Der Götschihof ist jetzt auch ein «Energiebauernhof»

Einweihung der Biogas- und der erweiterten Solaranlage in Aeugstertal

Der Götschihof soll in Zukunft weitgehend CO2-neutral sein – dank der neuen Biogas-Anlage (im Hintergrund), Solarzellen und einer Holzschnitzelheizung. Im Bild (von links): Thomas Wirz (Mitglied Stiftungsrat SNS), Marco Netzer (Präsident Stiftungsrat SNS) und die Götschihof-Pächter Barbara und Dani Buchli. (Bild Daniel Vaia)

Im Beisein von Gemeinde-, Kantons- und Armeevertretern sowie von Anwohnern hat die Schweizerische Nationalspende (SNS) am Dienstag auf dem Götschihof in Aeugstertal die neue Biogasanlage und die erweiterte Photovoltaikanlage eingeweiht. Zusammen mit der bereits vorhandenen Holzschnitzelheizung soll der Hof künftig pro Jahr 2,08 Gigawattstunden Energie produzieren. Dies würde reichen, um rund 400 Einfamilienhäuser mit Energie zu versorgen.

Gemäss der Stiftung SNS wandelt sich der traditionelle Grossviehmastbetrieb Götschihof mit dem «umfangreichen Energie- und Nachhaltigkeitskonzept hin zu einem nachhaltigen Energiebauernhof».

Mit den Neuerungen können auf dem Hof, der seit 1919 der Stiftung gehört (siehe Kästchen), jährlich rund 85000 Liter Heizöl eingespart werden. Dies entspreche einer CO2-Einsparung von 350 Tonnen pro Jahr, so die SNS.

Stiftungsratspräsident Marco Netzer sprach bei der Einweihung von einer «Perle in Zentraleuropa». Durch die Kombination von Biogasanlage, Solarzellen und Holzschnitzelheizung wird der Betrieb in Zukunft weitgehend CO2-neutral sein – obwohl auf dem Grossviehmastbetrieb durchschnittlich 330 Rinder und Kälber untergebracht sind.

Die Stiftung gab für den jüngsten Ausbau der Energiegewinnungsanlagen nach eigenen Angaben über 4 Millionen Franken aus – und damit rund ein Viertel mehr, als beim Planungsstart vor drei Jahren budgetiert. Als Hauptursache für die Kostensteigerung nannte Stiftungsratsmitglied Thomas Wirz am Dienstag die Teuerung im Bausektor.

In den Kosten enthalten ist auch der Ersatz von asbesthaltigen Dachabdeckungen.

Weitere Etappen geplant

Derzeit werden mit der Wärme und dem Strom aus der Holzschnitzelheizung und der Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk zwei Wohnhäuser und rund ein Dutzend Wohnungen versorgt, welche der SNS gehören und sich ebenfalls auf dem Hofgelände befinden.

Überschüssiger Strom wird derzeit noch ins Netz der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) eingespiesen. Ab 2026 sollen vom Götschihof aus auch die benachbarte Stiftung Solvita samt Gewächshäusern nicht nur mit Wärme, sondern auch mit Strom versorgt werden, ebenso eine weitere Liegenschaft auf der anderen Seite der Kantonsstrasse, die sich ebenfalls im Besitz der SNS befindet. Zudem haben laut Wirz inzwischen mehrere Liegenschaftsbesitzer aus Aeugstertal Interesse an einem Strom-Anschluss bekundet.

In einem weiteren Ausbauschritt will die Stiftung einen Energiespeicher anschaffen. Der Hof würde so über eine Notstromversorgung verfügen. Zudem könnten Schwankungen in der Solarstromproduktion und bei den Strompreisen ausgeglichen werden. Mittel­fristig könnte unter anderem auch die ­Anschaffung eines E-Traktors ein Thema werden, hiess es am Dienstag.

