Arbeitsintegration für geflüchtete Menschen
Am letzten Samstag durfte an der zweiten Mitgliederversammlung des Vereins Job-Werkstatt über zahlreiche Erfolge berichtet werden. Die Angebote Deutschunterricht, Lese- und Schreibdienst, Computerkurse und Coaching für die Arbeitsintegration zeigen Wirkung.

«Was brauchen Menschen mit Migrationshintergrund, um sich erfolgreich beruflich positionieren zu können?» Diese Frage stellte sich Regula Ochsner bereits während dem Shutdown. Sie müssen Deutsch lernen, sie sollen Computerkenntnisse haben, sie sollen die Schweizer Bildungs- und Arbeitswelt kennen und sie brauchen eine Eins-zu-Eins-Begleitung bei der beruflichen Positionierung – idealerweise von einer Person, die über Kompetenzen als Coach und ein gutes persönliches Netzwerk verfügt.
Regula Ochsner suchte Gleichgesinnte und gründete den politisch und religiös neutralen Verein Job-Werkstatt mit Sitz in Ottenbach. Heute hat der Verein 45 Mitglieder und Freiwillige verschiedenster beruflicher Herkunft und Altersgruppen, alle mit Erfahrung in vielfältigen sozialen Bereichen.
Zahlen sprechen für sich
Im Juli/August 2022 hatten drei Personen eine Lehre EBA, zwei Personen eine Integrationsvorlehre abgeschlossen. Begonnen wurden drei Integrationsvorlehren, drei Lehren EBA und drei Lehren EFZ. Neun Personen steckten mitten in ihrer beruflichen Ausbildung und zwölf konnten eine Schnupperlehre machen. Abgebrochen wurden weder Grundbildungen noch Arbeitsverhältnisse. Elf Personen bekamen einen Arbeitsplatz.
Die betreuten Personen kamen aus Ländern wie Afghanistan, Syrien, Eritrea, Ukraine, Nigeria, Brasilien, Türkei, Uganda und Jemen. Die Deutschkurse mit jeweils rund sechs Teilnehmenden finden zweimal wöchentlich jeweils in einer Doppellektion statt. 2022 wurden in diesem Bereich über 800 freiwillige Arbeitsstunden geleistet. 11 Personen konnten von den Kursen profitieren.
Der Lese- und Schreibdienst wurde von Menschen in Anspruch genommen, die Unterstützung beim beruflichen Einstieg oder Wiedereinstieg brauchten. Im Bereich IT wurden 30 Kursstunden mit insgesamt 14 Personen durchgeführt.
Im Bereich Arbeitsintegration kooperiert die Job-Werkstatt mit der Organisation Glocal Steps, die Lehrstellen-, Job-, und Berufsschul-Coaching anbieten. Für jede Coachingform stehen 9 Tandemplätze zur Verfügung, bestehend aus einem Auszubildenden mit Fluchthintergrund und einem freiwilligen Coach. Insgesamt können 27 Tandems betreut werden. Die Tandems profitieren vom starken Netzwerk der Job-Werkstatt. Im vergangenen Jahr hat die Job-Werkstatt mit über 130 Arbeitgebenden Kontakt aufgenommen.
Vorzeigeprojekt «Wir Frauen»
Anschliessend an die durch die beiden Co-Präsidentinnen Jana Weiss und Regula Ochsner moderierte Mitgliederversammlung, an die Informationen zur aktuellen Flüchtlingssituation durch Michelle Högger vom Asyl- und Migrationswesen des Sozialdienstes Bezirk Affoltern und an das Referat der Glocal-Roots-Gründerin Liska Bernet genossen die Vereinsmitglieder einen Apéro riche, zubereitet von den Frauen aus dem «Wir Frauen»-Kurs. Barbara Meister leitet für die Job-Werkstatt mit viel Herzblut den Bereich Deutschunterricht. Sie ist begeistert von «ihren» Frauen aus unterschiedlichsten Ländern, die sich zusammengeschlossen haben, gemeinsam lernen und sich freundschaftlich dabei unterstützen, in ihrem Gastland Schweiz Fuss zu fassen, Selbstwert aufzubauen und sich mit ihren Kindern zu integrieren – mit dem Fernziel, sich beruflich positionieren zu können.
Zusammenarbeit
Job-Werkstatt will eine Drehscheibe sein zwischen motivierten Geflüchteten, verschiedenen Institutionen und potenziellen Arbeitgebenden. Der Sozialdienst, Asyl- und Migrationswesen des Bezirks Affoltern, unterstützt – neben vielen weiteren Institutionen, Unternehmen und Personen – den Verein und schätzt es sehr, dass Geflüchtete für eine intensivere Betreuung der Job-Werkstatt zugewiesen werden können. Michelle Högger betonte, dass mit den vermehrt eintreffenden Geflüchteten in der Schweiz eine grosse Aufgabe auf alle Involvierten zukomme.
Wertvoll ist für die Job-Werkstatt auch die Zusammenarbeit mit dem Verein Glocal Steps. «Wir bilden Netzwerke und Strukturen, die vertriebene Menschen darin unterstützen, resilient und wieder autonom zu werden», ist auf deren Webseite zu lesen. Der Verein agiert in der Schweiz, aber auch im Ausland. Liska Bernet, Mitgründerin und Vereinsleitung, erzählte an der Mitgliederversammlung von ihren persönlichen Erlebnissen und von Projekten beispielsweise in Griechenland und löste damit viel Betroffenheit aus. Sie zeigte mit dem Referat zugleich die Entwicklung in der Flüchtlingspolitik auf und verschweigt auch nicht, dass es keine «einfache Lösung» gebe.
Freiwillige gesucht
Der Jahresbericht des Vereins Job-Werkstatt beginnt denn auch mit einem stimmigen Zitat: «Einem Menschen zu helfen, mag nicht die ganze Welt ändern, aber es kann die Welt für diesen einen Menschen ändern.» Für die Zukunft sucht der Verein weitere Freiwillige und Sponsoren. Im Freiwilligenbereich besteht eine Zusammenarbeit mit «Kiss», Nachbarschaftshilfe mit Zeitgutschriften, wo man sich die geleistete Zeit gutschreiben lassen kann.
Regula Ochsner zieht nach der Mitgliederversammlung Bilanz: «Nach dem erschütternden Bericht von Liska Bernet aus den Hochsicherheitslagern für Geflüchtete in Griechenland war es so wohltuend zu sehen, dass sich so viele Engagierte mit Herz und Leidenschaft dafür einsetzen, das grosse Leid der Menschen mit Migrationshintergrund etwas zu lindern.»