Viele Zimmer blieben leer

Für das Betriebsjahr 2020 hatte das Haus zum Seewadel mit einem Gewinn von 53200 Franken gerechnet. Stattdessen wurde ein Verlust von 1124784 Franken erwirtschaftet. Die Stadt ­Affoltern nimmt Stellung.

Im Provisorium auf dem Giessenareal sind zurzeit 20 Zimmer frei. (Bild Livia Häberling)
Im Provisorium auf dem Giessenareal sind zurzeit 20 Zimmer frei. (Bild Livia Häberling)

Am vergangenen Mittwoch präsentierte die Stadt ihre Jahresrechnung 2020. ­Ursprünglich hatte man mit einem ­Ertragsüberschuss von 90000 Franken gerechnet, schlussendlich landeten rund 1,4 Millionen Franken mehr in der Kasse – insbesondere die Steuererträge seien deutlich höher ausgefallen als budgetiert, heisst es in der Medienmitteilung. Diese zusätzlichen Einnahmen bescherten der Stadt einen Ertragsüberschuss von 1,5 Millionen Franken.

Weniger erfreulich zeigen sich die Zahlen des Hauses zum Seewadel: Kalkuliert hat man ursprünglich mit einem Gewinn von 53200 Franken. Stattdessen klaffte am Jahresende ein Loch von 1,1 Millionen Franken in der Kasse. Verantwortlich für die beträchtliche Differenz seien Mehrkosten und Mindererträge in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, erklärt die Stadt auf Anfrage. Zusätzliche Auslagen seien beispielsweise für medizinisches Verbrauchsmaterial entstanden, so Stadtschreiber Stefan Trottmann. Zum einen hätten Schutzausrüstungen, Desinfektionsmittel oder Testmaterial eingekauft werden müssen. Zugleich seien für die Betreuung des Besuchszelts oder für die Eingangskontrollen auch personelle Mehrkosten entstanden.

Auf allen Abteilungen gibt es freie Pflegeplätze

Parallel zu den höheren Ausgaben fehlten andernorts die Einnahmen. So zum Beispiel im Café Seewadel: Dieses war nahezu das ganze Jahr geschlossen, deshalb sind die Erträge eingebrochen. Fast 200000 Franken fehlten in der Kasse. Am meisten ins Gewicht fiel jedoch die Unterbelegung. Im Haus – und neu auch im Provisorium – stehen 80 Pflegebetten zur Verfügung, wegen der Pandemie ist die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner im Verlauf des Jahres 2020 allerdings stetig gesunken. Verstärkt habe sich die Problematik im Hinblick auf den Umzug ins Provisorium, sagt Stefan Trottmann: «Es hat sich ­gezeigt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner nicht von ihrem Zuhause ins ‹Seewadel› ziehen mochten, um kurz darauf noch einmal, nämlich ins Provisorium, zu zügeln.»

Angestrebt hatte das «Seewadel» über das ganze Jahr hinweg eine Auslastung von mindestens 95 Prozent. Diesen Wert habe man im vergangenen Jahr jedoch nicht erreicht. Derzeit sind 60 Betten belegt. Freie Pflegeplätze gibt es in allen Wohnbereichen. Am besten belegt sind die Demenz- und die Geronto­psychiatrieabteilungen. Parallel zur Unterbelegung wiesen viele Bewohnerinnen und Bewohner im vergangenen Jahr tiefere Pflegestufen auf, was zu weniger Pflegeminuten und somit ebenfalls zu tieferen Erträgen führte.

Ambulante Dienstleistungen der Spitex sind mehr gefragt

Während im Haus zum Seewadel ein Teil der Betten leer geblieben ist, verzeichnete die Spitex Seewadel eine höhere Nachfrage nach ihren Dienstleistungen. Die stadteigene Pflegeorganisation hat im Dezember 2019 ihren Betrieb aufgenommen, nachdem Affoltern die Leistungsvereinbarung mit der Spitex Knonaueramt gekündigt hatte. Derzeit zählt sie 31 Mitarbeitende, Tendenz steigend. Für das erste Betriebsjahr hatte man mit einem Defizit von 440100 Franken gerechnet. Letztlich belief sich das Minus auf 358797 Franken, was Einsparungen von rund 80000 Franken entspricht.

Zur erhöhten Nachfrage im Spitex-Bereich schreibt Stefan Trottmann: «Covid-19 hat den politischen Willen ‹ambulant vor stationär› beschleunigt. Leider jedoch in derart schnellem Tempo, dass die Institutionen im stationären Bereich ihre Strukturen nicht gleich schnell anpassen konnten.» Die Stadt Affoltern rechnet damit, dass die Spitex Seewadel nach ihrem dritten Betriebsjahr eine vollständige Kostendeckung erreicht. Diesbezüglich sei man auf Kurs: «Für das laufende Jahr wurde ein Minus von 247000 Franken budgetiert. Wir sind zuversichtlich, dass wir das Budget einhalten oder sogar etwas besser als budgetiert abschliessen können, sofern uns keine weiteren unbeeinflussbaren Faktoren reinspielen.»

Das Provisorium wird teurer

Das Provisorium an der Giessenstrasse wurde im vergangenen Dezember bezogen. Geplant war ursprünglich, den Modulbau für 8,2 Millionen zu beschaffen, um ihn am Ende der rund zweijährigen Nutzungsdauer für 481000 Franken an den Lieferanten Erne Holzbau zurückzuverkaufen. Damit hätten sich die Gesamtkosten auf rund 7,7 Millionen belaufen.

Inzwischen beziffert die Stadt Affoltern den materiellen Wert des Provisoriums auf 8,6 Millionen. Abzüglich der erwarteten Einnahmen durch den Rückverkauf belaufen sich die Kosten für das Provisorium somit zurzeit auf rund 8,2 Millionen Franken. Die Mehrkosten, so die Stadt, seien auf die Pfählungen auf dem Giessenareal und die Schlecht­wetterverzögerungen beim Bau zurückzuführen. Zu den voraussichtlichen Mehrkosten schreibt die Stadt: «Was das Provisorium genau gekostet hat, können wir erst bei der effektiven Kreditabrechnung beziffern. Alles andere ist reine Spekulation.»

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