Wenn Ausstellungen still zu Ende gehen

Manche Kunstschaffenden haben sich darauf gefreut, dass ihre Werke jetzt oder in nächster Zeit ausgestellt werden. Und vielleicht lange darauf hingearbeitet. Klar ist man vernünftig – aber ein bisschen Wehmut ist schon dabei. Galeristin Elfi Bohrer meint: «Eine aussergewöhnliche Zeit, in der wir bereit sein müssen, gewisse Dinge loszulassen.»

Die Vernissage der Ausstellung von Susanne Baer war ein voller Erfolg. Statt Finissage nun stilles Abräumen der Ausstellung. (Bild Vanja Marty)
Die Vernissage der Ausstellung von Susanne Baer war ein voller Erfolg. Statt Finissage nun stilles Abräumen der Ausstellung. (Bild Vanja Marty)

Die Vernissage der Ausstellung «licht und leicht» mit Radierungen und ­Monotypien von Susanne Baer vom 20. Oktober 2019 im Pfarrhauskeller in Mettmenstetten war ein voller Erfolg. Am 29. März wäre die Finissage der ansprechend kuratierten Ausstellung ­gewesen. Susanne Baer wird dann einfach in aller Ruhe ihre rund 40 Werke von den Wänden nehmen. Die Ausstellung macht sich quasi sang- und klanglos aus dem Staub.

Eine ähnliche Befindlichkeit kennen viele in dieser Zeit. Susanne Baer spürt eine leichte Traurigkeit. Aber als kreative Frau im Pensionsalter kommt sie gut mit den nationalen Vorschriften klar. «Meine Agenda ist leer. Im Moment ist das noch ein gutes Gefühl. Ich habe mehr Zeit für mich selbst und viele Ideen.» Ihr Atelier befindet sich in der Wohnsiedlung in Mettmenstetten, in der sie lebt. Sie kann sich zurück­ziehen: Tapetenwechsel mit kleinem ­Radius, der verbunden ist mit dem Wechsel der Tätigkeiten.

Susanne Baer
Ihre Kreativität hat bereits die  Berufswahl von Susanne Baer bestimmt. Als Kindergärtnerin konnte sie Kindern ihre Freude am Zeichnen und Malen, an Sprache und an Musik vermitteln, Talente entdecken und fördern. In der Ausstellung mit dem hochaktuellen ­Titel «licht und leicht» zeigt sie eher kleine, feine Bilder. «Im Atelier steht für mich die Arbeit mit der Druckerpresse im Vordergrund. Beim Radieren oder beim Drucken von Monotypien kann ich mein Vorstellungsvermögen und den Sinn für Form und Farbe ­weiterentwickeln, zugleich aber auch körperlich zupacken und mein handwerkliches Geschick anwenden.»
Sie kombiniert aber auch Sprache mit darstellender Kunst, fertigt Collagen mit Texten, spielt mit der Sprache. «Ich habe jetzt Zeit, am Bilderbuch weiterzuarbeiten», erzählt sie. Sie hat auch Erfahrung als «Songwriterin». So hat sie beispielsweise das Lied «Brugg international» fürs Brugger Jugendfest 2003 geschrieben. Bald veröffentlicht sie ihr Kinderlied – passend zur aktuellen Situation: «Hände waschen». Für die Vertonung nutzt sie alle technischen Möglichkeiten, beispielsweise Face-to-Face-Kommunikation.

Katharina Proch
Die Gemeinschaftsausstellung der Obfelder Künstlerin Katharina Proch und des Hedinger Bildhauers Noldi Vogler in der Galerie Märtplatz in Affoltern findet nicht statt. Am 3. April wäre ­Vernissage gewesen. Katharina Proch erzählt, dass sie bereits alles vorbereitet hatte. «Dass die Ausstellung nun nicht durchgeführt wird, ist kein ­Unglück. Wahrscheinlich ist sie nur verschoben. Wie viele andere warte ich einfach ab und akzeptiere, was ich nicht ändern kann.» Sie schätzt die aktuelle Ruhe.

Seit vielen Jahren führt die Künstlerin Malkurse durch – und nun macht sie sich Gedanken, wie sie ihre Schülerinnen beschäftigen kann. So dreht sie zusammen mit ihrem Mann Uwe zu Hause kleine Filme, und erklärt neue Aufgaben. Im Moment machen ihre «Schülerinnen» voller Begeisterung Skizzen, Übungen und Bilder mit ­einem Umriss in «Ostereier-Form». ­Katharina Proch beherrscht viele Techniken, unter anderen Bleistift- und Kohlezeichnen, Fotografieren, Aquarell, Holzschnitt, verschiedene Druckformen und digitale Techniken. Sie meint: «Jetzt könnten auch Leute, die sich für wenig zeichenbegabt halten, einmal ausprobieren, wie man beispielsweise mit der Gratis-Software Paint.net experimentieren könnte. Materialien wie Farben und Leinwände kann man etwa bei Boesner über Internet bestellen.» Langweilig wird es ­Katharina Proch bestimmt nicht. «Man könnte beispielsweise selbst ein Memory herstellen oder ein Sujet mit verschiedenen Techniken darstellen ...»

Elfi Bohrer
Die Bonstetter Galeristin Elfi Bohrer hat ihr Kunstfenster geschlossen. Sie muss sich überlegen, wie es weitergeht. Denn Miete und Versicherungen laufen weiter. Sie empfiehlt allen kunstaffinen Personen, die Webseiten von Künstlern und Galerien zu besuchen. Denn man kann auch virtuell die  Auseinandersetzung mit Kunst leben.

Vielleicht spricht einen beim  virtuellen Spaziergang durch die Webauftritte von Kunstschaffenden ein Werk an, das man gerne haben möchte. Dann kann man telefonisch oder über Mail Kontakt aufnehmen und vorbestellen, ohne definitive Kaufverpflichtung – man muss ein Werk schon zuerst real gesehen haben. Damit unterstützt man Kunstschaffende und zeigt ihnen auf, dass ihre Werke wertgeschätzt werden. Und selbst kann man sich auf die Zeit freuen, wenn man wieder Atelier- und Ausstellungsbesuche machen kann. «Mir fehlen die persönlichen Begegnungen mit Kunstfreunden und Künstlern bald einmal», meint Elfi ­Bohrer. Und ergänzt nachdenklich: «Eine aussergewöhnliche Zeit, in der wir bereit sein müssen, gewisse Dinge loszulassen.»
 

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