«Flüchtlinge sind eine Waffe»

Mario Fehr zeigte im Kreuzverhör von Daniel Sommer und Eveline Fenner klare Kante

Die Mitwirkenden von links: Die Musizierenden, Elsbeth Schweizer und Christine Sommer; Daniel Sommer, EVP-Kantonsrat; Mario Fehr, parteiloser Regierungsrat; und Eveline Fenner, Affoltemer Stadtpräsidentin. (Bild Claudia Eugster)
Die Mitwirkenden von links: Die Musizierenden, Elsbeth Schweizer und Christine Sommer; Daniel Sommer, EVP-Kantonsrat; Mario Fehr, parteiloser Regierungsrat; und Eveline Fenner, Affoltemer Stadtpräsidentin. (Bild Claudia Eugster)

Am «Polit-Talk und Kultur» vergangenen Mittwoch, 22. Oktober, unter der Flagge der EVP im Kulturkeller lamarotte in Affoltern nahmen Stadtpräsidentin Eveline Fenner und EVP-Kantonsrat Daniel Sommer den ehemaligen SP-Politiker, nun parteilosen Regierungsrat Mario Fehr in den Schwitzkasten. Zwar nicht wortwörtlich, jedoch hatten es die Fragen an den Leiter Direktion der Justiz und des Inneren in sich, ging es doch um heiss diskutierte Themen wie das Hardturm-Stadion und Krawalle an Sportveranstaltungen, Ausländerkriminalität, Asylpolitik und Menschenhandel. So genoss auch Fehr – sichtlich dankbar für die kleinen Verschnaufpausen – die musikalischen Zwischenspiele von Elsbeth Schweizer (Akkordeonmusik und Gesang) und Christine Sommer (Flötenspiel und Gesang). Souverän antwortete der Adliswiler auch auf Publikumsfragen aus dem Stegreif, niemals um eine amüsante Bemerkung verlegen und gleichsam herrlich selbstironisch. Der Abend endete mit einem feinen «kleinen Happen» und, wer mochte, auch mit einem Schlückchen Wein.

Lange Ausdauer und klares Ziel

In einem voll besuchten Affoltemer Kulturkeller begrüsste Lisette Müller-Jaag, Präsidentin EVP Bezirk Affoltern, Gast Mario Fehr, bevor Daniel Sommer mit wohlwollenden Worten für den Adliswiler in den Polit-Talk einleitete. Fehr sei sowohl «berüchtigt» als auch «beliebt» für seine klare Kante, mit der er für stabile Verhältnisse sorge. Der Regierungsrat beschrieb sich daraufhin selbst. Er sehe sich als «Bergwanderer», mit langer Ausdauer, der immer ein klares Ziel vor sich sehe und mit gleichmässigem Schritt auf den Gipfel zugehe. «Die paar Dornbüsche, die es unterwegs hat, bugsiere ich dabei zur Seite», so Fehr. Eine Bemerkung, die natürlich an einem Anlass, organisiert von der EVP, gleich für Erheiterung im Publikum sorgte.

Von Blockaden und Krawallen

Bevor es an die – vermeintlich – heikleren Themen ging, eröffnete Eveline Fenner den ersten Themen-Block Sport. In Affoltern regt sich Widerstand gegen die geplante umfassende Erneuerung der Sportanlage Im Moos. Die Stadtpräsidentin schlug die Brücke zum Hardturm-Stadion, wo ein Neubau zwar im November 2018 von der Zürcher Stadtbevölkerung angenommen worden war, was jedoch bis jetzt durch Einsprachen und Rekurse blockiert wurde. Wie sich denn verhindern lasse, dass demokratische Mittel zu Blockaden missbraucht würden, war die Frage an Fehr. Dieser meinte resignierend, dass sich dies kaum verhindern lasse und die Gegner im Falle des Hardturm-Stadions hartnäckig seien, aber gebaut werde schlussendlich so oder so. Aus dem Aspekt der Sicherheit hält er den Neubau des Hardturm-Stadions denn auch für notwendig, da der Letzigrund so offen gebaut sei, dass er polizeilich nicht «gehärtet» werden könne, wie es im Fachjargon der Polizei heisst. An Infrastruktur fehlt es seiner Meinung nach nicht, wie von seinen Gesprächspartnern angesprochen, sie müsse aber besser genutzt werden.

Hingegen war man sich einig darüber, dass die Fussball-EM der Frauen im vergangenen Sommer als voller Erfolg gewertet werden könne. Dabei wurde in der Berichterstattung hervorgehoben, dass es doch auch ohne Krawalle gehe. Fehr relativierte: Man könne eine Frauen-EM nicht mit dem Clubfussball vergleichen. An einer Fussball-EM der Männer gäbe es schliesslich auch kaum Ausschreitungen. Es seien tendenziell andere Zuschauergruppen, und wenn man mit anderen Ländern vergleiche, dann seien die Krawalle in der Schweiz «harmlos». Nichtsdestotrotz sind Krawalle hinter der Bande und nach einem Spiel ein Problem. Da helfe nur eines, und Fehr zeigte seine klare Kante: «Täter härter bestrafen.» Allerdings ist er gegen weitere Massnahmen, stattdessen solle der Staat die bestehenden Regeln anwenden – einfach konsequenter.

