Das Konzept bestimmt den Bau

Sommerserie (7): Wie funktioniert eigentlich … die Küche eines Pflegeheims?

Das Salatbuffet steht auch am Nachmittag zur Verfügung. Im Hintergrund die Selbstbedienungstheke mit Öfen und Kühlschränken der Zubereitungsküche. (Bilder bs)

Das Salatbuffet steht auch am Nachmittag zur Verfügung. Im Hintergrund die Selbstbedienungstheke mit Öfen und Kühlschränken der Zubereitungsküche. (Bilder bs)

Aus dem 2021 abgerissenen Altersheim Seewadel in Affoltern wurde das 2023 eröffnete neue Zentrum für Gesundheit und Alter. Nicht nur in Affoltern setzte sich die Erkenntnis durch, dass sich im letzten halben Jahrhundert so viel verändert hatte, dass sich ein neues Konzept im alten Bau nicht mehr hätte ­umsetzen lassen.

Pflege- statt Altersheime

Altersheime werden überall zu Pflegeheimen. Barrierefreie Wohnungen, ­betreute Wohnformen, Unterstützungsleistungen, etwa durch öffentliche und private Spitex-Organisationen, geeignete Fitness-Angebote für Seniorinnen und Senioren sowie der in den letzten Jahrzehnten gestiegene Wohlstand, der dank der beruflichen Vorsorge besonders nach der Pensionierung spürbar ist, führen dazu, dass der Bedarf an Altersheimen stark gesunken ist. Gleichzeitig erreichen immer mehr Menschen ein hohes Alter. Seit 1981 hat sich der Anteil der Über-80-Jährigen an der Bevölkerung mehr als verdoppelt. Die Folge ist ein erhöhter Bedarf an intensiver Pflege.

Frühe Konzeptentscheide

Diese Veränderungen wirken sich auch auf die Anforderungen an die Küche einer Institution aus. Bereits zu Beginn der Planung des neuen Hauses im Seewadel, in den Jahren 2017 und 2018, fielen die Entscheide zum Konzept des Restaurants und, darauf aufbauend, der Produktionsprozesse. Wie Ladina Wegmann ausführt, die seit 2019 im See­wadel arbeitet, heute als Gruppen­leiterin Hotellerie, wurde der frühere Speisesaal durch bedarfsgerecht betreutes Essen in den vier Wohnbereichen ersetzt, das Café durch ein grosses Selbstbedienungsrestaurant.

Das Restaurant ist offen für die ganze Bevölkerung, dient tagsüber als Treffpunkt und kann jederzeit auch von den Bewohnerinnen und Bewohnern besucht werden. Hier sind Feiern auch ausserhalb der Öffnungszeiten möglich. Das Restaurant bietet den Kaffee mit Gipfeli oder Kuchen am Vormittag genauso an wie den Apéro gegen Abend. Es bietet 140 Plätze, dazu kommen, bei schönem Wetter, 60 Plätze auf der Terrasse. Darüber hinaus sorgt die Restauration Seewadel für die Verpflegung eines Horts und nimmt Bankett-Aufträge für jede gewünschte Grösse entgegen.

Die tägliche Verpflegung besteht aus einem Salatbuffet und zwei Menus sowie zwei Wochenhits, je einem mit Fleisch und einem vegetarischen. Am Buffet dürfen sich die Gäste von allen Komponenten der aktuellen Menus beliebig bedienen. In den Wohnbereichen seien vor allem Fleischmenus gefragt, wobei Hausmannskost im Vordergrund stehe, erklärt Ladina Wegmann. Im Restaurant dagegen stosse das vegetarische Angebot, das durchaus auch experimentell sein dürfe, auf mehr Anklang.

Kurze Wege

Dieses Konzept wurde im Bau konsequent durchgezogen. Die Hauptküche ist ebenerdig angebracht, damit die Wege von der Anlieferung bis zur Verarbeitung und Kühlung möglichst kurz sind. Von hier gelangen die fertigen, gekühlten Produkte nach Bedarf in die obere Küche, die vom Restaurant her offen einsehbar ist. Auch hier sind die Wege kurz, die Speisen gelangen direkt vom Ofen oder Kühlschrank zur Auslage, wo sie in Selbstbedienung zusammengestellt werden können.

Ladina Wegmann beschreibt die prozessorientierte Arbeitsweise: «Sie hilft uns, strukturiert und effizient zu arbeiten. Die Menupläne werden drei Wochen im Voraus geschrieben. Der ­­Einkauf erfolgt exakt auf den Produktionszeitpunkt. Die warmen und kalten Komponenten der Menus werden ein bis zwei Tage im Voraus zubereitet. Unsere wichtigste Maschine ist der Schock­froster. Er sorgt dafür, dass die Speisen hygienisch optimal in kürzester Zeit von der Koch- zur geforderten Temperatur gekühlt werden, je nachdem auf +5° oder -18°C.»

Stets genügend frische Speisen

Das Konzept ermöglicht, immer genügend frische Speisen im Haus zu haben, da der Andrang Externer nicht im Voraus bekannt ist und es möglich sein soll, jederzeit spontan ins Seewadel zum Lunch zu kommen. Nur diejenigen Speisen, die gerade benötigt werden, gelangen aus den Kühlräumen nach oben in die Zubereitungsküche.

Diese Flexibilität, stets genügend frische Speisen anzubieten, unabhängig von der Zahl der Gäste, ohne zu riskieren, dass Essen übrig bleibt, setzt eine genaue Kenntnis voraus, welche Rohstoffe angeliefert und welche verarbeitet sind. Das Seewadel-Küche verfügt über eine digitale Datenbank, in welcher der ganze Prozess vom Einkauf bis zum Servieren der Speisen abgebildet ist. Jedes Grundprodukt ist mit umfassenden Angaben, beispielsweise über Allergene, erfasst. «Diese prozessorientierte Arbeitsweise hat uns über die Corona-Zeit gerettet, weil wir die erforderliche Zeit gewannen, um Ausfälle in der Lieferkette, beim Personal und sonstiges Unvorhergesehenes zu handhaben», fügt Ladina Wegmann bei.

Als Gast bemerke ich nichts von dieser Komplexität. Ich stelle lediglich fest, dass der Salat frisch und alles hygienisch sauber ist. Wenn nichts auffällt, ist das Konzept durchdacht – und funktioniert.

Bisher erschienen: «Wie funktioniert eigentlich ...?»: «ein Volg-Laden» (15. Juli); «eine Deponie» (18. Juli); «eine Abwasserreinigungsanlage» (22. Juli); «ein Strom-Unterwerk» (25. Juli); «eine Lichtsignal-anlage» (31. Juli); «Naturzählungen» (5. August).

Weitere Artikel zu «Bezirk Affoltern», die sie interessieren könnten

Bezirk Affoltern07.08.2025

Herausfordernde Zeiten für den Gnadenhof Hodel

Wegen gesetzlicher Vorgaben benötigt Ivo Zürcher dringend mehrere Hektaren Land
Bezirk Affoltern07.08.2025

Nachfrage bei E-Autos steigt

Personenwagen im Bezirk sind zu 85 Prozent mit Verbrenner-Motoren unterwegs – Elektro bei 6 Prozent
Bezirk Affoltern04.08.2025

Pflanzen und Tiere werden unterschiedlich gezählt und kartiert

Sommerserie (6): Wie funktionieren eigentlich ... Naturzählungen?