Und die Chilbi dreht sich weiter

Zwischen Rössli-Karussell und Duft von Magenbrot steckt mehr als eine Veranstaltung

Die Chilbi ist in vielen Gemeinden nach wie vor eine beliebte Veranstaltung. (Bild Angela Bernetta)

Die Chilbi ist in vielen Gemeinden nach wie vor eine beliebte Veranstaltung. (Bild Angela Bernetta)

In Bonstetten wird die Chilbi jeweils am letzten Wochenende im August gefeiert. (Bild zvg)

In Bonstetten wird die Chilbi jeweils am letzten Wochenende im August gefeiert. (Bild zvg)

«In Bonstetten wird die Chilbi seit dem 19. Jahrhundert gefeiert – stets am ­letzten Wochenende im August», sagt Gemeinderat Guido Wild. «Der traditionelle Gottesdienst am Chilbisonntag ­erinnert bis heute an ihre kirchliche Herkunft.» Für viele Weggezogene ist das Volksfest ein fester Termin im Kalender, um alte Freunde zu treffen und in Erinnerungen zu schwelgen. «Die Chilbi ist ein Spiegel des gesellschaftlichen Wandels – und Ausdruck des Bedürfnisses nach Gemeinschaft», findet Wild. Auch wenn die ursprüngliche Bedeutung in den Hintergrund gerückt ist, spüre man sie nach wie vor im Ablauf und in der Atmosphäre des Festes.

Auch in Mettmenstetten hat sich die Chilbi im Laufe der Jahre fest im Dorfleben etabliert. Erste, eher lose organisierte Veranstaltungen fanden vor 1989 auf dem Rössliplatz, beim Schulhaus oder an der heutigen Stelle des Kafi «Mättmi» statt. Der eigentliche Startschuss für die heutige Chilbi fiel 1989 auf Initiative des Gewerbevereins. Ziel war es, das lokale Gewerbe sichtbar zu machen und das Dorfleben aktiv zu fördern. «Seit 2017 organisiert der Chilbiverein das Fest – damit diese Tradition erhalten bleibt», erklärt Paul Freimann vom gleichnamigen Verein. Die Chilbi sei seither zu einem generationenverbindenden Treffpunkt geworden, an dem sich alte und neue Bewohnerinnen und Bewohner – auch viele Ehemalige – jedes Jahr begegnen.

Vom Kirchen- zum Volksfest

Was heute in vielen Gemeinden als buntes Fest mit Zuckerwatte, Karussell und Raclette-Stübli gefeiert wird, hat tiefere Wurzeln. Die Ursprünge der Chilbi reichen bis ins Mittelalter zurück. Damals feierte jede Pfarrei einmal im Jahr das sogenannte Patrozinium: den Namenstag des Kirchenpatrons oder den Tag der Kirchenweihe. Das Wort «Chilbi» stammt vom altalemannischen «Kilchwîhi» und bedeutet ursprünglich ­genau das: «Kirchweihe». Mit der Zeit wandelte sich der religiöse Anlass zum weltlichen Fest. Musikanten, Gaukler und Händler sorgten für Unterhaltung in Dörfern und Städten.

Ab dem 17. Jahrhundert entstanden daraus offizielle Jahrmärkte, die sogenannten «Chilbimärkte». Sie wurden zu wichtigen Treffpunkten für Handel, Austausch und Geselligkeit. Selbst gesellschaftliche Umbrüche wie Industrialisierung oder Kriege konnten der ­Chilbi wenig anhaben. Besonders im Spätsommer, nach der Erntezeit, blieb sie vielerorts ein Höhepunkt im Jahreslauf.

Aktive Vereine, viele Herausforderungen

Die Chilbi lebt vom grossen Engagement der Vereine: ob Raclette im Stübli der Männerriege, Pizza aus dem Holzofen des Turnvereins, Pommes vom Musikverein oder Hamburger vom FC Knonau-Mettmenstetten. Und auch spielerisch hat das Fest einiges zu bieten – vom Laserschiessen des Schützenvereins über Büchsenwerfen mit dem Familienverein bis zu Outdoor-Unihockey beim Floorballclub. «Gerade für neu zugezogene Familien ist die Chilbi ein idealer Ort, um Kontakte zu knüpfen und das Dorfleben in entspannter Atmosphäre kennenzulernen», betont Paul Freimann.

Doch auch die Chilbi ist nicht frei von Herausforderungen. Die wachsende Bevölkerung, eine grössere Schule und zunehmende bauliche Verdichtungen erschweren es, geeignete Veranstaltungsorte zu finden. Hinzu kommen grössere organisatorische Anforderungen und gesetzliche Auflagen – insbesondere in den Bereichen Sicherheit und Infrastruktur. «Auch die Suche nach freiwilligen Helferinnen und Helfern ist heute deutlich schwieriger als früher», ergänzt Guido Wild.

Dennoch bleibt die Grundidee der Chilbi erhalten: ein Ort der Begegnung und des gemeinsamen Erlebens. «Die Chilbi passt sich an, aber ihre Bedeutung für das Dorf bleibt die gleiche», bringt es Paul Freimann auf den Punkt.

Bühne für das ganze Dorf

Was die Chilbi besonders macht, ist nicht nur ihr Angebot, sondern auch ihr niederschwelliger Zugang. Kinder basteln Dekorationen, Schulklassen gestalten kleine Aufführungen, Landfrauen verkaufen Selbstgemachtes, und das lokale Gewerbe zeigt, was es kann. Die Chilbi wird so zur offenen Bühne für das ganze Dorf. Von überall kommen die Menschen zusammen – für ein Wochenende voller Begegnungen, Nostalgie und Dorfgemeinschaft. Und selbst wenn das Wetter nicht mitspielt, hört man oft: «Chumm, mir gönd trotzdem a d’Chilbi!»

Im «Anzeiger» vom 26. August erscheint eine Übersicht über sämtliche Chilbis im Bezirk

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