Kampf den Invasoren

Seit drei Jahren geht der Kanton Zürich im Reppischtal umfassend gegen invasive Neophyten vor. Der Regierungsrat ist mit den bisherigen Erkenntnissen des Pilotprojekts zufrieden und empfiehlt, diese auf den ganzen Kanton auszudehnen.

Der Bekämpfungstrupp packt das Problem an der Wurzel. (Bild Angela Bernetta)
Der Bekämpfungstrupp packt das Problem an der Wurzel. (Bild Angela Bernetta)

Locker verteilt stehen fünf junge Männer an einem Wiesenbord irgendwo im idyllischen Reppischtal. Mit Schanz­pickel oder von Hand reissen sie Kraut um Kraut samt Wurzeln aus dem Boden. Später werden sie das Grünzeug fachgerecht entsorgen. «Die Feldarbeit ist anstrengend, aber nötig», sagt Roland Risch, Einsatz- und Projektleiter Naturnetz Mittelland. Die Kleingruppe geht im Rahmen des Pilotprojekts Reppischtal «Gemeinsam gegen Neophyten» gegen gebietsfremde Pflanzen vor, welche die hiesige Biodiversität bedrohen (siehe Box). Bis heute habe sich gezeigt, dass man die Neophytenplage in schwach bis mittel befallenen Gebieten mit regelmässigem Auskrauten innert weniger Jahre in den Griff bekommen kann, hält ein kürzlich erschienener Zwischenbericht zum Pilotprojekt fest.

«Der Erfolg ist nach drei bis vier Jahren sichtbar», bestätigt Roland Risch. «Auf den gesäuberten Flächen wachsen wieder einheimische Arten nach.» ­Allerdings bereiten einige wenige ­Gebiete mit sehr grossen Beständen an Einjährigem Berufskraut Probleme, da sich die Pflanze im Boden über die Jahre grossflächig versamt hat. «Um diese Orte zu sanieren, sind Fachwissen und ein nachhaltiges Vorgehen nötig», ergänzt Severin Schwendner, Projektleiter beim Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) der kantonalen Baudirektion.

Drei zentrale Erkenntnisse

Die grossen Einsätze gegen Goldrute und Co. finden von Mai bis September statt. «Bis zu fünf Bekämpfungstrupps sind je nach Einsatzplan achteinhalb Stunden täglich im Feld unterwegs», sagt Roland Risch. Auch während der kalten Jahreszeit wird gearbeitet, wenngleich mit weniger Leuten. «Im Winter lassen sich immergrüne Arten wie der Kirschlorbeer oder Henry’s Geissblatt gut im Wald aufspüren und beseitigen.» Nach drei Jahren zählt Severin Schwendener drei Erkenntnisse als ­besonders wichtig für den weiteren Projektverlauf auf. «Erstens sind die einzelne Arten für eine zuverlässige Kostenschätzung zweitranging.» Werden grosse Flächen gesäubert, spiele es mit ­wenigen Ausnahmen keine Rolle, ob dort mehr Geissraute oder Springkraut wachse. «Die Menge an Pflanzen insgesamt und die Erreichbarkeit des Standorts beeinflussen die Kosten.» Zweitens sei langfristig Zusatzaufwand erforderlich, wollen ­Gemeinden, Kanton und Bund die ­Bestände dauerhaft im Zaum halten. «Da kommt eine neue Unterhaltsaufgabe auf die Gesellschaft zu. Um dieser gerecht zu werden, und das ist die ­dritte Erkenntnis, ist biologisches Grundwissen gefragt.» Während der Nachsorge gehe es vor allem darum, die nachwachsenden, gebietsfremden Pflanzen zu ­erkennen und auszureissen, bevor sie versamen.

Tiefere Gesamtkosten

Rund 30000 Arbeitsstunden haben Förster, Werk- und Unterhaltsdienste, Zivildienstleistende, lokale Unternehmen und freiwillige Helfer bis heute in Wäldern und Wiesen, an Strassenrändern und Bahndämmen geleistet. «Da das Projekt föderal organisiert ist, können die Gemeinden eigene Ideen einbringen», so Severin Schwendener. Das «Modell Wettswil» beispielsweise, das kleine Gruppen von Sozialhilfebezügern und Asylsuchenden zum Auskrauten beschäftigt, habe sich als zweckmässig erwiesen. «Basierend auf solch effizientem und nachhaltigem Vorgehen, der guten Zusammenarbeit und Koordination werden die Gesamtkosten für das Pilotprojekt wohl geringer ausgefallen als eingangs kalkuliert», ergänzt er. «Budgetiert waren 2.2 Mio. Franken, die Endkostenprognose liegt heute bei 1,8 Mio.»

Um die Ausbreitung invasiver Arten zu vermeiden, müsse auch die Bevölkerung sensibilisiert werden. «Aufklärungsarbeit ist für die Akzeptanz von Bekämpfungsmassnahmen wichtig», erklärt Severin Schwendener. «Wer ­ungenügend informiert ist, kann kaum nachvollziehen, warum es sich bei den invasiven Arten um «gefährliche» Pflanzen handeln soll.» Die Gartenausstellung (G)Artenvieltfalt in Dietikon zeige, wie eine nachhaltige Gartengestaltung aussehen könne, damit die hiesige Biodiversität erhalten bleibe.

Der Zürcher Regierungsrat ist mit dem Verlauf des Pilotprojektes und den daraus resultierenden Erkenntnissen zufrieden. Er empfiehlt, das Vorgehen auf den ganzen Kanton auszudehnen. Läuft alles nach Plan, dürften die abschliessenden Auswertungen in ein paar Jahren zeigen, mit welchen Methoden und mit welchem Aufwand sich die Neophyten-Plage im ganzen Kanton sinnvoll und dauerhaft eindämmen lässt.

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