«Festgetackert im Homeoffice»

Jutta Rump, die Auftaktreferentin der Vortragsreihe «Wirtschaft und Werte», sparte nicht mit Kritik an der belastenden Berufs- und Familiensituation vieler berufstätiger Eltern, die das Corona-Regime noch akzentuiert hat. Die Einschränkungen haben aber auch alte Denk- und ­Verhaltensmuster aufgebrochen.

Prof. Dr. Jutta Rump referierte in Kappel zur Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie. (Bild Martin Platter)
Prof. Dr. Jutta Rump referierte in Kappel zur Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie. (Bild Martin Platter)

Als «sehr ungesund» beurteilte Jutta Rump die Art, wie in den letzten Monaten Homeoffice gelebt wurde. Die ­Professorin für allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule in ­Ludwigshafen referierte am letzten Mittwochabend im Kappeler Gemeindesaal im Rahmen der Vortragsreihe «Wirtschaft und Werte» der katholischen ­Kirche Zug zum Thema: «das ewige ­Dilemma – auch nach Corona? Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie.» Sie kam dabei schon zu Beginn pointiert auf den Punkt: «Teambildung oder die Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist gar nicht möglich, wenn alle von irgendwo arbeiten.» Es gelte nun, eine Mischform zu finden. Zunächst müsse diese Corona-Phase aber exakt ausgewertet werden. Beispielsweise, was denn nun die «neue Normalität» für die Arbeitswelt bedeute.

Rump teilte das «neue Normal» in verschiedene Bereiche auf. An erster Stelle steht die Transformations-Trilogie in digitale, ökonomische und ökologische Transformation. Dabei malte sie wirtschaftlich kein rosiges Bild, denn sie rechnet damit, dass künftig weniger ­finanzielle Mittel zur Verfügung stehen werden, die individuelle Zeit noch knapper wird und sich ein Nachwuchs- und Fachkräftemangel einstellt. Das verlange nach neuen Organisationsformen, die Agilität, Mobilität und Flexibilität ­voraussetzen.

Die stationäre Zusammenarbeit wird ergänzt durch hybride und virtuelle Zusammenarbeitsformen. Die Ideen seien an sich nicht neu. Doch die Coronakrise habe wie ein Brandbeschleuniger zugunsten der Digitalisierung gewirkt. Die virtuelle Zusammenarbeit sei plötzlich zur Pflicht geworden und nicht wie bisher die stationäre. Rump glaubt, dass sich in Zukunft hybride Ar­beitsformen durchsetzen werden, eine ­Mischung zwischen stationärer und ­virtueller Zusammenarbeit.

Flexibel bleiben – aber nicht aus der Balance geraten

Das bedinge jedoch, dass die Berufstätigen auch geistig in Bewegung bleiben und sich auf ein lebenslanges Lernen einstellen können. Dabei gelte es, die Balance nicht zu verlieren, denn die laufende Veränderung werde zum Normalzustand. Interessant sei, wie die verschiedenen Generationen die derzeitige Lebensphase beurteilen. Als 54-Jährige betrachte sie die rasanten Veränderungen der letzten Monate als disruptiv. Ihre Studentinnen und Studenten ­jedoch sähen das weit weniger drastisch.

Sicher sei aber, dass sich die Menschen mit der zunehmenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ungewissheit nach ruhigen Häfen sehnten. Dies seien die Familie und Freundeskreise. «Selber halte ich den immerwährenden Veränderungsstrom nur aus, wenn ich auf meine Gesundheit achte und mich mit dem Arbeitgeber bzw. der Arbeit identifizieren kann. Identifikation ist die Basis zur Motivation», sagte Rump. Diesem Umstand müsse auch das berufliche Umfeld Rechnung tragen.

Als Unternehmen gelte es, eine ­Lebensphasen-orientrierte Personalpolitik zu betreiben; die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit über die gesamte ­Lebensarbeitszeit hinweg. Und das unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebens- und Berufssituationen sowie Denk- und Handlungsmuster der ­Beschäftigten. Sie sei sich aber durchaus bewusst, dass es da auch zu Zielkonflikten kommen könne, so Rump. Dann beispielsweise, wenn ein Team kurz vor Abschluss eines Projektes stehe – und Teammitglieder sich aber bereits am Verabschieden sind, weil sie die Kinder aus der Krippe holen müssen oder um Freizeitaktivitäten nachzugehen.

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