Sich selber und andern Frauen etwas zutrauen

Der Frauezmorge Stallikon Wettwil am vergangenen Freitag stand unter dem Thema «Frauen und Politik». Lisette Müller aus Knonau, ehemalige EVP-Kantonsrätin, berichtete von ihren Erfahrungen als Frau auf dem politischen Parkett.

Die Referentin Lisette Müller (links) mit dem Frauezmorge-Team vor dem feinen Frühstücksbuffet. <em>(Bild Marianne Voss)</em>
Die Referentin Lisette Müller (links) mit dem Frauezmorge-Team vor dem feinen Frühstücksbuffet. <em>(Bild Marianne Voss)</em>

Das Frühstück kommt immer zuerst. Am Frauezmorge im Kirchgemeindesaal Wettswil sind die Tische jeweils passend zur Jahreszeit dekoriert und das Zmorgebüffet ist wunderschön angerichtet. Das Frühstück und der persönliche Austausch sind ein wichtiger Teil des Morgens, das folgende Referat natürlich ebenso. Viermal jährlich lädt das initiative Team zum beliebten Frauezmorge Stallikon Wettswil ein und organisiert für jeden Anlass ein abwechslungsreiches Programm. Willkommen sind alle interessierten Frauen, unabhängig von Religion, Herkunft oder Alter.

Am vergangenen Freitag ging es um die Politik, genauer gesagt, um die Frau in der Politik. Die Referentin war Lisette Müller aus Knonau, ehemalige EVP-Kantonsrätin, die aber nach wie vor in verschiedenen Gruppen, Mandaten und Gremien engagiert ist. Sie berichtete zu Beginn, wie sie überhaupt zur Politik gekommen ist. 1988 wurde sie in Knonau zur Friedenrichterin gewählt. «Dort setzte ich mich gerne für den Frieden im Dorf ein.» 1994 wurde sie Präsidentin der Schulpflege. «Hier ging es mir um eine gute Schule fürs Dorf.» Während dieser Zeit lernte sie die EVP kennen und trat der Partei bei. Warum? «Ich sah, dass sich hier Persönlichkeiten engagieren, denen ich vertraue und die integer sind. Ich sah auch die Bestrebungen der Partei für die Nachhaltigkeit und die Erhaltung der Schöpfung.» Von 2003 bis 2011 sass Lisette Müller dann für die EVP im Kantonsrat.

Viel gelernt und profitiert

Frisch und locker erzählte sie den Frauen im Saal von ihren Erfahrungen, von schönen und bereichernden wie auch von schwierigen und herausfordernden. In ihrem Referat ging es weder um Parteiwerbung für die EVP noch um Kritik an anderen Parteien. Sie berichtete ganz schlicht und persönlich von sich und schlug immer wieder den Bogen zu den Teilnehmerinnen im Saal. «Würdet ihr euch auf einer Liste aufstellen lassen?», fragte sie beispielsweise. Und wie erwartet, sagten hier nur wenige Ja. Frauen seien zurückhaltender und hätten oft das Gefühl, sie seien zu wenig gut. «Bei Männern ist das meistens anders. Die sagen spontaner zu.»

Sie habe als Kantonsrätin viel gelernt und profitiert. Die dicke Haut, die brauche es, aber die könne wachsen. «Bei meiner Arbeit als Kantonsrätin erhielt ich in den parteiübergreifenden Kommissionen Einblick in ganz viele neue Bereiche.» Sie habe auch den konstruktiven Austausch über die Parteien hinweg immer sehr geschätzt. «Ich konnte Ideen einbringen, mitgestalten, andere Leute kennen lernen, mitreden und auch mitentscheiden.» Bei diesem politischen Amt sei es durchaus möglich, ein bisschen etwas zur Verbesserung der Welt beizutragen.

Minderheit und weniger vernetzt

Natürlich erwähnte sie auch die Schattenseiten wie das manchmal raue Klima, der fehlende Respekt und die Bedrohungen in den Medien, vor allem auch in den neuen digitalen Plattformen. «Ich lernte in schwierigen Situationen, über mich zu lachen und mich selber nicht so sehr ernst zu nehmen.»

«Und wo liegen die Nachteile als Frau in der Politik?», fragte eine Teilnehmerin. «Wir sind in der Minderheit», antwortete Lisette Müller. «Wir sind weniger gut vernetzt als die Männer, die sich von der Feuerwehr, vom Militär oder vom Job her kennen.» Das sei ein Handicap. «Zudem ticken wir anders, wir haben ein anderes Selbstbewusstsein und weniger Machtbedürfnis. Dafür wollen wir mehr Kontrolle und nehmen manches zu genau.» Die Frauenstimme werde rein akustisch weniger gut gehört. Lange Zeit habe man den Frauen grundsätzlich weniger zugetraut als den Männern. «Wir Frauen trauen uns aber oft auch selber zu wenig zu.» Sie betonte: «Darum ist es wichtig, uns selber und auch anderen Frauen etwas zuzutrauen.»

Der nächste Frauezmorge in Wettswil findet am Freitag, 6. Dezember, statt. Die Märchenerzählerin Ingrid de Heer wird in einem adventlichen Rahmen Geschichten erzählen.

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