Liebesgeflüster durch die Wand

Theater im Theater, Premiere der Premiere – das erste Stück des Theaters Cooltour in Hausen war gut besucht. Das Publikum erlebte einen lustigen und aussergewöhnlichen Theaterabend, noch drei Vorstellungen bieten Gelegenheit, die sehenswerte Barockkomödie zu besuchen.

Königsfamilie und Publikum amüsieren sich über die köstliche Komik im Schauspiel der Handwerker. (Bild Denise Bohnert)
Königsfamilie und Publikum amüsieren sich über die köstliche Komik im Schauspiel der Handwerker. (Bild Denise Bohnert)

Gemeindesaal Weid in Hausen, Theater im Dorf, Laien spielen vor einem geneigten Publikum. Die Realität schwappt ins Theaterstück über – oder umgekehrt? Ein Phänomen, das im Theater immer wieder stattfindet. Auch in «Absurda Comica oder Herr Peter Squenz» spielen Laien – Handwerker im siebzehnten Jahrhundert – ein «schönes» Stück, ein Liebesdrama aus der Antike: Pyramus und Thisbe von Ovid, Vorlage für Romeo und Julia – die Liebesgeschichte schlechthin. Das «Schimpfspiel in drei Aufzügen» von Andreas Gryphius (1616–1664) basiert auch auf dem «Sommernachtstraum» von William Shakespeare. Und ist die allererste Inszenierung der 2017 gegründeten Theatergruppe Cooltour; 360 Jahre alt ist das Stück, heute eine der am meisten gelesenen und gespielten deutschen Barockkomödien – ein Theater im Theater.

Reise ins siebzehnte Jahrhundert

Harfenklänge, live gespielt von der zwölfjährigen Luisa Holdener zu Anfang, transportieren die Zuschauer in eine andere Zeit, ins siebzehnte Jahrhundert, Barock, Zeit des Adels und der niedrigen Stände. Man lasse sich von der Musik dorthin tragen, die Ohren müssen geöffnet werden, denn dort wird eine etwas andere Sprache gesprochen. Aber auch wenn man nicht jeden Satz auf Anhieb versteht, wird bald klar, was hier gespielt wird. Herr Peter Squenz, Schreiber und Schulmeister von Rumpelskirchen und «selbsternannter Genius» (Felix Kiser) will mit einer Gruppe von Handwerkern der Königin und ihrer Familie ein Spiel aufführen, zwecks Ehre, Ruhm und vor allem guten Trinkgelds. Wie dem Publikum geht es dem Schmied, dem Blasebalgmacher, dem Spulenmacher, dem Tischler, dem Meistersinger und Leinenweber sowie dem Hofnarr: Diese Kultursprache ist nicht gerade alltäglich. Doch mit Eifer lassen sie sich ein auf die romantische Geschichte zweier Liebender, die sich ihre Liebesschwüre nur durch einen Zwischenraum in einer Wand zuflüstern können, da sie sich wegen der Verfeindung ihrer Familien nicht bekommen können und deren Flucht aufgrund von Missverständnissen in einer Tragödie mündet.

Lustspiel mit frischer Heiterkeit

Dass das Stück der Theatertruppe Cooltour trotz Tragik immer wieder und immer mehr zum Lachen reizt, liegt an der skurrilen Situationskomik, Slapstickmomenten und daran, dass sich die Handwerker auch durchaus während des Spiels mal in die Haare geraten oder plötzlich aus den Rollen aussteigen. Dies belustigt auch die Königsfamilie vor allem. Dass das Lustige so frisch herüberkommt, liegt nicht zuletzt daran, dass die Mitglieder des Cooltour-Ensembles, im Gegensatz zu den Handwerkern, allesamt viel Theatererfahrung mitbringen. Kathia Rota – sie spielt den Spulenmacher und Thisbe, also einen Mann, der eine Frau spielt – stammt aus einer alten Theaterfamilie. Raffaele Cavallaro leitet das Kinder- und Jugendtheater ohoo!, aus dem die Königskinder (Timo Fröhli und Annik Sutter) mit dabei sind. Margrit Gut (Königin) sowie Ingo Mroczek (die Wand) und Goggo Zweifel (Regieassistenz) waren, ebenso wie die oben genannten, viele Jahre engagierte Mitglieder der Aemtler Bühne. Nik Stahlberger, langjähriger Bühnenbildner beim Theater Turbine (und auch dieses Stücks), steht nun selber als Teil dessen auf den Brettern: als leuchtender und sich verdunkelnder Mond. Andrea Vavra überzeugt als Meistersänger mit ihrer professionellen Stimme und mit Wasserwürfen als Brunnen. Christina Kiljanski steht zum ersten Mal auf der Bühne ebenso wie der von ihr gespielte Tischler, der den Löwen gibt.

Augenschmaus

Als ganz bezauberndes Element ist das Kostümkonzept besonders zu erwähnen. Passend zum Laienspiel der einfachen Dörfler ist alles aus Papier gefertigt. Nathalie Péclard hat (mithilfe von Vreni Urech, die auch den Marschalck wunderbar spielt) ein variantenreiches Kunstwerk geschaffen. Jeder Auftritt der Figuren beschert eine beglückende Überraschung. Auch Margrit Gut liess sich inspirieren und nahm die Ideen für die Deko des Theaterraums und der Bar auf, fliessend wieder die Übergänge zwischen Spiel und Realität.

Diese Absurda Comica ist also absolut sehenswert, das wurde auch bei der Aufführung im Zürcher Miller’s (im Rahmen des Laien Lab Festivals in der Mühle Tiefenbrunnen) den rund hundert Anwesenden klar. Das Auge wird gross beschenkt und wirklich Lustiges reizt zum heiter unbeschwerten Lachen, auch junge Zuschauende konnten ausgiebig «gigele». Die Ohren müssen nach dem Balsam des Harfenspiels etwas gespitzt werden – das ist alles, was der Zuschauer und die Zuschauende müssen, denn sogar der Eintritt ist freiwillig. Gerne jedoch spendet man in die Kollektenbox für dieses allererste Kleinod des Theaters Cooltour, das die wachsende Theaterlandschaft im Säuliamt bereichert.

Infos unter <link http: www.theatercooltour.ch external-link-new-window>www.theatercooltour.ch.

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