«Wir müssen über Fallzahlen Verbesserungen hinbringen»

Fast ein Jahr lang hat Stefan Gyseler nebst der strategischen auch die operative Leitung des Spitals Affoltern übernommen. Zum Amtsantritt des neuen CEO, Lukas Rist, äussert er sich im Interview zu den aktuellen und künftigen Herausforderungen.

Stefan Gyseler, VR-Präsident des Spitals Affoltern, vor dem Ämtler Impfzentrum: «Ich glaube immer noch, dass bis Mitte Jahr alle geimpft sind, die das möchten, und in der zweiten Jahreshälfte der wirtschaftliche Aufschwung kommt.
Stefan Gyseler, VR-Präsident des Spitals Affoltern, vor dem Ämtler Impfzentrum: «Ich glaube immer noch, dass bis Mitte Jahr alle geimpft sind, die das möchten, und in der zweiten Jahreshälfte der wirtschaftliche Aufschwung kommt.

«Anzeiger»: Haben Sie das Direktionsbüro schon geräumt?

Stefan Gyseler: Das mache ich heute (am Montag, 29. März, Anm. d. Red.), am Donnerstag übernimmt es Lukas Rist.

11 Monate waren Sie nebst Ihrer Rolle als Verwaltungsratspräsident auch noch CEO ad interim. Würden Sie das wieder machen?

Ja, das würde ich wieder machen. Ich habe in diesem knappen Jahr unglaublich viele neue Erfahrungen gesammelt und tiefe Einblicke erhalten, die hilfreich sind für meine Tätigkeit als Verwaltungsratspräsident. Ich bin aber auch froh, dass ich abgeben kann, die Dreifachbelastung als Spital-CEO und Gemeindepräsident mit eigenem Geschäft war schon kräftezehrend.

Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?

Die ist natürlich getrübt, weil wir kein positives Resultat vorweisen können – wie übrigens die allermeisten ­anderen Spitäler auch nicht. Das Spital Affoltern ist allerdings gut genug aufgestellt, dass es ein Jahr mit Verlust wegstecken kann. Wir haben eine solide Eigenkapital-Basis und genügend Liquidität. So muss auch bei den Beteiligungen der Gemeinden keine Bewertungskorrektur gemacht werden.

Können Sie schon Zahlen nennen?

Wir schliessen mit 1,3 Mio. Franken im Minus ab. Für die Verschiebung von nicht-dringlichen Eingriffen haben wir bei der Gesundheitsdirektion 2,9 Mio. Franken geltend gemacht, aber nur 1,1 Mio. bekommen. Der Kanton zahlt nur für die entgangenen stationären Eingriffe und dies zu 55%. Als sich das Negativergebnis Mitte Jahr abzuzeichnen ­begann, sind wir zudem Restrukturierungsmassnahmen schneller angegangen.

Was waren das für Massnahmen?

Wir haben Sekretariate zusammengelegt, Abteilungen neu gegliedert und die Geschäftsleitung neu aufgestellt, den Kontakt mit den Ärzten als Zuweiser gepflegt und bestehende Zusammenarbeitsverträge mit Uroviva, dem Triemli und Analytica geprüft und verhandelt. Wir brauchen mehr gewinnbringende Leistungseinheiten und dürfen nicht mehr zu viele Leistungen durch unsere Leuchtturmdisziplinen Akutgeriatrie, Palliative Care und Psychiatrie quer­subventionieren. Auch wenn dies der längere Weg ist: Wir müssen über ­Fallzahlen Verbesserungen hinbringen und dürfen nicht den Betrieb zu Tode sparen.

Seit einem Jahr dominiert eine Pandemie das Geschehen weltweit – wie ist die Lage am Spital Affoltern?

Die Anzahl stationärer Behandlungen ist gesunken, gleichzeitig wird immer mehr getestet (er fragt telefonisch nach den Zahlen): In der ersten März-Woche hatten wir 285 Tests pro Woche, zuletzt 595. Die Positivitätsrate liegt im März bei 4,8%, Tendenz steigend. Auch das Spitalpersonal wird jede Woche getestet. Der Pflegedienst muss jeden Tag seine Einsatzplanung anpassen – nur schon bei einem Verdachtsfall gibts ­Änderungen. Und ein grosser Teil der Ansteckungen sind bereits mit mutierten Viren. Die werden halt schneller übertragen.

Derweil ist der Rettungsdienst eine Baustelle. Was läuft da?

Der Stützpunkt wird gerade saniert. Per 1. Mai wird Schutz & Rettung Zürich ihn beziehen. In Affoltern werden zwei moderne Rettungsfahrzeuge stationiert. Und die bisherigen Leute werden alle übernommen.

Sie haben am Anfang des Gesprächs die Einblicke erwähnt, die Ihnen nun in der Funktion als VR-Präsident dienlich sind. Was nehmen Sie mit?

Wenn man herausfinden will, wie sich Betriebsabläufe verbessern lassen, muss man mit dem mittleren Kader sprechen. Die sehen zum Teil sehr genau, was nicht optimal läuft. Generell ist man in einem Betrieb dieser Grössenordnung nie fertig mit optimieren.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Bei uns läuft zu viel über die Zentrale. Bei medizinischen Anfragen wäre es sinnvoller, wenn sie direkt auf der jeweiligen Sekretariatsstelle eingehen.

Das ist nun nicht mehr Ihr Problem, Lukas Rist hat per 1. April die operative Leitung alleine – was erwarten Sie von ihm?

Wir kennen uns gut und haben die letzten elf Monate intensiv zusammengearbeitet. Ich erwarte von der Geschäftsleitung, dass sie gut mit ihm ­zusammenarbeitet, weil er ihr Wunschkandidat war. Von Lukas Rist erwarte ich, dass er weiter in Richtung Erhöhung der Fallzahlen arbeitet und uns zurück in die Gewinnzahlen bringt.

Ist das fürs laufende Jahr realistisch?

Nein, das wird schwierig. Das erste Halbjahr ist noch zu stark von Covid geprägt. Umsatzmässig sind wir noch nicht auf dem Niveau von vorher.

Das wichtigste Projekt dürfte aktuell die Spitalliste sein.

Ja, die Eingabefrist läuft von Mitte Juni bis Mitte September. Wir bewerben uns sicher für Leistungsaufträge in der inneren Medizin, Chirurgie, Akutgeriatrie, Palliative Care und Psychiatrie. Und wir überlegen uns auch die Orthopädie.

Und was werden Sie an der Rolle als CEO vermissen?

Das Spital ist mir schon sehr ans Herz gewachsen. Es war mir eine Ehre, das Spital und einen so grossen Arbeitgeber als CEO führen zu dürfen. Ich habe super engagierte Leute kennengelernt und werde gewisse Kontakte vermissen. Und ich hoffe, dass wir für den grossen Einsatz mit Leistungsaufträgen belohnt werden.

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