Bürokratische Hürden

Das von der SNS «Leonardo» genannte Energie- und Nachhaltigkeitsprojekt dürfte in vieler Hinsicht den Wunschvorstellungen von Bund und Kanton bezüglich nachhaltiger Energieproduktion entsprechen. Umso erstaunlicher ist, welche bürokratischen Hürden die Stiftung nach Darstellung von Thomas Wirz bei der Baubewilligung zu überwinden hatte. Dazu zählten auch Rückfragen seitens des Kantons, die sich hätten vermeiden lassen, sofern sich die vielen involvierten kantonalen Amtsstellen untereinander ausgetauscht hätten. Ein mit der kantonalen Baubewilligung ausgestellter 15-seitiger Bericht habe zudem extrem detaillierte Vorgaben gemacht, die von der Begrünung der Umgebung bis hin zur «Farbe der Dachuntersicht» gereicht hätten. Hinzu komme, so Wirz, dass «die Spielregeln während des Spiels immer wieder geändert» wurden. So hätten plötzlich andere Bauabstände gegolten, weil die Gewässerräume des vorbeifliessenden Bachs, der Reppisch, ausgeweitet wurden. Dennoch habe sich das ambitionierte Projekt am Ende innerhalb von nur vier Jahren realisieren lassen, was ohne die gute Zusammenarbeit mit den lokalen und kantonalen Behörden nicht möglich gewesen wäre, betonten die Verantwortlichen.

Seit 1919 in Aeugstertal: Die Schweizerische Nationalspende

Besitzerin des Gutsbetriebs Götschihof in Aeugstertal ist die Schweizerische Nationalspende (SNS) mit Sitz in Bern. Gegründet wurde die Stiftung 1919, ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, unter dem Namen «Schweizerische Nationalspende für unsere Soldaten und ihre Familien».

Um kranke Soldaten und deren notleidende Familien zu unterstützen, wurde damals unter dem Namen «Nationalspende» eine grosse, landesweite Spendenaktion durchgeführt, bei der die grosse Summe von 7 Millionen Franken zusammenkam.

Mit dem Geld erwarb die SNS 1919 in Aeugstertal den Götschihof zwecks Einrichtung einer «Trinkheilstätte» für alkoholkranke Militärangehörige. Ein weiterer Gutsbetrieb wurde 1921 in Tenero (TI) erworben, wo man sich fortan um lungenkranke Militärpatienten kümmerte.

Anfang der 60er-Jahre wurden die Heilstätten in Aeugstertal und Tenero mangels Nachfrage geschlossen und die Güter wieder rein landwirtschaftlich genutzt.

1979 unterzeichneten die SNS und der Bund einen Vertrag, um auf dem Grundstück in Tenero das bekannte, noch heute bestehende Nationale Jugendsportzentrum zu errichten.

Und sechs Jahre später, 1985, wurde in Aeugstertal der Stiftung Solvita beim Götschihof das Baurecht eingeräumt, um die bis heute bestehende Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung zu betreiben.

Bekanntestes Mitglied des Stiftungsrats und gleichzeitig während Jahrzehnten dessen Obmann ist General Henri Guisan. Er gehörte dem Stiftungsrat von der Gründung bis zu seinem Tod 1960 an.

Unterstützung für Militärangehörige

Die SNS verfügt aktuell über ein Vermögen von 57 Millionen Franken (Eigenkapital laut Geschäftsbericht 2024).

Hauptzweck der Stiftung ist «die finanzielle Unterstützung von militärischen Fürsorge- und Hilfswerken, welche Berechtigten, die aufgrund des Militärdienstes vorübergehend in einen finanziellen Engpass geraten oder auf Assistenz angewiesen sind, direkte Hilfe zukommen lassen» (Homepage Schweizerische Nationalspende). Hier arbeitet die SNS vor allem mit dem Sozialdienst der Armee zusammen.

Die SNS fördert und unterstützt zudem finanziell «Institutionen, Vereine und Unternehmen, deren Ziel es ist, das allgemeine Wohl der Armee zu fördern, und deren Projekte und Anlässe darauf ausgerichtet sind, den allgemeinen Wehrwillen aufrechtzuerhalten». Von dieser Unterstützung profitieren gelegentlich auch Projekte und Werke mit historischem Hintergrund. (dv)

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