Die Liegenschaften noch rasch ins Trockene bringen

Bei der reformierten Kirchenpflege Bonstetten ist eine ­Einzelinitiative eingegangen. Sie verlangt, dass das Kirchgemeindehaus und die Pfarrwohnung der politischen Gemeinde zum Kauf angeboten werden. Die Initianten befürchten Fremdbestimmung durch die neue Kirchgemeinde.

Soll nach dem Willen der Initianten an die politische Gemeinde verkauft werden: Das Kirchgemeindehaus Bonstetten. (Bild Livia Häberling)
Soll nach dem Willen der Initianten an die politische Gemeinde verkauft werden: Das Kirchgemeindehaus Bonstetten. (Bild Livia Häberling)

Geheiratet wird – darüber war man sich einig. Alle neun beteiligten reformierten Kirchgemeinden haben den Zusammenschluss im September 2020 mit Ja-Stimmen zwischen 59 und 82 Prozent ­deutlich gutgeheissen. Welche Ver­mögenswerte jedoch in die «Ehe» ­eingebracht werden, darüber gehen die Meinungen offenbar auseinander: Geht es nach dem Willen von Werner Utz, dann bringt die Kirchgemeinde Bonstetten, abgesehen von der Kirche, keine eigenen Liegenschaften in die neue ­Organisation ein. Am 8. Januar hat er bei der Kirchenpflege eine Einzelinitiative eingereicht. Darin fordert er, dass das reformierte Kirchgemeindehaus und die Dachwohnung im alten Dorfschulhaus der politischen Gemeinde zum Kauf angeboten werden.

«Von Bonstettern finanziert»
«Diese Gebäude wurden von Bonstetterinnen und Bonstettern finanziert», sagt Werner Utz. Er hatte sich im Vorfeld zur Abstimmung für ein «Nein» zu KG+ eingesetzt. Dass die Liegenschaften künftig in Affoltern verwaltet werden sollen, missfällt ihm: «Es ist nicht ­sichergestellt, dass die Einwohner von Bonstetten bei einer Nutzungsfrage bevorzugt behandelt werden.» Er befürchtet zudem, dass die Bonstetterinnen und Bonstetter dereinst überstimmt werden könnten, sollte die neue Kirchgemeinde die Liegenschaften verkaufen wollen. Würden die Immobilien jedoch ins ­Eigentum der politischen Gemeinde übergehen, könne man sicherstellen, dass Einwohnerinnen und Einwohner, Vereine oder Gesellschaften die Räume weiterhin für ihre Zwecke nutzen ­können.

Auch Markus Reich befürwortet die Initiative. Nicht in seiner Eigenschaft als Gemeinderat und Liegenschaften­vorstand, sondern als Privatperson, wie er betont. Ein Verkauf der beiden Liegenschaften mache Sinn, zumal die politische Gemeinde in der Vergangenheit bereits Interesse an der Pfarrwohnung im Dachgeschoss bekundet habe. Sie ist Eigentümerin des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses. Die Wohnung, die heute nicht von der Pfarrerin bewohnt werde, könne von der politischen Gemeinde auch anderweitig zur Verfügung gestellt werden, so Reich.

Initiative könnte aus juristischer Sicht problematisch sein
Judith Grundmann, Präsidentin der reformierten Kirchenpflege Bonstetten, bestätigt, dass die Einzelinitiative eingegangen ist. Zu den Einzelheiten im Initiativtext möchte sie keine Stellung nehmen. Man werde mit Werner Utz das Gespräch suchen und ihn im März zu einer Kirchenpflege-Sitzung einladen. Die Kirchgemeindeversammlung wird zu einem späteren Zeitpunkt über das Geschäft abstimmen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Initiative gültig ist. Dies werde derzeit geprüft, so Grundmann. Martin Röhl, Leiter Rechtsdienst der Landeskirche des Kantons Zürich, ­äussert sich nicht zum konkreten Fall. Er weist jedoch darauf hin, dass die Zusammenschlussverträge üblicherweise eine Treuepflicht oder die Verpflichtung enthielten, dass Liegenschaftengeschäfte nur mit Zustimmung der anderen Vertragsgemeinden getätigt werden können. «Die Initiative könnte in dieser Hinsicht problematisch sein», sagt er. 

Auch Hedingen hat vor dem Zusammenschluss Land verkauft
Ungebührlich finden Werner Utz und Markus Reich ihre Initiative nicht. Dass ein allfälliger Verkauf bei den anderen acht Kirchgemeinden einen schalen Nachgeschmack hinterlassen könnte, negiert Werner Utz jedoch nicht. «Das mag sein», sagt er, «doch wir versuchen es jetzt einfach mal.»
Martin Röhl sagt, ihm seien aus ­anderen Kirchgemeindezusammenschlüssen keine ähnlichen Liegen­schaftengeschäfte bekannt. Es komme immer wieder vor, dass Kirchgemeinden Liegenschaften veräusserten. Oftmals geschehe das, wenn Gebäude nicht mehr gebraucht würden oder wenn sie renovationsbedürftig seien.

Auch in Hedingen wurde im Vorfeld zur KG+-Abstimmung ein ähnliches Geschäft abgewickelt: Die Kirchgemeinde verkaufte der politischen Gemeinde für 1,8 Millionen Franken das Grundstück «Im Zelgliacker». Dies explizit im Hinblick auf den Zusammenschluss. Anlässlich der Kirchgemeindeversammlung vom 18. Juni wurde auch darüber ­diskutiert, den Beschlusstext zu ändern: Dass ein Landverkauf nur dann erfolgt, wenn die Fusion zustande kommt. Der Änderungsantrag wurde zwar abgelehnt. Dies aber wohl auch deshalb, weil die politsche Gemeinde dem Landkauf zu diesem Zeitpunkt bereits zugestimmt hatte – ohne den entsprechenden ­Passus. Wäre der Änderungsantrag angenommen worden, wäre dies einem Rückweisungsantrag gleichgekommen.

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