Wege zu einer besseren Umweltpolitik nach Corona

Corona hat der Wirtschaft einen immensen Schaden zugefügt. Der Wiederaufbau sollte nach ­ökologischen Kriterien erfolgen. Wie, darüber diskutierten drei Experten im Kulturkeller LaMarotte in Affoltern, online übertragen auf YouTube.

Im Kulturkeller LaMarotte fanden vergangene Woche drei Experten und Moderator Bernhard Schneider zusammen, um mit coronamässigen Abstand das Thema «Energie und Umwelt nach Corona» zu diskutieren. «Wir reden über eine optimale Klimastrategie, über den Wiederaufbau der Wirtschaft mit CO2-orientierten Massnahmen und wie sich das Ziel einer Klimaneutralität erreichen lässt», umriss Bernhard Schneider die Zielsetzung der Veranstaltung, der Interessierte auf YouTube live folgen konnten. Rund anderthalb Stunden lang kreiste die engagiert geführte Debatte rund um eine ganze Vielzahl von Themen, welche von der Landwirtschaft und Biodiversität über Verkehr, Energie, Bauwirtschaft und Subventionen alle Bereiche umfasste, die direkt oder indirekt mit Umweltpolitik im Zusammenhang stehen. Die Ökonomin Irmi Seidel von der Eidg. Forschungsanstalt WSL in Birmensdorf kam auf eine WSL-Studie zu sprechen, welche zutage brachte, dass Bund und Kantone jährlich zwar 500 Millionen Franken zur Förderung der Biodiversität zur Verfügung stellen, gleichzeitig aber für 40 Milliarden Subventionen sprechen, welche die Biodiversität beeinträchtigen. Laut Seidel sollte nach Corona bei einem grossen Bauprogramm zur Belebung der Bauwirtschaft darauf geachtet werden, für einen Strukturwandel zu sorgen, indem die Massnahmen und Subventionen künftig konsequent direkt auf Klimaschutz ausgerichtet werden.

Ruedi Meier, Präsident des Vereins Energie-Wende-ja und Co-Autor der Studie «Covid-19 Klimakrise – Impulsprogramm 2020/2030» kritisierte die negativen Auswirkungen von Subventionen in der Landwirtschaft auf die Biodiversität in unserem Land. «Wir müssen das landwirtschaftliche Produktionssystem radikal umbauen: weg von den Futtermittelimporten, weg von der zu tierlastigen Produktion, zugunsten der Förderung einer regenerativen Landwirtschaft», lautet seine Forderung. Erforderlich sei eine Umlagerung von der tierischen zu einer mehr pflanzlichen Ernährung, das sei auch aus klimapolitischer Sicht interessant. Seidel ihrerseits forderte, dass schon bei der Vergabe von Subventionen auf die Umweltverträglichkeit geachtet werden soll. Es gehe nicht darum, der Landwirtschaft die milliardenschweren Subventionen zu entziehen, sondern darum, die Landwirtschaft generell in ökologischer Hinsicht umzubauen. Dazu braucht es nach Seidel nicht noch weitere Forschung: «Dazu fehlt uns die Zeit. Wir wissen, was zu tun ist.»

Riesenchance und Riesenchallenge

In der Klimapolitik plädierte Ruedi ­Meier dafür, mit dem Wettbewerbsgedanken als Hintergrund für alle Betriebe in der Schweiz das Ziel zu setzen, bis ins Jahr 2030 CO2-frei zu sein. «Wir sollten beim Klima offensiver werden. Es wird riesig investiert, die Börsen boomen im Solarbereich – das ist eine Riesenchance für die Schweizer Wirtschaft.»

«Netto-Null bis 2050 ist eine Riesenchallenge», gab Kurt Lanz von der economiesuisse, zu bedenken. An der Urne werde erst mal darüber abgestimmt, die Hälfte an CO2 einzusparen – ob dies vom Souverän gutgeheissen werde, sei keineswegs ­sicher. Angetippt oder ausführlicher diskutierte die hochkarätige Experten­runde weitere Themenaspekte wie Stromproduktion heute und in der ­Zukunft, die energetische Versorgungssicherheit in der Schweiz, die Bedeutung der grauen Energie und der ­Emissionen im Ausland bei der Energieversorgung hierzulande wie auch über den Stellenwert der Suffizienz im Energieverhalten des Individuums wie der Gesamtgesellschaft. Unmöglich, im Rahmen eines kurzen Zeitungsartikels all diese Facetten beleuchtend wiedergeben zu können. Moderator Bernhard Schneider versuchte abschliessend ein Fazit zu ziehen: «Sie alle befürworten das CO2-Gesetz. Sie alle sehen das Bedürfnis nach Investitionen im Energiesektor und sind sich einig, dass es ­ökonomische Steuerungsinstrumente braucht, dass man bei Subventionen aber vorsichtig sein muss, damit sie sich nicht kontraproduktiv auswirken.»

Der Vorteil einer Onlineveranstaltung ist, dass sie nach dem Ende nicht einfach beendet ist. Für Interessierte lässt sie sich jederzeit im Netz in Ruhe nachverfolgen. Zu finden ist sie auf YouTube mithilfe der Stichworte LaMarotte und «Energie & Umwelt nach Corona».

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