Ein Spaziergang mit Nick Micros

Nick Micros stellt Bezüge her zur Kirche, zur Reuss, zum legendären Isis-Tempel, zum Weltkrieg, zu American Football, zu Leben und Tod. Der New Yorker Künstler lebt mit seiner Frau in Ottenbach, vereint die Weltstadt mit dem beschaulichen Dorf, das er in ein Freilichtmuseum verwandelt hat. An jeder Station erläutert ein Täfelchen das jeweilige Kunstwerk.

Nicholas Micros steht neben seinem Werk «Husher». Sein selbstironisches Augenzwinkern ist nicht auf den ersten Blick erkennbar. (Bild Bernhard Schneider)
Nicholas Micros steht neben seinem Werk «Husher». Sein selbstironisches Augenzwinkern ist nicht auf den ersten Blick erkennbar. (Bild Bernhard Schneider)

Wir starten bei der Postautohaltestelle, beim «Purrer». Der Kater aus Bronze und Blattgold thront auf Ackerstein und Beton. Die Gemeinde Ottenbach hat das Werk erworben und lässt den Kater die Gäste, die aus dem Bus strömen, mit stoischem Blick begrüssen.

Nick Micros arbeitet mit vielen verschiedenen Materialien. Er erklärt alle Details. Hinter jedem Werk steht eine Geschichte. Sein Konzept einer Ausstellung im Dorf ist eine Geschichte für sich, die Geschichte des Gesamtkunstwerks. Die zumeist grossen Skulpturen benötigen Raum. Als ihm die Wiese gekündigt wurde, auf der er sie platziert hatte, wurden spontane Angebote an ihn herangetragen. Die Ausstellung wuchs, denn der Bildhauer ist im Dorf bestens vernetzt.

Der «Isis Tempel» steht, wie könnte es anders sein, mitten im Isenberg-Wald. Die «Brücke am Fluss» wird von der evangelischen Kirchgemeinde Ottenbach auf der kleinen Wiese südlich der Kirche ausgestellt.

Rostige Uhr zeigt fünf nach zwölf

Viele Werke befinden sich auf Privatgrund. Wir stehen an der Rebenstrasse vor der «Trophäe». Die rostige Uhr, so gross wie das Zifferblatt des Ottenbacher Kirchturms, zeigt fünf nach zwölf. In Beton gegossene Selbstporträts des Künstlers, ironisch ergänzt mit Stalinschnauz, blicken den Betrachter streng an, liegen wie zufällig hingeworfen herum – und doch hat jedes Element eine ästhetische und konstruktive Funktion.

Die Ateliers von Nick Micros stehen bis 2017 in New York, nun in Boston, und in Ottenbach. Als junger Mann spielte er American Football. Die Kraft, die er damals aufgebaut hat, spiegelt sich in seinen Werken – und ist zweifellos sehr nützlich im Umgang mit Steinen und anderen schweren Materialien. Er arbeitet in zwei Welten – und findet in beiden Anerkennung. Seine Auszeichnungen stammen unter anderem von der New Yorker Guggenheim Memorial Foundation, von der Kulturstelle des Kantons Zürich und von der Gemeinde Ottenbach, die nicht nur die Katze ­«Purrer» gekauft hat, sondern auch den ganzen Skulpturenweg grosszügig ­unterstützt.

Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen der Menschheit

Nick Micros stellt nicht nur im öffentlichen Raum aus. Mit seinem Unternehmen Stoneyard bietet er Ausbildungslehrgänge in Steinbildhausen sowie freiem Arbeiten und Modellieren mit Gips an, verbindet den Praxisunterricht mit der Vermittlung seines Universums, das viel mehr als Kunstgeschichte umfasst.

Die Schilderung des renommierten Kunsthistorikers Matthias Vogel, der Lehraufträge in Basel und Zürich, London und Paris, New Haven und New York vorweisen kann, kann auf dem Rundgang mit Nick Micros Satz für Satz nachempfunden werden: «Nicholas ­Micros ist ein intellektueller Künstler, der sich in seinem Werk mit den existenziellen Fragen der Menschheit auseinandersetzt und nach Antworten sucht – die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens quittiert er dann nicht selten mit einem verstohlenen Augenzwinkern oder mit grotesken Bockssprüngen. Fast alle seine Arbeiten haben deshalb auch eine narrative Ebene. Sie erzählen nicht nur eine, sie erzählen viele Geschichten.»

Vorbei am «Husher», dem Schweigenden, sind wir im Atelier an der ­Jonenstrasse angekommen. Das Werk «Majesties», bestehend aus Königin und König, wartet noch auf einen geeigneten Ausstellungsplatz. Für dieses Werk hat er Grabsteine als tragende Elemente ­eingesetzt – und so aus vergangenem Leben Neues geschaffen.

Freilichtausstellung Ottenbach, Karte unter www.nicholasmicros.com.

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