«Im Wald wird nicht einfach gewurstelt»
In unseren Wäldern soll sich die Natur entfalten – und sie sind Orte der Erholung. Die Entwicklung und Pflege der Wälder sind nicht dem Zufall überlassen. Es gibt ein Waldgesetz, Entwicklungspläne, Betriebspläne und Jahresprogramme, die vom Kreisforstmeister und den regionalen Förstern Âüberwacht und umgesetzt werden.

Der Kreisforstmeister, Jürg Altwegg, kommt gerne ins Säuliamt. Ihm gefallen hier die ländlichen Dörfer und die Vielfalt der Wälder. Er ist verantwortlich für den Forstkreis I, zu welchem die Region Zimmerberg und der Bezirk Affoltern gehören. Die Waldfläche im gesamten Forstkreis beträgt rund 7000 Hektaren. Viele der Wälder kennt er persönlich und weiss auch um die Probleme und Herausforderungen, mit denen sich die Waldbesitzer und Förster beschäftigen müssen. Die regionalen Förster sind ihm unterstellt. Mit ihnen zusammen plant er die langfristige Entwicklung unserer Wälder und versucht dabei, die öffentlichen Interessen einzubringen.
«Im Wald wird nicht einfach gewurstelt», erklärt er beim Treffen mit dem «Anzeiger» im Uerzliker Wald. «Da wächst nicht alles irgendwie.» Vergleichbar mit der Bewirtschaftung eines grossen Ackers werde auch unser Wald bewirtschaftet. «Es gibt in der Schweiz ein Waldgesetz. Die Waldentwicklung wird geplant, und man setzt sich klare Ziele.»
Das wichtigste Instrument des Kantons ist der Waldentwicklungsplan, in dem die Vorrangfunktionen für einen Wald bestimmt werden, zum Beispiel ob es sich um einen Schutzwald, Erholungswald, Biodiversitätswald oder Wirtschaftswald handeln soll. Die meisten Wälder in unserer Region gehören zur Sparte Wirtschaftswald. Im Waldentwicklungsplan wird zum Beispiel auch beschlossen, wo ein Waldrand aufgewertet oder Fördergebiete für Baumarten – beispielsweise die Eiche – festgesetzt werden soll.
Problem mit Stürmen und Borkenkäfern
Ein weiteres Instrument sei der Betriebsplan, informiert Jürg Altwegg. Jeder Waldeigentümer, der über 50 Hektaren Wald besitze, müsse so einen Plan erarbeiten. Bei diesen Waldbesitzern handle es sich im Säuliamt mehrheitlich um Korporationen, welche die Wälder pflegen und bewirtschaften. «Ich lege mit ihnen fest, wie schnell wo eingegriffen, wo Holz geschlagen oder wo durchgeforstet werden soll. Und ich berechne mit ihnen, wie viel Holz genutzt wird.» Das Ziel sei immer, maximal so viel zu nutzen, wie nachwächst.
Im Jahresprogramm bestimme man dann schliesslich konkret die Holzschläge für den nächsten Winter. «Jeder Baum, der gefällt wird, muss vom Forstdienst angezeichnet werden. Niemand kann einfach so Bäume fällen, wie das manchmal Waldnutzer befürchten», Âbetont er. Durch das Fällen von Bäumen werde Licht und Raum geschaffen für den Jungwuchs. «Für jeden gefällten Baum wachsen also viele Junge nach.»
Strenges Waldgesetz
Angesprochen auf die verschiedenen Freiflächen, die zurzeit im Bezirk in den Wäldern auffallen, sagt er: «Da ist nicht zum Spass geräumt worden. Wir hatten in den letzten zwei Jahren ein dramatisches Problem mit Stürmen, BorkenÂkäfern und Trockenheit. Durch die ÂTrockenheit produziert der Baum zu wenig Harzfluss und kann sich somit schlecht gegen den Käfer wehren.»
Der Kreisforstmeister erklärt auch die wichtigsten Punkte des Schweizerischen Waldgesetzes, das unvergleichbar strenger ist als ÂGesetze in anderen Ländern. In unsern Wäldern dürfen weder Dünger noch chemischer Pflanzenschutz eingesetzt und nur standortgerechte Baumarten gepflanzt werden. Es ist auch nicht möglich, im Wald einfach ein Holzhäuschen zu erstellen. Das Ziel ist, einen möglichst naturnahen Wald wachsen zu lassen und einen Raum zu schaffen, wo die Natur sich entfalten kann.
In der Schweiz gilt im Wald das freie Betretungsrecht. «Das ist sehr schön, verleitet aber manchmal zu befremdendem Umgang», weiss Jürg Altwegg. Er kennt Beispiele von zerstörtem Jungwuchs durch Biker oder Jogger, von Feuern nahe an Baumstämmen oder von mutwilligem Verletzen der Rinde, was zum Absterben des Baumes führen kann. «Unsere Wälder werden für ganz verschiedene Bedürfnisse genutzt. ÂEigentlich hat das alles nebeneinander Platz, wenn alle Rücksicht nehmen und nicht nur ihr eigenes Interesse sehen würden.»