Streit um A4-Zubringer flammt wieder auf

2012 sagte das Zürcher Stimmvolk Ja zum Autobahn-Zubringer Obfelden/Ottenbach. Nun wird dieser neu 80 statt 65 Millionen kosten. Die Grünen hoffen, dass der neu zusammengesetzte Kantonsrat diese ablehnen wird. Die IG Sicherer Schulweg möchte, dass endlich gebaut wird.

Sowohl Grüne wie die IG Sicherer Schulweg möchten den Verkehr auf der Dorfstrasse in Obfelden reduzieren – aber mit unterschiedlichen Methoden. <em>(Bild lhä)</em>
Sowohl Grüne wie die IG Sicherer Schulweg möchten den Verkehr auf der Dorfstrasse in Obfelden reduzieren – aber mit unterschiedlichen Methoden. <em>(Bild lhä)</em>

Einem Stich ins Wespennest kommt das Verhalten der Grünen im Bezirk Affoltern gleich: An ihrer Mitgliederversammlung Anfang Juli sprach sich die Partei einstimmig dafür aus, ihr Nein zum Bau des Autobahnzubringers Obfelden/Ottenbach beizubehalten. Um diese zwei Gemeinden vom Durchgangsverkehr zu entlasten, will der Kanton eine Umfahrung für Ottenbach und eine neu gestaltete Ortsdurchfahrt im Ortsteil Bickwil in Obfelden bauen. 2012 hat die Bevölkerung des Kantons Zürich einem Kredit von 65 Millionen Franken hierfür mit 62 Prozent Ja klar zugestimmt. Einsprachen haben eine Realisierung des Projekts bis heute verhindert. Im April 2019 gab der Kanton bekannt, dass aufgrund erhöhter Baukosten, Mehraufwänden für die Projektierung, den Landerwerb sowie der Entsorgung von Altlasten die Kosten neu 80 Millionen betragen. Diesen Zusatzkredit von 15 Millionen muss der Kantonsrat gutheissen.

Grüne gegen neue Strassen

Und hier setzt nun die Hoffnung der Grünen ein. Die Kantonsratswahlen in diesem Frühling verschafften den ökologischen Kräften einen massiven Zuwachs. «Die neue Zusammensetzung des Kantonsrats ermöglicht es, dass ökologische Politik eine Mehrheit findet», schreibt die GP im «Anzeiger» vom 12. Juli.

Für Thomas Schweizer (Hedingen), seit dem Mai grüner Kantonsrat, ist der A4-Zubringer heute nicht mehr zeitgemäss. «Mit der Klimadiskussion muss man sich fragen, ob neue Strassen noch der richtige Weg sind.» Ein Grossteil des Verkehrs in Obfelden sei hausgemacht. Das Verkehrsproblem in Obfelden müsse mit dem bestehenden Strassennetz und nicht mit neuen Strassen gelöst werden. Die Grünen fordern daher Tempo 30 und eine Reihe von Verkehrsberuhigungsmassnahmen für die Dorfstrasse.

«Entscheid endlich umsetzen»

Die Haltung der Grünen weckt Widerstand im Bezirk. In Leserbriefen im «Anzeiger» wird ihnen vorgeworfen, kein Herz für Schüler, Radfahrer und Wohnqualität zu zeigen. Und sie werden angehalten, demokratisch zustande gekommene Entscheide wie den von 2012 zu akzeptieren. Ins gleiche Horn stösst der Obfelder Philipp Schweiger, Co-Präsident der IG Sicherer Schulweg. «2012 ist ein klarer demokratischer Entscheid gefällt worden für den Zubringer. Nun geht es darum, diesen umzusetzen.» Rund 1000 Schulkinder müssten in beiden Dörfern inzwischen einen Schulweg mit erheblichem Durchgangs- und Schwerverkehr in Kauf nehmen. Man habe sich vor Jahren für den Bau einer Autobahn entschieden, da sei es nur konsequent, dafür zu sorgen, dass Dörfer, die durch den Verkehr belastet seien, auch eine Entlastung erhielten. Verkehrsberuhigungen, wie sie die Grünen vorschlagen, sind laut Schweiger nicht genügend. «Das reicht nicht, um die 40-Tönner von den Schulwegen in Obfelden und Ottenbach zu beseitigen.»

Weitere Verzögerung

Wie der Kantonsrat in seiner neuen Zusammensetzung entscheiden wird, ist offen. Entscheiden kann er ohnehin nur über den Zusatzkredit von 15 Millionen. Den Volksentscheid von 2012 hingegen kann er nicht umstossen. Was eine allfällige Ablehnung des Zusatzkredits konkret zur Folge hat, ist eine offene Frage. «Dann muss man nochmals vertieft über die Bücher», sagt Thomas Maag, stellvertretender Kommunikationschef der Baudirektion auf Anfrage. Eine «abgespeckte» Zubringervariante für 65 Millionen statt 80 Millionen zu bauen, ist laut Maag nicht möglich. «Das wäre eine Projektänderung, dann müsste man es neu auflegen, was wiederum neue Einsprachen ermöglicht. Dann beginnt das ganze Rösslispiel von vorn.»

Sicher ist, dass das Projekt eine zeitliche Verzögerung erleiden wird. Gemäss dem Parlamentsdienst des Kantonsrats ist es «extrem unwahrscheinlich», dass der Kantonsrat diese Vorlage noch in diesem Jahr behandeln wird, da eine Vielzahl anderer Geschäfte anstehen. Das Parlament wird somit frühestens 2020 entscheiden können. Der Bau des Projekts dürfte damit wohl kaum vor 2021 beginnen können.

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