Corona-Krise als Chance

Wie Millionen andere in der Schweiz, übt die Familie von Steffi und Thomas Bowles seit dieser Woche den Ausnahmezustand des Bundes mit Homeoffice und zusätzlicher Kinderbetreuung. Das Paar sieht die Krisensituation auch als Chance für künftige ­Veränderungen – blickt aber mit Sorge auf die Wirtschaft.

Sehen die Corona-Krise auch als Chance: Steffi und Thomas Bowles mit ihren Söhnen Dean, links, und Eric. (Bild Martin Platter)
Sehen die Corona-Krise auch als Chance: Steffi und Thomas Bowles mit ihren Söhnen Dean, links, und Eric. (Bild Martin Platter)

Die Sonne lacht mit Steffi Bowles um die Wette, als sie den nach der Adresse suchenden Chronisten in der schmucken Einfamilienhaussiedlung in Knonau entdeckt. Die Begrüssung ist zwar nicht mit festem Händedruck, aber auch so durchaus herzlich. Es ist Dienstagnachmittag und das frühlingshafte Wetter lädt zum draussen Verweilen ein. Ein Tag wie jeder andere und doch ist vieles ein bisschen anders. Nebenan auf dem Balkon ist ein Nachbar am Staubsaugen. Tag 2 nach der bundesrätlichen Verfügung von Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.

Steffi Bowles bittet den Besucher auf den Gartensitzplatz. Auf dem Rasen tollen ihre beiden Kinder Dean (3) und Eric (5) herum. Drinnen sitzt Thomas Bowles am Computer und redet am Telefon mit einem Mitarbeiter, der ebenfalls von zu Hause aus arbeitet. «Es ist eine ungewohnte Situation», sagt Steffi Bowles. «Beide Kinder sind nun wieder den ganzen Tag daheim. Ich arbeite nach wie vor während zwei Tagen in der Woche in einer Medizinalgerätefirma in Baar, wo ich für die Administration der internationalen Bestellungen zuständig bin.» Derzeit gehe im Geschäft ziemlich die Post ab. Bestellungen aus China, Italien und anderen Ländern hielten die Angestellten auf Trab. Sie sei deshalb sehr froh gewesen, dass die Gemeinde Knonau rasch reagiert und umgehend eine Betreuung für die Kinder angeboten habe, die sie während der Arbeit entlaste. «Homeoffice geht mit den Kindern nicht. Zudem bin ich auf die ­Infrastruktur in der Firma angewiesen», begründet die Kauffrau.

Gewinn an Lebensqualität

Thomas Bowles hat sich inzwischen ebenfalls an den Tisch gesetzt. Auch für den Bauingenieur mit britischen Wurzeln, der für einen grossen Zementhersteller in Holderbank arbeitet, ist die Arbeitssituation neu. Mit dem Homeoffice entfällt der tägliche Arbeitsweg, der in der Stosszeit hin und zurück bis zu zwei Stunden in Anspruch nehmen kann. Er sagt: «Das Pendeln vermisse ich überhaupt nicht. Homeoffice ist für mich ein echter ­Gewinn an Lebensqualität.»

Was früher als Ausnahme galt, hat die Firma nun vorzeitig umgesetzt: die Arbeit von zu Hause aus. «Die technischen Hilfsmittel sind ja eigentlich schon seit geraumer Zeit vorhanden, um auch dezentral arbeiten zu können. Der Kommunikationsaufwand wird so aber etwas grösser», hat Bowles festgestellt. Im Moment sei das allerdings noch das geringste Problem. Thomas Bowles macht sich mehr Sorgen, dass die Wirtschaft komplett zusammenbrechen könnte, falls der Bundesrat auch noch die Stilllegung des Baugewerbes verfügt. Derzeit sind die Handwerker noch von den Schliessungsmassnahmen ausgenommen. Steffi Bowles sagt: «Die Krise führt uns drastisch die Verletzlichkeit unseres Systems vor Augen.»

Sozial möchte sich das Paar dennoch nicht komplett abschotten, sich weiterhin sporadisch mit befreundeten Familien und deren Kindern treffen – natürlich immer unter Einhaltung der BAG-Vorschriften. «Da alle öffentlichen Vergnügungseinrichtungen geschlossen sind, gehen wir stattdessen halt spazieren in den Wald», sagt Steffi Bowles.

Auch ihre Einkäufe tätigt sie vermehrt in der näheren Umgebung, im Wissen, dass die kleinen Unternehmen besonders hart von den Bestimmungen des Bundes betroffen sind. Ihr Tagesablauf habe sich durch den Ausnahmezustand nicht gross geändert. Es sei für sie aber etwas stressiger geworden, da mehr organisiert werden müsse. Entmutigen lässt sie sich deswegen aber nicht. Mit einer Prise Galgenhumor fügt sie lachend hinzu: «Die Kinder lernen nun mit Nachdruck wenigstens die Notwendigkeit, sich regelmässig die Hände zu waschen und sich beim Husten und Niesen den Ellenbogen vors Gesicht zu halten.» Sohn Eric verdreht die Augen und macht eine Grimasse. Alle lachen. Die beste Medizin gegen die grassierende Virenangst.

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