Polizei muss Präsenz markieren

In Affoltern seien das Littering wie auch Vandalismus ein grosses Ärgernis, so Stadtpräsidentin Eveline Fenner zum Start in den zweiten Block zum Thema Sicherheit. Die Unsicherheit in der Bevölkerung wachse. Mario Fehr erklärte, dass tendenziell mehr Delikte verübt würden, aber er relativierte auch hier gleichzeitig mit dem Argument, dass auch mehr Menschen in der Schweiz wohnen würden. Interessanter findet er es, die Art der Delikte und die Täter genauer zu analysieren. Er zeigt zwar Verständnis für eine unterschiedliche Sozialisation, findet jedoch auch, dass es eine Gesellschaft nicht einnehmen darf. «Es gibt keinen Grund für irgendjemanden, kriminell zu werden – egal welcher Herkunft», so Fehr mit klarer Kante. Die Zahlen müssten ausgewertet werden, und es müssten entsprechende Massnahmen ergriffen werden. Fehr schlug einen Mix aus polizeilichen und sozialen Massnahmen vor: «Wir müssen als Polizei präsent sein im öffentlichen Raum.» Und dank der Unterstützung aus dem Kantonsrat sei es auch möglich, das Korps zu erweitern und noch mehr Polizisten in die ländlicheren Gebiete zu entsenden, um der Unsicherheit beispielsweise in Affoltern entgegenzuwirken: «Es ist beruhigend, zu sehen, dass die Polizei einfach da ist. Nicht immer erst, wenn etwas passiert, sondern bereits vorher.» Andererseits müsse eine vernünftige Sozialpolitik gemacht werden, da helfe es auch nur schon, Problemfälle mit Sport zu beschäftigen, wie Fehr an einem Beispiel verständlich machte. Wichtig sei jedoch vor allem eine gute Zusammenarbeit der Kantonspolizei mit den einzelnen regionalen Polizeiposten, und die sei gewährleistet.

Der Feststellung eines Zuschauers, dass die Polizeikosten für Affoltern deutlich weniger hoch wären, wenn die Kantonspolizei diese Arbeit wieder übernehmen würde, musste Fehr bejahen. Er monierte aber, dass billiger nicht zwingend besser sein würde, da die Stadtpolizisten eine gewisse Nähe zur Bevölkerung hätten. In Affoltern hat es momentan keinen gemeinsamen Posten, trotzdem sei die Zusammenarbeit gut. «Die Regionalpolizei befasst sich mit kleineren Delikten, die Kantonspolizei mit Mord und Totschlag», erklärte Fehr. Dieses Modell habe sich bewährt.

Russen destabilisieren gezielt

Dem dritten Block war im offenen Austausch und über Publikumsfragen bereits teilweise vorgegriffen worden. Fehr erklärte, dass momentan 20000 Asylverfahren offen seien und übte in diesem Zusammenhang offen Kritik an Bundesrat Beat Jans, der seine Aufgabe nicht mache. Er verwies auf das Asylgesetz vom Juli 2017, das im Kanton Zürich mit über 70 Prozent angenommen worden war. Laut diesem Gesetz müsste innert 140 Tagen über 60 Prozent der Gesuche entschieden werden. «Das wurde vom Bund schlichtweg nicht gemacht», bemängelt Fehr. Den Versuch, die Asylpolitik zu nutzen, um dem Fachkräftemangel Abhilfe zu leisten, sieht er als falschen Ansatz, da die heutigen Asylanten keine ausgebildeten Berufsleute seien, sondern teilweise sogar Analphabeten. «Der Kern des Asyls ist es, jemandem, der an Leib und Leben im eigenen Land verfolgt wird, Schutz zu geben. Fachkräfte sollten anders rekrutiert werden», führte Fehr aus. Im Zusammenhang mit der Asylproblematik lobt er aber die Einsatzbereitschaft der Züricher Gemeinden, denn der Normalzustand wären etwa 5000 laufende Asylverfahren. Das könnte ob der aktuellen Weltlage jedoch schwierig werden, da die Russen gezielt destabilisieren würden – klare Kante von Mario Fehr zum Dritten: «Flüchtlinge sind eine Waffe.» Die bürgerlich-liberalen und die bürgerlich-konservativen Kräfte müssten die Regierung unterstützen, damit das Asylrecht wieder ins Lot kommt, schloss Fehr.

Als Letztes wurde die Thematik des Menschenhandels von Eveline Fenner aufgerufen. Was könne konkret dagegen getan werden, und wie können die betroffenen Personen geschützt werden? «Dafür gibt es eine Fachstelle Menschenhandel, wo Betroffenen Schutz gewährt werden kann», antwortete Fehr. Ihm sei jedoch bewusst, dass das nur ein Tropfen auf den heissen Stein sei. In diesem Zusammenhang müsse auch eine Debatte über den Umgang mit Prostitution geführt werden. Dies hätte jedoch den Rahmen des Polit-Talks gesprengt, denn die Zeit war während der angeregten Diskussion und der musikalischen Unterhaltung wie im Flug vergangen. Dank leckerem Imbiss und Getränken, offeriert vom Veranstalter, konnten die Anwesenden sich jedoch mit Mario Fehr und untereinander gemütlich weiter austauschen.

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