die Behörden organisieren können».

Alles ruhig am Montagmorgen

Am Montagmorgen, 8 Uhr, wird ein Link freigeschaltet. Dieser führt zu einer Reihe neuer, rudimentärer Balkendiagramme. Nun ist zwar ersichtlich, dass in Affoltern angeblich drei Betriebe wiedereröffnen sollen, wo sich diese befinden sollen, ist allerdings nicht zu erfahren. Als Orientierungshilfen steht da höchstens «im Osten» oder «im Westen».

In der Telegram-Chatgruppe «Gastronomie» werden die ersten Konsumfreudigen unruhig: Um 8.17 Uhr schreibt User «Tom»: «Na ja, das schaut aber eher mager aus in unserer Gegend. Ich werde umgehend informieren, sobald ich was sehe.» Userin «Nicole» schreibt: «Wo in Bern ist was offen, ich finde nichts», und eine Nutzerin, die nach geöffneten Lokalen in Aesch, ­Aarau oder Affoltern am Albis sucht, schreibt: «Hoi zäme, würde gern unterstützen und vorbeikommen. Hab das Suchen satt. Wer hat offen?»

Die Kantonspolizei Zürich und die Stadtpolizei Affoltern teilen gegen 9.30 Uhr auf Anfrage mit, dass ihnen bisher von geöffneten Restaurants nichts bekannt sei und alles ruhig verlaufe. Um 9.50 Uhr schreibt User «Hypka»: «Auch am Tag der angeblichen Öffnung Null Info, wer wo öffnet (...). Dann eben nicht!!»

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