Dichterwettstreit in der Galerie
Acht Slam-Poeten massen sich am vergangenen Samstagabend in der Galerie Märtplatz in Affoltern beim Dichterwettstreit. Ihnen hingen rund 110 Zuhörer an den Lippen.
Moderator Simon Chen begrüsste bereits zur neunten Ausgabe des Poetry Slams in Affoltern. «Schön, wenn man zusammen alt werden kann», meinte er. Zuvor wurden Notensets an sieben jurywillige Besucher verteilt. Ihre Bewertung würde später entscheiden, wer in den Final des Dichterwettbewerbs einzieht. Jeweils die höchste und die tiefste Note wurden gestrichen. Die wichtigste Regel, erklärte Simon Chen, sei: «Respect the Poet». Für die Wortkünstler galt es, die sechs Minuten Redezeit nicht zu überschreiten, ohne Requisiten zu arbeiten und selbstgeschriebene Texte vorzutragen. Simon Chen eröffnete, als «Opfer» ausser Konkurrenz, mit dem Dialog eines jungen Pärchens, dessen Ausgang sich trotz Babysitter nur um das alleingelassene Töchterchen dreht. Derweil sassen die acht Slam-Poeten aus der ganzen Deutschschweiz auf der langen Bank und warteten mehr oder weniger angespannt und konzentriert auf ihren Auftritt. Keiner wusste, wann er auf die Bühne musste.
Mundart kommt an
Es war Dominik Muheims Namen, den Simon Chen als erstes Los zog. Der junge Baselbieter trat etwas nervös auf die Bühne. Seine Geschichte handelte von einem an der Ampel scheiternden Date. Die Erzählung in Dialekt und mit viel Wortwitz brachte ihm viel Applaus und auch die nötigen Jurypunkte, um die erste Runde zu überstehen. Es zeigte sich schnell, dass beim Affoltemer Publikum, in Mundart erzählte und nachvollziehbare Geschichten am besten ankamen. Doch zu «sauglatt» durften diese auch nicht sein. Etwas enttäuscht schien deshalb Fehmi Tamer. Seine Geschichte vom «Super-Damian», die er mit viel Mimik darstellte und die rundum für Lacher sorgte, wurde von der Jury nicht belohnt. Wohl auch deshalb, weil er die sechs Minuten Redezeit überzog. Auch für den Schnellsprecher Marco Manobianco war nach der ersten Runde Schluss. Nicht besser erging es den beiden Frauen, Marguerite Meyer und die in Mettmenstetten aufgewachsene Rhea Seleger. Sie konnten sich nun in der knapp zwanzigminütigen Pause entspannen und den stimmungsvollen Klangteppich von DJ Ironneck geniessen.
Wortwitz siegte über Mitmach-Text
Claude Ziehbrunner bewies in der zweiten Runde, weshalb er verdient in den Halbfinal gewählt wurde. Gefiel seine erste Darbietung, eine laute politische Insenzenierung, nicht allen gleich gut, holte er mit der haarigen Geschichte um den Coiffeur Bob Hairspray viel Sympathie. Jonas Balmers Brieffreundschaft mit sich selbst brachte ihn ins Halbfinale, wo er sich als wahrer Wortakrobat entpuppte und sich ins Finale sprach. Dominik Muheim verpasste diesen, auch wenn seine Geschichte den Zuhörer sehr bildhaft in die Szenerie entführte. Einer, dem dies ebenfalls vom ersten Auftritt an gelang, war Michael Frei. Mit viel Wortwitz und in Berndeutsch entführte der Medizinstudent mit seiner «Hommage ans Grosi» an den sonntäglich gedeckten Tisch. Im finalen Durchgang nahm er Veganer und Social-Media-Umweltschützer auf die Schippe, während sein Kontrahent Jonas Balmer die Zuhörer an einem Lückentext mitmachen lassen wollte. Das Publikum, mehrheitlich gesetzteren Alters liess sich lieber unterhalten. Im Final zählten nämlich keine Jurypunkte mehr, sondern der Applaus des Publikums, und dieser fiel in der Stärke eindeutig für Michael Frei aus. Der Siegerpreis eines Poetry Slams ist traditionell eine Flasche Whisky. Michael Frei öffnete sie sogleich und reichte sie nach einem kräftigen Schluck seinen Mitbewerbern. Er habe schon immer gerne geschrieben. Irgendwann sei er dann an die «falschen» Leute geraten, erklärte er verschmitzt, wie er in die Poetry-Slam-Szene gerutscht sei.