Wenn Wildtiere unter die Räder geraten

Mehr als 2000 Kollisionen im Jahr ereignen sich zwischen Wildtieren und Verkehrsteil- nehmenden auf den Strassen im Kanton Zürich. Die Situationen, welche Polizei und aufgebotene ­Wildhüter und Jäger antreffen, sind vielfach sehr belastend.

Wildunfälle: Wildhüter René Ziegler bittet Fahrzeuglenker: «In der Dämmerung und nachts Fuss vom Gas!» (Bild Martin Mullis)
Wildunfälle: Wildhüter René Ziegler bittet Fahrzeuglenker: «In der Dämmerung und nachts Fuss vom Gas!» (Bild Martin Mullis)

Für die Polizei und die Wildhüter sind die Unfallstellen von Kollisionen mit Wildtieren kein schöner Anblick. Wer mitten in der Nacht eine schwer verletzte trächtige Rehgeiss und ihre zwei ungeborenen Kitze blutend auf der Landstrasse liegend antrifft, wird physisch und psychisch gefordert. Hier heisst es für die Helfer schnell und richtig zu handeln, es muss alles daran ­gesetzt werden, das Tierleiden so rasch wie möglich zu verkürzen. Nicht selten werden bei solchen Kollisionen aber auch Fahrzeuglenker oder Insassen ­verletzt.

Hanspeter Reifler, Jagdobmann des Jagdbezirks Amt, welcher das Säuliamt, einige Gemeinden des Bezirks Horgen, Teile des Bezirks Dietikon sowie 27 
Jagdgesellschaften umfasst, zählte in seinem Jagdbezirk im Jagdjahr 2019/20 702 Tiere aus 29 Arten, welche als Fallwild Eingang in die Statistik fanden. Während hingegen im Jagdjahr 2020/21 695 Tiere aus 32 Arten als Unfallwild verzeichnet wurden. Nur etwas mehr als die Hälfte der Tiere sind eindeutig als Opfer des Verkehrs zu registrieren. Die übrigen Todesursachen sind dem Bahnverkehr, Krankheiten, Hunderissen oder unbekannten Todesursachen zuzuordnen. Nicht erfasst sind jedoch Unfälle, bei denen die Jägerschaft ausgerückt ist, jedoch trotz intensiver Nachsuche mit ausgebildeten Hunden kein Tier gefunden wurde. Nicht in der ­Statistik aufgeführt sind natürlich alle Unfälle, die gar nicht erst gemeldet werden, wobei diese Dunkelziffer leider als nicht unbedeutend bezeichnet werden muss. Die Statistik zeigt auch, dass sich die allermeisten Unfälle mit Wildtieren in den Morgenstunden zwischen 5 Uhr und 8 Uhr sowie abends zwischen 17 Uhr und Mitternacht ereignen. 

In 40 Jahren zu mehreren hundert Wildunfällen ausgerückt
Jagdaufseher und Wildhüter René Ziegler aus Mettmenstetten kennt sich mit Wildtierunfällen bestens aus. Seit 1975 übt er sein Amt aus und in den letzten 40 Jahren im Revier Affoltern musste er schon wegen zahlreicher Unfälle, vor allem in den Nachtstunden, ausrücken. Wildhüter Ziegler erlebte manche Situation auf den Durchgangsstrassen, die er nicht so schnell vergessen wird. So habe ein Automobilist ­einen Wildunfall gemeldet, bei der Kontrolle an Ort und Stelle sei jedoch kein Tier aufgefunden worden. Erst bei der nachträglichen Suche mit einem Scheinwerfer wurde im Kühlergrill der Kopf eines Rehkitzes gefunden. Sehr viel Glück hatte ein junger Mann, der nachts unterwegs war. Eine Rehgeiss wollte von einer Böschung über die Strasse springen und durchschlug seine Frontscheibe. Das Tier landete tot auf den Rücksitzen, während der Fahrer neben einem gehörigen Schrecken lediglich kleine Verletzungen durch Glassplitter erlitt. In den letzten Wochen wurden im Säuliamt auch Verkehrsunfälle mit Rotwild gemeldet. So wurden in Kappel zwei Hirsche angefahren. Das eine Tier war sofort tot, während im zweiten Fall das offenbar nur leicht verletzte Rotwild flüchtete und nicht aufgefunden werden konnte. Auch in Hedingen kollidierte ein Hirsch mit einem Auto und wurde so schwer verletzt, dass er erlöst werden musste. 

Eine Nachsuche des verletzten Tieres wird immer durchgeführt
Jagdaufseher Ziegler hält fest, dass bei jedem Wildunfall, bei dem das Tier nicht am Unfallort zu finden ist, eine Nachsuche mit ausgebildeten Hunden durchgeführt werde. Sei das Tier verletzt, so sei die Suche in fast allen Fällen erfolgreich, dennoch gebe es ­immer wieder Konstellationen, in denen nur sehr leicht verletzte Tiere schnell und weit flüchten und so das Auffinden ­verunmöglichten. 
Fahrzeuglenker, die einen Wildunfall verursacht haben, sollten folgende Verhaltensregeln berücksichtigten: Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und Unfallstelle absichern. Nicht zum Wildtier gehen, falls es auf der Unfallstelle liegt. Sofort ­Polizei verständigen: Rufnummer 117 und die Unfallstelle nicht verlassen.

Wer gegen alle Vernunft und Regeln der Gesetze das Gaspedal drückt, statt anzuhalten und den Unfall zu melden, macht sich strafbar (Art. 51 und Art. 92 SVG). Zusätzlich macht man sich bei unterlassener Meldung der Tierquälerei schuldig (Art. 26 TSchG).

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