Himmelwärts – Bergführerinnen im Porträt

Allen mutigen Frauen dieser Welt widmete Bestseller-Autorin Daniela Schwegler ihren vierten Bergfrauenband «Himmelwärts – Bergführerinnen im Porträt». Das Buch erzählt von 12 der insgesamt rund 40 ausgebildeten Schweizer Bergführerinnen. Die Buchhandlung Scheidegger organisierte die Lesung in Zusammenarbeit mit dem Alpenclub SAC am Albis.

Autorin Daniela Schwegler fesselte die Besucher ihrer Lesung mit einer klug choreografierten Lesung.<em> (Bild Regula Zellweger)</em>
Autorin Daniela Schwegler fesselte die Besucher ihrer Lesung mit einer klug choreografierten Lesung.<em> (Bild Regula Zellweger)</em>

Manch einer mag sich fragen, weshalb Menschen immer wieder ihr Leben riskieren, um Berggipfel zu bezwingen. Autorin Daniela Schwegler kennt diese Frage bestimmt, denn gleich zu Beginn des Buches setzt sie ein Zitat der italienischen Extrem-Bergsteigerin Nives Meroi: «Wenn du dort oben um dich schaust und für einen kurzen, friedvollen Augenblick das Gefühl hast, Teil des grossen Ganzen zu sein.» Die porträtierten 12 Bergsteigerinnen sind sich des Risikos bewusst. Einige erlitten bei Stürzen auch schon schwere Verletzungen. Aber sie sind mit Ausdauer und eisernem Willen in diese Männerdomäne vorgestossen, und keine scheint es je bereut zu haben.

Das Publikum brachte der Juristin, Journalistin und Texterin Daniela Schwegler am vergangenen Donnerstag in der Buchhandlung Scheidegger sofort grosse Sympathie entgegen. Die erfolgreiche Autorin nahm mit Herzlichkeit und Offenheit den Kontakt auf, erzählte so lebendig, dass man ewig hätte zuhören mögen und auch die gelesenen Passagen aus dem Buch fesselten die Zuhörer. Projizierte Reportagefotos ergänzten die Lesung mit visuellen Eindrücken. Der Mix von Lesen und Erzählen bei der Lesung war ebenso klug gestaltet wie der Wechsel von Porträts, Hintergrundinformationen, Bildstreifen und Tourenvorschlägen im Buch. Emotional nahe gehen die Porträts, weil die Autorin sie von den Bergführerinnen in Ich-Form erzählen lässt.

Für die Fotos von den 12 Frauen begleitete Daniela Schwegler drei Fotografen in teilweise abenteuerliche Umgebungen in grosser Höhe, Schnee und Eis. Die Bilder sprechen direkt an. Es macht betroffen, wenn man beispielsweise die strahlend lachende Nicole Niquile, die erste diplomierte Schweizer Bergführerin, in Aktion in Nepal sieht – im Rollstuhl. Ursache war kein Bergunfall, beim Pilzesammeln fiel ihr ein Stein auf den Kopf, acht Jahre nach dem Erwerb des Diploms. Seither ist sie querschnittgelähmt. Und nicht zu bremsen. Sie baute 2005 ein Spital in Nepal auf.

1300 Männer – 39 Frauen

39 diplomierte Bergführerinnen und rund 1300 Männer mit dieser Ausbildung – wahrlich kein Gleichgewicht. Die erste Bergführerin meldete sich als Mann an – und stellte die Männer so vor eine vollendete Tatsache. Nicole Niquille erhielt ihr Diplom als erste 1986. Die zwölfte porträtierte Frau, Carole North, Abenteuerin, Extremalpinistin und Umweltwissenschaftlerin, erhielt ihr Diplom noch vor dem 30. Lebensjahr im September 2019. Sie lebt nach dem Motto «Born to be wild» und ist mit ihrem roten VW-Bus weltweit unterwegs. «Mit netten Leuten unterwegs sein, Spass haben, an die Grenzen gehen, viel und hart klettern und am Abend richtig fertig sein, das ist genial», fasst sie ihre Motivation zusammen. Alle Frauen sind sich bewusst, dass sie mehr Leistung erbringen müssen, um mit den Männern mithalten zu können. Man kennt das Klischee des traditionellen Bergführers, eines einfachen Naturburschen, eher wortkarg, patriarchalisch. Mehrere der porträtierten Frauen widersprechen diesem Klischee. Sie sind Frauen, Unterländerinnen und Akademikerinnen. Wenn sie sich als Bergführerinnen outen, lösen sie Erstaunen und Interesse aus, aber selten Widerstand. Daniela Schwegler porträtiert ihre Bergführerinnen in einer männerdominierten Berufswelt, aber nie gegen die Männer. «Schenken tun wir ihr nichts, aber tragt Sorge zu ihr», formulierte ein Ausbilder.

Bergführerinnen

Worin unterschieden sich Bergführerinnen von Alpinistinnen? Bergführerinnen sind Alpinistinnen, die einen Schritt weiter gehen und nicht nur die Verantwortung für sich übernehmen, sondern am Berg auch für ihre Gäste. Überspitzt formuliert: Sie stehen mit einem Bein im Grab, mit dem anderen im Gefängnis.

Mehrere der porträtierten Bergführerinnen sind verheiratet, oft mit Bergführern. Sie sind Mütter, eine hat ihren Beruf mit ärztlichem Einverständnis bis zum letzten Moment vor der Geburt ausgeübt. Sie scheinen sich nicht vor Verantwortung zu scheuen, sie suchen sie sogar, denn sonst hätten sie nicht diesen Beruf gewählt.

Was die Verantwortung gegenüber der Umwelt betrifft, fühlen sich einige ambivalent. Macht es Sinn, möglichst viele Menschen in die doch noch ziemlich unberührte Bergwelt zu führen? Will man das Geknatter von Helikoptern in der friedlichen Schnee-, Eis- und Felswelt?

Daniela Schwegler serviert nicht Antworten, sie löst mit allen ihren Büchern auch Fragen aus, deren Beantwortung nicht so einfach ist. Neben den sprachlichen Kompetenzen, der Fähigkeit zu strukturieren und der adäquaten emotionalen Nähe und Distanz zu den Porträtierten machen Offenheit einerseits und Respekt vor den Menschen und ihren Träumen anderseits die Bücher von Daniela Schwegler lesenswert.

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