«Die Dorfstrasse soll keine Grenze sein»
Im Herbst verschickte die SP Obfelden eine Umfrage in alle Dorfhaushalte. Nun wurden am vergangenen Mittwoch die Ergebnisse präsentiert. Nach einer Einschätzung durch Nationalrätin Priska Seiler Graf wurden Ideen und Anregungen zusammengetragen.

Wie soll die Dorfstrasse in Zukunft aussehen? Wie schnell soll sie noch befahren werden? Und von wem? Mit diesen Fragen beschäftigt sich seit mehreren Jahren ein Projektteam des Gemeinderats. Und: Mit diesen Fragen beschäftigten sich im vergangenen Herbst auch zahlreiche Obfelderinnen und Obfelder. Möglichkeit dazu gab es nicht nur beim Lesen des Sonderbulletins, das die Gemeinde im November herausgegeben hatte. Auch die SP Obfelden war mit einer Umfrage aktiv geworden, die sie zur selben Zeit in alle Dorfhaushalte verschickte. «Was erhoffen Sie sich von einer verkehrsberuhigten Dorfstrasse?», «Welche Tempolimite soll auf der Dorfstrasse zwischen Volg und Brunnmatt gelten?», oder «Soll auf der Dorfstrasse ein Fahrverbot für Lastwagen (...) gelten?», wollten sie von den Einwohnerinnen und Einwohnern wissen – 476 Personen gaben Antwort.
«Mehr Sicherheit und Lebensqualität»
Im Dezember war bereits eine Zusammenfassung der Ergebnisse veröffentlicht worden, nun war es am vergangenen Mittwochabend Zeit, die Ergebnisse vor Publikum zu präsentieren und darüber zu diskutieren. Rund 60 Gäste fanden dazu den Weg in das Mehrzweckgebäude Brunnmatt. Durch den Abend führten Maria Kapossy und Rolf Vollenweider, die sich das Parteipräsidium der SP Obfelden teilen. Als Gast eingeladen war Nationalrätin Priska Seiler Graf. Sie hatte sich während ihrer Zeit als Stadträtin in Kloten intensiv mit Tempo-30-Zonen auseinandergesetzt. Vom Obfelder Gemeinderat war Isabelle Egger anwesend – allerdings nicht in ihrer offiziellen Funktion, sondern als SP-Mitglied.
Zum Auftakt stellte Maria Kapossy die Ergebnisse der Umfrage vor. 474 von 476 Antworten konnten berücksichtigt werden. Dabei gaben drei Viertel der Befragten an, dass sie sich von der Dorfstrasse in Zukunft weniger Lärm, mehr Lebensqualität, mehr Sicherheit für Velofahrerinnen und -fahrer sowie einen sicheren Schulweg erhoffen. Auch ein Restaurant und Platz für Menschen und Zusammenkünfte wurden gewünscht, und zum künftigen Erscheinungsbild der Strasse wurden ein «dörflicher Charakter», eine Begrünung oder auch «Bäumli und Bänkli» angeregt. 69 Prozent befürworten gemäss Umfrage, dass zwischen Volg und Brunnmatt Tempo 30 eingeführt wird. Die restlichen 31 Prozent wünschen sich, dass die offizielle Tempolimite bei 50 km/h bleibt. Eine Begegnungszone beim Schulhaus Chilefeld können sich 47 Prozent der Befragten vorstellen, während dies für 41 Prozent nicht in Frage kommt und zwölf Prozent unschlüssig sind. Ein Lastwagenverbot befürworten 78 Prozent der Befragten, 19 Prozent lehnen dies ab, und drei Prozent sind unschlüssig.
«Eine einmalige Chance»
«Eine Strasse, die abklassiert wird, ist eine einmalige Chance», sagte Priska Seiler Graf, als das Wort an sie übergeben wurde. Was die Meinungen zu Tempo-30-Zonen betreffe, habe «der Wind in den vergangenen Jahren gedreht». Die Vorteile seien unbestritten: Mehr Sicherheit und weniger Lärm führten zu mehr Aufenthaltsqualität und einem höheren Verkehrsfluss. Es gebe allerdings auch zwei Irrtümer: Alleine mit der Beschilderung sei es nicht getan: «Tempo-30-Zonen brauchen in der Regel bauliche Massnahmen», so Priska Seiler Graf. Deren Wirksamkeit gelte es zu kontrollieren und nötigenfalls auszubauen, bis die Tempolimite eingehalten werde. «Und», auch das sei ein verbreiteter Irrtum, «Sie alleine entscheiden nicht, und auch nicht der Gemeinderat.» Dass es dem Kanton obliege, Tempo-30-Zonen zu bewilligen, wüssten viele nicht. Doch je überzeugter eine Gemeinde auftrete, desto höher sei die Chance, dass das Vorhaben bewilligt werde.
Zur Situation in Obfelden sagte Priska Seiler Graf, die Dorfstrasse sei zwar eine Durchgangsstrasse, sie habe jedoch «Potenzial für Tempo 30, damit die Autofahrenden die Umfahrung wirklich benützen.» Schwierig seien solche Umgestaltungen für den öffentlichen Verkehr, doch auch hier gebe es Lösungen, damit die Anschlüsse gewährleistet seien. Weniger infrage kam für Seiler Graf eine Begegnungszone. Bei dieser hätte der nicht motorisierte Verkehr Vortritt. «Aber Tempo 30 ist ein gangbarer Weg, der viel zur Lebensqualität beiträgt.» In der anschliessenden Diskussion meldete Primarschulpflegemitglied Benno Steinmann Bedenken an, dass bei einer Tempo-30-Zone keine Fussgängerstreifen mehr vorgesehen wären. Bei Schulhäusern seien Ausnahmen möglich, so Priska Seiler Graf. Weiter Thema waren Tempo-30-Strecken oder die geplanten Bordsteine. Ausserdem wurde über das weitere Vorgehen gesprochen, um der Obfelder Bevölkerung mehr Mitsprache bei der Gestaltung der Dorfstrasse zu ermöglichen.
Im Anschluss fanden an den Tischen Diskussionen statt, ehe die offenen Fragen und Anregungen aufgeschrieben und vorgetragen wurden. Sie kamen zahlreich: Wenig überraschend wurden wiederum Tempo 30 und ein Lastwagenverbot gefordert, genauso wie ein sicherer Schulweg. Ein lärmarmer Belag war Thema, aber auch der Knotenpunkt «Kreuzstrasse», an dem es in Sachen Lärmschutz ebenfalls noch offene Fragen gebe. «Die Strasse», so das Votum an einem der Tische, «soll nicht eine Grenze sein, sondern einladen, dass man sich begegnen kann.»