Auch das Bezirksgericht Affoltern bald ohne Laienrichter?

«Richtig eingesetzt und entsprechend ausgebildet, kann ein Laienrichter am Bezirksgericht einen guten Job machen»: Das sagt Otto Steinmann, seit sechs Jahren der einzige Laienrichter in Affoltern. Im Kantonrat wurde am Montag eine Parlamentarische Initiative vorläufig unterstützt, mit der Laien von Gerichten entfernt werden sollen.

Otto Steinmann, einziger Laienrichter am Bezirksgericht Affoltern. (Bild zvg.)
Otto Steinmann, einziger Laienrichter am Bezirksgericht Affoltern. (Bild zvg.)

Die Parlamentarische Initiative wurde im Kantonsrat mit 87 Stimmen aus den Reihen von SP, CVP, FDP, GLP und Grünen vorläufig unterstützt. Sie verlangt, dass an Bezirksgerichten nur noch Richterinnen und Richter beschäftigt werden dürfen, die über ein abgeschlossenes Jurastudium verfügen. Kantonsweit sind an Bezirksgerichten noch 21 Laienrichter tätig, einer davon in Affoltern. Gegner des Laienrichtertums sprachen im Kantonsrat von einem Folkloreelement, von Überforderung, weil Prozessparteien mit stets härteren Bandagen kämpfen. Und davon, dass bei anspruchsvollen Aufgaben wie bei Kindseinvernahmen im Rahmen von Scheidungsprozessen Laienrichter juristisch ausgebildeten Anwälten und Staatsanwälten gegenüberstehen.

Befürwortende Stimmen zum Laienrichtertum argumentierten mit der Lebenserfahrung von Laienrichtern, die in die Rechtsprechung einfliessen soll. «Gerade bei Scheidungen zählen vor allem Vermittlungsgeschick und Lebenserfahrung», hiess es. Und weiter: «Juristen können von der anderen Sichtweise der Laienrichter profitieren.» Die Abschaffung des Laienrichtertums im Kanton Zürich erfordert letztlich wohl eine Verfassungsänderung.

Wissen, wo die Grenzen sind

Otto Steinmann, der nun die zweite Amtsdauer am Bezirksgericht antritt, ist in Affoltern der einzige Laienrichter. Er sieht darin kein Problem. «Ich bin auf dieses Amt sehr gut vorbereitet und nach der Wahl auch begleitet worden. Wir haben in unserem harmonierenden Team einen guten Weg gefunden», sagt er und fügt bei, dass er als Richter «nicht alles machen kann». Tagt das Kollegialgericht in Dreierbesetzung, so hat er nie den Vorsitz inne. «Das machen bei uns die juristisch ausgebildeten Richterinnen und der Gerichtspräsident.» In vielen Kollegialgerichtsfällen ist er aber als Richter dabei und lässt seine Meinung mitsamt der Erfahrung im Rahmen der Urteilsberatung einfliessen. Scheidungs- und Trennungsverfahren führt Otto Steinmann als Einzelrichter durch – zusammen mit einem Auditor. Sind Laienrichter entsprechend ausgebildet und werden richtig eingesetzt, so leisten sie wertvolle Arbeit. In Affoltern sei das der Fall. «Mit Ausnahme eines Falles habe ich von Anwälten in den sechs Jahren meiner Tätigkeit stets gute Rückmeldungen erhalten», sagt Otto Steinmann.

Verständnis der juristischausgebildeten Richterinnen

Auch Gerichtspräsident Peter Frey findet es richtig, dass schwierige Fälle in die Hände von juristisch ausgebildeten Personen gehören. «Es wird heute mit härteren Bandagen gekämpft, mehr gestritten und auf Details herumgeritten», sagt er. So kommt es, dass die nicht einfachen Prozesse ausnahmslos in der Verantwortung der juristisch ausgebildeten Richterinnen und des Gerichtspräsidenten befinden. «Ein Nachteil, der aber bei uns am Gericht in Affoltern kein Problem ist. Das nötige Verständnis dafür ist in unserem gut funktionierenden Team vorhanden», fügt Peter Frey bei. Richterinnen und Richter absolvieren am Bezirksgericht Affoltern ein 35-Prozent-Pensum – egal, ob juristisch ausgebildet oder Laienrichter.

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