Das Affoltemer Stimmvolk kürzt der Stadt das Budget

Die 38-Stunden-Woche sorgte an der Gemeindeversammlung am 4. Dezember einmal mehr für Diskussionen

Gilt für die Affoltemer Stadtangestellten ab Juli die 38-Studnen-Woche?
Gilt für die Affoltemer Stadtangestellten ab Juli die 38-Studnen-Woche?

Dass diese Gemeindeversammlung nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne gehen würde, war zu erwarten. Seit die Stadt im Sommer ihre Pläne zur 38-Stunden-Woche publik gemacht und damit teils hitzige Diskussionen entfacht hatte, loderte die Unzufriedenheit bei verschiedenen Interessengruppen weiter: Der Arbeitgeberverband Bezirk Affoltern und der Gewerbeverein Affoltern riefen ihre Mitglieder zu Protest-Mails auf, die Mitte-Partei reichte zwei Einzelinitiativen ein und die SVP tat ihren Unmut in der Leserbriefspalte kund.

Nun stand am Montagabend das Budget 2024 zur Abstimmung. Darin enthalten: Zusätzliche Personalkosten von 1,15 Millionen Franken für die Einführung der 38-Stunden-Woche (für 2024 fiele nur die Hälfte der prognostizierten Kosten an; bei einem Ja an der Urne im März würde die neue Arbeitszeit ab Juli gelten). Dieses Preisschild, das die 38-Stunden-Woche nun im Budget erhielt, rief in den Tagen vor der Versammlung erneut die Kritiker auf den Plan: Die Mitte-Partei Affoltern um Hans ­Rudolf Haegi liess durchblicken, dass sie einen Rückweisungsantrag in Betracht zieht. Und der Gewerbeverein Affoltern rief seine Mitglieder in einer E-Mail gar dazu auf, das Budget abzulehnen. Um ein Signal zu setzen, «dass es so nicht weitergehen kann». Die Ausgangslage liess also die eine oder andere Kontro­verse erahnen.

RPK empfiehlt Ja zum Budget und Nein im März an der Urne

Zunächst einmal präsentierte Finanzvorsteherin Claudia Ledermann am Montagabend aber die Zahlen: Der prognostizierte Gesamtaufwand der Stadt steigt im Vergleich zum Vorjahr (92 926 800 Franken) und knackt nun erstmals die Hundert-Millionen-Marke (100 149 100 Franken). Zu den grössten Veränderungen bei den Ausgabenposten zählt neben dem Transferaufwand (+3,8 Millionen) der Personalaufwand (+3,8 Millionen), worunter neben den erwähnten 1,15 Millionen für die 38-Stunden-Woche auch eine knappe Million Franken für den Teuerungsausgleich anfallen.

Gleichzeitig steigen auf der Einnahmenseite der Transferertrag (+6,4 Millionen), die Entgelte (+1,2 Millionen), die etwa aus dem Betrieb des «Seewadel» stammen und die Steuereinnahmen (+1,2 Millionen). So resultiert im Budget 2024 ein prognostizierter Ertragsüberschuss von 6,4 Millionen Franken bei Netto-Investitionen im Verwaltungsvermögen von 11,5 Millionen Franken. Der Steuerfuss soll bei 124 Prozent bleiben.

Bevor die Rechnungsprüfungskommission mit ihren Bedenken zu Wort kam, griff Claudia Ledermann mit einem Extra-Satz Powerpoint-Folien vor. «Dem Stadtrat ist die Finanzlage ein wichtiges Anliegen», sagte sie und versuchte zu verdeutlichen, in welchen Bereichen die Stadt in den vergangenen zehn Jahren Geld eingespart hatte und dass die Netto-Kosten pro Einwohnerin zuletzt deutlich gesenkt werden konnten.

Die RPK empfahl dem Stimmvolk das Budget zur Annahme. Wies aber auf zwei Punkte hin: Zum einen stellte sie einen Rechenfehler fest, der den geplanten Ertragsüberschuss um 260000 Franken mindert und den Selbstfinanzierungsgrad von 105 auf 102 Prozent sinken lässt. Zudem stellte RPK-Präsident Urs Gmür fest, dass der Stadtrat «das Sparprogramm, das wir bereits im Frühling für angezeigt hielten, nicht ernst genommen hat». Er empfahl das Budget 2024 zu genehmigen und die 38-Stunden-Woche an der Urne abzulehnen. Aus Sicht der RPK sei sie aus finanzpolitischer Sicht «nicht tragbar».

Bortoluzzi: Den Aufwand nicht bis «unters Dach ufejätte»

Nun lag das Wort bei den 201 Stimmberechtigten. Rückendeckung für das Budget 2024 erhielt der Stadtrat um Präsidentin Eveline Fenner von deren Parteikollege Daniel Sommer (beide EVP) oder von alt Stadtrat Martin Gallusser (SP). Aus anderen Ecken des Saals gab es Gegenwind; etwa von alt RPK-Präsident Orlando Rabaglio (Mitte Partei). Er hatte die beiden für ungültig erklärten Einzelinitiativen mitunterzeichnet und stellte für das Budget einen Rückweisungsantrag, den ­Eveline Fenner als nicht zulässig taxierte.

Auch alt Nationalrat und alt Gemeindepräsident Toni Bortoluzzi (SVP) meldete sich zu Wort. Er bezeichnete den vorgesehenen Personalaufwand als «unanständig» und forderte mit einem Änderungsantrag, das Budget sei um die veranschlagten 1,15 Millionen für die 38-Stunden-Woche zu reduzieren (so ist das Geld nicht budgetiert, bei einem Ja im März würde es de facto aber trotzdem fällig). Damit könne das Stimmvolk ein Zeichen setzen, dass man den Aufwand nicht einfach «bis unters Dach ufejättet».

Seinem Änderungsantrag zur Streichung der 1,15 Millionen stimmte eine deutliche Mehrheit der Anwesenden zu. Bei der Schlussabstimmung wurde das Budget mit 116 Ja- zu 62 Nein-Stimmen doch noch angenommen. So entkam die Stadt knapp einem Notbudget. «Sie glauben nicht, welch ein Stein mir gerade vom Herzen fällt», sagte Fenner.

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