«Der Schock im Verein sitzt tief»
Der Musikverein Hedingen wollte seinen Gästen ein Sommerkonzert bieten – am Schluss lagen zwei Männer im Spital. Vereinspräsident Thomas Graf erzählt, wie er das Unglück mit Mitgliedern und Angehörigen aufarbeitet.

Der Musikverein Hedingen hatte die Instrumente beiseite gestellt, der Abend zog sich in die Nacht hinein, als kurz vor 22 Uhr ein Mann in seinem Auto den Rückwärtsgang einlegte. Gemäss Mitteilung der Polizei rollte der 94-Jährige vom Parkfeld auf den Zwilliker Gemeindeplatz, rollte über vier Fahrräder, rollte schneller, direkt auf zwei Männer zu. Der eine (55) musste mit lebensbedrohlichen Verletzungen vom Festplatz geflogen werden, der andere (36) wurde mit mittelschweren ins Spital gebracht.
Was war soeben geschehen?
Um die juristische Aufarbeitung werden sich Polizei und Staatsanwaltschaft kümmern. Aber wer kümmert sich um die Sprachlosigkeit, die der Vorfall bei den Augenzeugen hinterlässt?
Gespräche statt Probe
«Mit so etwas rechnet man nie», sagte Thomas Graf am Dienstagabend am Telefon. Knapp 35 Personen spielen im Musikverein Hedingen mit, er ist der Präsident und als solcher bisher von Szenarien dieser Tragik verschont geblieben. Normalerweise treffen sich die Mitglieder wöchentlich zur Probe. Sind die Stücke geübt, sitzt man auch mal gemütlich beisammen, und steht im Dorf das nächste Ehe-Jubiläum oder der nächste runde Geburtstag an, gibt man unter Beifall zum Besten, was man in den Proben geübt hat. Ein Kreislauf des Frohsinns, der plötzlich kollabierte.
«Der Schock im Verein sitzt tief», sagt Graf, «was passiert ist, geht uns allen sehr nahe. Wir sind betroffen und sprachlos.» Ob es sich bei den Verletzten und beim Unfallfahrer um Mitglieder handelt, lässt er offen. Unabhängig von den Verbindungen zu den Involvierten war für ihn aber sofort klar, dass die Geschehnisse wieder hochkommen dürften, wenn sich die Mitglieder wiedersehen. Umso wichtiger schien ihm deshalb, dass der Vorfall intern thematisiert wird: «Wir hoffen, dass wir das Erlebte als Verein aufarbeiten können.»
In ihrer Mitteilung schrieb die Kantonspolizei Zürich von rund einem Dutzend Festbesucherinnen und Besuchern, die Zeugen des Unfalls geworden seien. Sie wurden am Freitagabend vor Ort in Zwillikon von «Care Kanton Zürich» betreut. Dabei handelt es sich um eine Organisation, die bei Ereignissen, Grossereignissen oder ausserordentlichen Lagen beigezogen wird und der Kantonspolizei Zürich angegliedert ist. Mitglieder von «Care Kanton Zürich» waren denn auch am Dienstagabend in Hedingen anwesend: Geplant war an diesem Tag eine Marschmusik-Probe; nun traf man sich, um gemeinsam über die Ereignisse zu sprechen. Die Zusammenkunft sei positiv verlaufen, sagte Thomas Graf am Donnerstagmorgen.
Wie es den beiden Verletzten und dem Unfallfahrer geht, ist nicht bekannt. Augenfällig ist dagegen: Im Juni ist es im Bezirk Affoltern bereits zu drei Unfällen gekommen, bei denen eine Seniorin oder ein Senior am Steuer sass.