Der Verkehr – politischer Dauerbrenner
Bisher konnte die Querung den Verkehr bewältigen. Wie lange noch?
Bei den Bauvorhaben rund um den Autobahnanschluss Affoltern war der Verkehr ein breitdiskutiertes Thema. Durch die Verhängung einer Planungszone und verschiedene Rekurse kam es mehrfach zu Verzögerungen, die wiederum zu Projektänderungen führten (siehe Haupttext).
Die Diskussionen starteten bereits im Herbst 2006, als «Hornbach» ankündete, einen grossen Baumarkt zu realisieren. Zu dieser Zeit war die Eröffnung der Autobahn A4 durchs Säuliamt noch drei Jahre entfernt, der Spatenstich zur Autobahnraststätte lag ebenfalls noch einige Monate in der Zukunft. Als im Januar 2007 bekannt wurde, dass auch die Migros mit dem «Albis-Park» ganz in der Nähe ein Hobby- und Freizeitzentrum bauen will, schritt die Politik ein. Im August 2007 verhängte Affoltern eine dreijährige Planungszone über das Gebiet Schwanden-Chalofen-Lindenmoos. Diese wurde später bis Juli 2011 verlängert.
Bauherrin muss jede Fahrt zählen
Die Gemeinde Affoltern nutzte die Zeit, um ein Verkehrskonzept zu erarbeiten. In der Folge wurden in den kommunalen und regionalen Verkehrsrichtplänen verschiedene Anpassungen vorgenommen, unter anderem wurde eine zusätzliche Autobahnüberführung (Spange) zur Verkehrsentlastung eingetragen. Um das Areal «Albis-Park» zusammenhängend zu überbauen, wurde die Moosbachstrasse 2013 verlegt – und damit der erste Teil einer möglichen «Spange» bereits realisiert. Gemäss der Abteilung Bau und Infrastruktur von Affoltern flossen die Erkenntnisse auch in die Bau- und Zonenordnung ein.
Im Juli 2013 erteilte die Gemeinde Affoltern die Baubewilligung für den «Albis-Park». Nach einem Rekurs der Bauherrin selbst verzichtete die Gemeinde auf die eigentlich vorgesehene Dosierungs-Regelung des Verkehrs. Allerdings wurde die Bauherrschaft dazu verpflichtet, die Zu- und Wegfahrten zum «Albis-Park» zu zählen. Würden diese 3000 Fahrten pro Tag überschritten, würde der «Albis-Park» damit zu einer sogenannt «verkehrsintensiven Einrichtung» und es gälte wieder die Dosier-Regelung. Im September 2015 folgte auch die Baubewilligung für «Hornbach». Dabei mussten verkehrstechnische Massnahmen wie ein Kreisel bei der Zufahrt und eine Verkehrsdosierungsanlage realisiert werden. Stündlich wurden 290 Fahrten erlaubt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ging damals von einer Verkehrszunahme von 8 Prozent aus. «Das Strassennetz kann den Hornbach-Verkehr bewältigen», heisst es darin.
Entwicklung schwer einzuschätzen
Die Frage, wie sich der Verkehr nun in den letzten Jahren entwickelt hat, lässt sich nicht ohne Weiteres beantworten. Das Verkehrsaufkommen rund um den Autobahnanschluss wird von verschiedenen Messstellen der Baudirektion Zürich erfasst. Ein eigentlicher Messpunkt vom Anschluss in Richtung Industriegebiet ist nicht vorhanden. Eine gewisse Tendenz lässt sich von der Messung beim EKZ-Unterwerk in Obfelden ablesen. Zwischen 2009 und 2019 ist der Verkehr an dieser Stelle von 12065 Motorfahrzeugen auf 17605 pro Tag gestiegen. Im Jahr 2020 gab es, vermutlich coronabedingt, einen Rückgang. Neuere Zahlen liegen aktuell nicht vor.
Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) kann zur aktuellen Situation keine Aussage treffen. Man sei in diesem abgeschlossenen Projekt nicht mehr aktiv, heisst es auf Anfrage. Der VCS hatte damals bei den Baubewilligungen Rekurse eingelegt, allerdings ohne Erfolg.
Für die Auswertung der Zu- und Wegfahrten bei den Fachmärkten ist gemäss den Baubewilligungen die Stadt Affoltern zuständig. Auf Anfrage erklärt Stadtschreiber Stefan Trottmann, dass man diese Zahlen derzeit nicht aktiv kontrolliere. Weiter sagt die Stadt, bekannt seien aktuell die üblichen, nach planerischem Verständnis vertretbaren Verkehrsaufstauungen vor Knoten in den Verkehrsspitzenstunden und bei temporären Baustellen auf den Hauptachsen.
Die Stadt Affoltern hält fest, dass der Bereich um den Autobahnanschluss maximal drei verkehrsintensive Einrichtungen vertrage. Dies heisst gemäss dem kantonalen Richtplan unter anderem, dass mehr als 3000 Personenwagen-Fahrten pro Tag stattfinden. In Affoltern zählt nur die Hornbach-Filiale als verkehrsintensive Einrichtung. In der Bau- und Zonenordnung der Stadt Affoltern wird zudem definiert, dass bei solchen Einrichtungen bei der Überschreitung von 4000 Zu- und Wegfahrten pro Tag gewisse Massnahmen zu treffen sind. So müssten unter anderem die Zahl der Parkplätze oder deren Preise angepasst werden.
Studie für zweite Autobahnquerung
Immer wieder kam in der Diskussion um den Autobahnanschluss auch eine zusätzliche Autobahnquerung zur Sprache. Dazu reichte der damalige Affoltemer Kantonsrat Hans Finsler im November 2021 beim Regierungsrat eine Anfrage ein. In seiner Antwort im Februar 2022 wies der Regierungsrat darauf hin, dass dafür ein Richtplaneintrag vorliege und das Trassee der Strasse im Gebiet mit Baulinien gesichert worden sei. Bereits durchgeführte Untersuchungen hätten aber aufgezeigt, dass der Nutzen einer zweiten Querung eher gering ausfallen würde. Dazu kämen erhebliche Eingriffe in bestehende Wohngebiete und in schützenswerte Räume. Der Regierungsrat ging aber darauf ein, dass untersucht werden soll, ob die bestehende Fuss- und Veloquerung auch für den Postauto-Verkehr benutzt werden kann. Auf dieser Grundlage soll auch ein ÖV-Konzept entstehen, welche die Erschliessung der Fachmärkte ermöglicht.
Eine Kehrtwende folgte im Juni 2023: Nun gab das Zürcher Amt für Mobilität bekannt, dass man eine Planungsstudie für eine zweite Autobahnquerung in Auftrag gegeben habe. Auf Anfrage des «Anzeigers» heisst es bei der Amtsstelle, zur Zeit würden erst die Vorbereitungen für die Studie laufen. Die benötigten Verkehrsgrundlagen lägen im Herbst 2023 vor, wenn die Verkehrszahlen zum neuen Zubringer in Obfelden/Ottenbach zur Verfügung stehen. Danach werde mit der Studie begonnen. Sie wird rund ein Jahr dauern.