Kaum in Bern - schon in den Schlagzeilen

Mit einem Flüchtlingstweet und einem engagierten Votum gegen die Trinkwasser-Initiative schaffte es SVP-Nationalrat Martin Haab aus Mettmenstetten schon kurz nach seiner Vereidigung in die Schlagzeilen. In seinem Fokus steht aber die Agrarpolitik nach 2022 (AP 22+).

Bleibt die Türe in den Nationalrat nach dem 20. Oktober 2019 für beide Vertreter aus dem Säuliamt offen? Martin Haab (SVP, rechts) mit Hans-Ulrich Bigler (FDP). <em>(Bild Werner Schneiter)</em>
Bleibt die Türe in den Nationalrat nach dem 20. Oktober 2019 für beide Vertreter aus dem Säuliamt offen? Martin Haab (SVP, rechts) mit Hans-Ulrich Bigler (FDP). <em>(Bild Werner Schneiter)</em>

2015 verpasste er die Wahl in den Nationalrat nur um wenige Stimmen. Als in diesem Frühjahr Natalie Rickli zur Regierungsrätin gekürt wurde, schaffte Kantonsrat Martin Haab als erster Ersatzmann auf der SVP-Liste den Sprung in den Nationalrat. Nur wenige Wochen nach seiner Vereidigung folgte ein anderer Sprung: jener in die «Blick»-Schlagzeilen. Fünf Wochen zuvor, Anfang Juli, machte er einen Re-Tweet von einem 1000-fachen Bildchen mit Flüchtlingen – dies im Zusammenhang mit der von der italienischen Küstenwache verhafteten Kapitänin Rakete. Es wurde vom «Blick» entdeckt und zur Schlagzeile formuliert. Entsprechend die Reaktionen. «70 bis 80 Prozent der Kommentierenden gaben mir recht. Die Aufregung darüber hat mir nichts ausgemacht. In unserer schnelllebigen Zeit ist so etwas schnell vergessen», sagt Martin Haab beim Gespräch in der Wandelhalle des Bundeshauses.

Schnell ins Gespräch kam der Bauer aus Mettmenstetten aber auch, weil er sich als Neuling am Rednerpult im Nationalratssaal prononciert gegen die Trinkwasser-Initiative geäussert hatte. So ungewöhnlich, wie das dargestellt wurde, ist das nicht. Haab, der als Vorstandsmitglied der SVP Schweiz viele in seiner Fraktion schon vor seinem Eintritt kannte, liess sich vor der Vereidigung in die Rednerliste eintragen. «Schliesslich habe ich nur zwei Sessionen auf sicher», fügt er lachend bei. Als Neuling stand Haab auch noch am Nebenpult im Saal und geisselte das von grüner Seite verlangte Verbot des Zitzenverklebens an Kühen bei Viehschauen.

Nicht immer stramm auf SVP-Linie

Bei landwirtschaftlichen Themen wird er also seit seinem Eintritt ins Parlament wahrgenommen. Eingelebt habe er sich «besser als erwartet», weil ihm auch als Kantonsrat die Mechanismen auf höherer Stufe nicht unbekannt sind. Die von Natalie Rickli «geerbte» Rechtskommission will er, der Nicht-Jurist, bei einer Wiederwahl verlassen.

Aber bei bäuerlichen Themen durchstarten: So startet die Vernehmlassung zu AP 22+ voraussichtlich im Februar 2020. Und da sieht Martin Haab die Gefahr, dass die Initiativen zu den Themen Pestizid, Trinkwasser, Massentierhaltung, die er – weil mit «weltfremden Ideen» bestückt, – allesamt ablehnt, und die zumindest in Teilen Einlass finden könnten in der AP 22+. Und das noch bevor diese an die Urne gelangen. Haab ortet eine Menge Widersprüche. Durch ein Verbot von Soja-Import verschwinde die Geflügelproduktion in der Schweiz. Geflügel sei aber sehr beliebt und müsste dann importiert werden. Die Behauptung, der Konsum von Schweizer Rindfleisch sei schädlich fürs Klima, bezeichnet er als «Blödsinn». Schädlicher sei es, im Rahmen des Mercosur-Abkommens 3000 Tonnen rotes Fleisch aus Brasilien zu importieren – statt wie ursprünglich vorgesehen 1000 Tonnen. Das sei für die Bauern eine der roten Linien beim Freihandel, sagt Martin Haab, der beim Thema nicht immer auf der Linie von Magdalena Martullo-Blocher liegt.

Auch bei anderen Themen weicht Martin Haab manchmal von seiner Partei ab. So unterstützt er den Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative – weil in Afrika «noch lange nicht alles in Ordnung ist». Als gute Beispiele nennt er private Entwicklungshilfeprojekte, denen er nahesteht: in Tansania und Äthiopien, wo mit relativ wenig Geld viel erreicht wird, derweil staatliche Entwicklungshilfe vielfach verpufft. «Wir müssen über das Thema einer Ausbeutung der 3. Welt reden und festlegen, wie solche Länder zu unterstützen sind», so Haab. Entgegen von Vorstand und Fraktion unterstützte er auch die Fairfood-Initiaitve. «Ich kann doch nicht während Jahren für einen fairen Milchpreis kämpfen und hier etwas anderes vertreten.»

Wiederwahl? «Ich habe ein gutes Gefühl»

Ob er das weiterhin als Nationalrat machen kann, wird der 20. Oktober zeigen. Die Zürcher SVP stellt 12 Nationalräte und muss mit ein bis zwei Mandatsverlusten rechnen. Martin Haab startet auf Listenplatz 10 und kann auf Sukkurs des Bauernverbandes zählen. Zusammen mit den Bauern Martin Hübscher (SVP) und Martin Farner (FDP) bestreitet er einen Teil des Wahlkampfs, einen anderen Teil mit dem Winterthurer Gewerbler Franco Albanese (SVP). Von den beiden hängt inzwischen ein 9 Meter langes Wahlkampfplakat im Zürcher HB. Hinzu kommt der persönliche Wahlkampf mit Flyern und in den sozialen Medien. Die Chancen zur Wiederwahl? «Ich habe ein gutes Gefühl und gehe davon aus, dass wir mindestens zehn Sitze halten können.» Wie viel sein Wahlkampf kostet, will Martin Haab nicht verraten. Nur so viel: 50 Prozent berappt er voraussichtlich aus eigener Tasche.

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