Bloss jeder Fünfte sagte «Ja»

78% Nein-Stimmen: Die 38-Stunden-Woche fuhr an der Urne eine empfindliche Schlappe ein

Für die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung wird es keine 38-Stunden-Woche geben. Das steht seit Sonntag fest. (Archivbild Thomas Stöckli)
Für die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung wird es keine 38-Stunden-Woche geben. Das steht seit Sonntag fest. (Archivbild Thomas Stöckli)

Die Altersresidenz Senevita Obstgarten vereinte am Sonntagnachmittag zwei Welten: Während im vorderen Bereich des Restaurants Mela an manchem Tisch das Brettspielgeschehen seinen alltäglichen Lauf nahm, wurden im hinteren Bereich die Weissweingläser gefüllt. Die Gegner der 38-Stunden-Woche wollten auf einen nicht-alltäglichen Erfolg anstossen.

«Nein!» hatten die Stimmberechtigten zur teilrevidierten Personalverordnung der Stadt Affoltern gesagt – und damit auch die 38-Stunden-Woche für rund 350 Angestellte bachab geschickt. Es war ein Resultat mit Ausrufezeichen: Nur 22 Prozent hatten dem Vorhaben an der Urne ihren Segen erteilt, während der Nein-Stimmen-Anteil bei 78 Prozent lag. Insgesamt waren 4012 gültige Stimmzettel eingereicht worden, was einer Stimmbeteiligung von 57,6 Prozent entspricht. Noch etwas höher (58,8 Prozent) lag sie in der Stadt Affoltern bei der Vorlage zur 13. AHV-Rente, die schweizweit ausserordentlich stark mobilisiert hatte.

«Mir händ Freud», sagte Hans Ruedi Haegi bei der Begrüssungsansprache. Am frühen Nachmittag habe er plötzlich nochmals gebangt, dass es womöglich doch knapp werden könnte. Umsonst. Nun zeige sich, dass sich der Aufwand gegen die Vorlage gelohnt habe. «Wir haben sehr gute Arbeit geleistet», lobte er sich und das Dutzend Gleichgesinnter am Tisch, zu dem etwa alt Stadtpräsident Clemens Grötsch, alt Nationalrat Toni Bortoluzzi, der Affoltemer Ge­werbevereinspräsident René Ammann oder der lokale Arbeitgeberverbands­präsident Thomas Naef zählten.

Sicher sein könne man sich im Vorfeld zum Abstimmungssonntag zwar nie, resümierte René Ammann, allerdings seien er und seine Mitstreiter «schon davon ausgegangen, dass das Stimmvolk nicht so abgehoben ist wie der Stadtrat». Und tatsächlich habe nun «die Vernunft gesiegt». Auch Toni Bortoluzzi zeigte sich «hochzufrieden» mit dem Ergebnis, das «an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig lässt». Trotzdem liess er sich selbst im Moment des Triumphs den kleinen Seitenhieb in Richtung Stadt nicht nehmen: In der Stellungnahme der Stadt vermisse er die Demut, befand Bortoluzzi.

Löhne des Personals werden wohl trotzdem angehoben

Stadtpräsidentin Eveline Fenner wirkte am Sonntagnachmittag gefasst. Der Stadtrat sei vom Abstimmungsergebnis nicht überrascht worden: «Das Nein hatte sich abgezeichnet. Und es ist nun sehr deutlich», so Fenner, die auch betonte, im Vorfeld «verschiedene Botschaften» erhalten zu haben. Also durchaus auch zustimmende Voten.

«Die 38-Stunden-Woche ist nun ­definitiv gestorben», sagte Fenner. Die Reduktion der Anzahl Arbeitsstunden sei vom Tisch. Unabhängig davon seien in der heutigen Personalverordnung jedoch inhaltliche Korrekturen nötig, um sie dem aktuellen Recht anzupassen. Der Stadtrat werde das Abstimmungsergebnis analysieren und die Teilrevision der Personalverordnung inhaltlich überarbeiten, so dass sie dem Souverän erneut zur Abstimmung unterbreitet werden könne. «Wir haben viele Ratschläge erhalten, was wir anpassen könnten. Diese Möglichkeiten gilt es nun umfassend zu prüfen.»

Die 38-Stunden-Woche mag vom Tisch sein. Doch die Entlohnung der Angestellten ist es nicht. «Die Löhne werden wir anschauen müssen», sagte Fenner. Das aktuelle Lohnniveau sei «unterdurchschnittlich» und im Stadtrat habe es bereits in der vergangenen Legislatur einen Konsens darüber gegeben, dass dies zu ändern sei. Sonst drohe ein schleichender ­Abbau der Dienstleistungsqualität.

Kommentar Seite 3

Weitere Artikel zu «Bezirk Affoltern», die sie interessieren könnten

Blick aus der Luft auf das Quartier in Wettswil, das in absehbarer Zeit überbaut werden soll. (Bild CH Media)
Bezirk Affoltern14.07.2025

Umstrittene Quartierzufahrt kommt vors Volk

Die Wettswiler Stimmberechtigten fällen im November an der Urne einen Vorentscheid zur Zufahrt zum Quartier Weierächer-Grabmatten.
Bezirk Affoltern14.07.2025

Verständnis für strengeres Regime am Türlersee

Parkgebühren und Anti-Quaggamuschel-Massnahmen problemlos akzeptiert
Bezirk Affoltern14.07.2025

Die schnellsten Wege von der Bestellung bis ins Regal

Sommerserie (1): Wie funktioniert eigentlich ... ein Volg-Laden?