Ihr Blog soll andere ermutigen

Tamara Guidolin träumt davon, als Autorin den Durchbruch zu schaffen. Vier Bücher und einen Blogroman hat sie bisher veröffentlicht – doch das Echo ist bescheiden geblieben. Nun hat die Affoltemerin in einem Blogprojekt neuen Sinn gefunden.

Tamara Guidolin wohnt in Affoltern. Die 32-Jährige träumt davon, als
Tamara Guidolin wohnt in Affoltern. Die 32-Jährige träumt davon, als

Bei Wendepunkten ist gerne die Rede von einem Schlüsselmoment. Im Autorinnenleben der 32-jährigen Tamara Guidolin trug sich ein solcher im Frühling 2016 zu. Mit einem Dutzend anderer Autoren stand sie an der Fantasy-Messe in Basel drei Tage lang hinter einem Verkaufsstand, um ihren Roman zu bewerben. Gemeinsam führte man eine Liste. Eine Kolonne pro Buch, ein Strich für jedes verkaufte Exemplar. Ihre Bilanz nach drei Tagen: null Striche.

Da war er, der Schlüsselmoment von Tamara Guidolin: Es kam zwar Bewegung ins Schloss – doch statt sich zu öffnen, schien die Tür sich zu verschliessen.

Viel Fleiss für wenig Resonanz

Sie habe sich nicht erklären können, wieso sich niemand für ihr Buch interessierte. Bis dahin habe sie nicht ganz aus-geschlossen, es eines Tages zu schaffen, wie damals Joanne K. Rowling mit «Harry Potter». Rückblickend, findet sie, sei das «völlig vermessen» gewesen.

Inzwischen erzählt Tamara Guidolin die Anekdote mit einem Lachen, sie sitzt in einem Café in Affoltern, trinkt ihren Eistee. «Keine Ahnung, wie ich darauf kam», sagt sie. «Bis dahin lebte ich einfach in der Überzeugung, dass ich dieses Glück haben würde.» Allerdings sei sie nach dem Verkaufsflop an der Messe derart frustriert gewesen, dass sie sich überlegt habe, alles hinzuschmeissen, ihre Autorinnenexistenz aufzugeben.

All die Mühe – zu welchem Zweck? Das Schreiben machte sie unzufrieden... Das Nicht-Schreiben allerdings noch mehr, wie sie bald merkte. Also schrieb sie weiter.

Tamara Guidolin legte ihr Pseudonym ab, 2018 und 2019 erschienen ihre Romane «Der erste und letzte Song» und «Länger als die Ewigkeit». Sie veröffentlichte die Bücher im Eigenverlag, bezahlte die Lektorin, den Cover-designer und den Vertrieb selbst. Von ihrem ersten Buch verkaufte sie in der E-Book- und Printversion insgesamt 100 Exemplare. Das zweite Buch, nur als ­E-Book erhältlich, erzielte zirka 30 Downloads.

Um ihrem Veröffentlichungsrhythmus – jährlich ein Buch – treu zu bleiben, startete sie im Juni 2020 mit einem Blogroman. Jede Woche schaltete sie ein Kapitel frei, parallel arbeitete sie an einem neuen Manuskript. «Weil ich eher langsam schreibe und es bis zur Publikation noch dauerte, wollte ich meinen Leserinnen und Lesern in der Zwischenzeit etwas zur Überbrückung bieten», sagt sie.

Mit dem Blogroman hegte sie auch die Hoffnung, im Nebel des Internets sichtbarer zu werden. Vielleicht würde der Google-Algorhythmus ihre Website besser bewerten, wenn regelmässig neuer Inhalt hinzukam. Dadurch würden ihre Blogbeiträge auf Google leichter ­gefunden, mehr gelesen, mehr geteilt, mehr kommentiert...

Doch nichts geschah.

Mit Tipps andere Kreative ansprechen

«Der Blogroman erzielte nicht die gewünschte Wirkung», sagt sie. Rückblickend vermutet sie, dass der Wochentakt nicht ideal war und der jeweils verschickte Newsletter in den Post­fächern ihrer Leserschaft unterging. Zum harten Kern ihrer Fangemeinde zählten schlussendlich etwa zehn Personen; allesamt aus ihrem Freundeskreis. Neue Leserinnen und Leser erreichte sie kaum.

Zweifel an ihrem Schaffen, sagt Tamara Guidolin, hätten sie allerdings schon früher beschlichen, im Frühling 2020, während des Shutdowns. Vor dem Hintergrund, dass die Welt wegen der Pandemie im Ausnahmezustand war, seien ihr die Inhalte ihrer Bücher als irrelevant, die Konflikte ihrer Protagonisten als Luxusprobleme erschienen. Also suchte sie nach einem Thema, das ihrem Schreiben wieder mehr Sinnhaftigkeit gab und entschied sich, einen neuen Blog unter dem Namen «Kunst glücklich leben» zu starten. Die Beiträge richten sich an Menschen, die ihren Platz als Künstlerin oder Künstler suchen – genau wie sie. Was bedeutet es, kreativ zu sein? Was ist das persönliche Ziel? Wie definiert man Erfolg – und ist er wirklich so wichtig?

«Ich hätte mir damals, nach dem erfolglosen Buchverkauf an der Messe jemanden gewünscht, der über diese Themen schreibt. Das hätte mir bestimmt geholfen», sagt sie.

Seit zehn Monaten teilt sie nun ihre Erfahrungen. Sie schreibt darüber, wie man Inspiration findet, wie man davon abkommt, sich mit anderen zu vergleichen – oder sie unterzieht «den Traum vom Ruhm» einem Realitäts-Check. Es laufe recht gut, sagt sie. Zwar seien die Besuche auf ihrer Website noch immer überschaubar, doch es seien neue Abonnenten hinzugekommen, zudem werde mehr kommentiert, für sie ein Indiz, dass die Beiträge den Leserinnen und Lesern etwas bringen.

Parallel schreibt Tamara Guidolin an einem neuen Manuskript. Ihren Traum, irgendwann ein grosses Publikum zu erreichen, hat sie noch nicht ausgeträumt. Doch sie versucht, es nun etwas lockerer anzugehen: «Das Schreiben soll mir in erster Linie Freude machen», sagt sie.

Zum Blog: www.kunstgluecklichleben.com/blog.

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