Die Kosten der Transformation

An der Generalversammlung der Spital AG erhielten die Aktionärsvertreter der Bezirksgemeinden einen Überblick über das letzte Jahr und die Zukunftspläne. Nach der ­Sicherung der ­Leistungsaufträge geht es nun an die Raumplanung.

Im «Haus Lindenberg» wird Platz geschaffen für die Gerontopsychiatrie. Das neue Angebot an der Schnittstelle zwischen den Kernkompetenzen Altersmedizin und Psychiatrie soll Anfang 2024 den Betrieb aufnehmen. (Bild Thomas Stöckli)
Im «Haus Lindenberg» wird Platz geschaffen für die Gerontopsychiatrie. Das neue Angebot an der Schnittstelle zwischen den Kernkompetenzen Altersmedizin und Psychiatrie soll Anfang 2024 den Betrieb aufnehmen. (Bild Thomas Stöckli)

Dass fürs Spital Affoltern in dem Jahr, in dem es sich von der Chirurgie verabschiedet hat, ein Verlust resultieren würde, kam nicht überraschend. Alles in allem habe der Wegfall der Einnahmen bei fortlaufenden Ausgaben fast 3,1 Mio. Franken gekostet, rechnete Mathias Rechsteiner, Finanzverantwortlicher in der Spital-Geschäftsleitung, vor. Den 113000 Franken Lohneinsparungen durch vorzeitige Abgänge stehen 437000 Franken Sozialplan-Rückstellungen gegenüber. «Es wird eine grosse Herausforderung sein, dieses Jahr wieder an eine schwarze Null heranzukommen», stellte Stefan Gyseler, VR-Präsident des Spitals Affoltern, klar: «Wir sind mitten in einer Transformation.»

Wachstum in der Altersmedizin

Auf dem eingeschlagenen Weg zur Spezialisierung auf Altersmedizin und Psychiatrie im stationären Bereich sind zumindest positive Trends festzustellen. Die Akutgeriatrie und Palliative Care konnten um je 15 Prozent zulegen. Und auch die Komplexität der Fälle steigt in beiden Bereichen deutlich, was sich ­direkt auf den Ertrag niederschlägt. Ein «sehr positives Ergebnis» von 3,95 Mio. Franken durfte Mathias Rechsteiner für die Bereiche Akutgeriatrie und Palliative Care vermelden.

Anderes bereitet derweil Sorgen: «In der Inneren Medizin sind wir noch am Rudern», hielt der VR-Präsident fest. In diesem aktuell defizitären Bereich hat das Spital Affoltern vom Regierungsrat nur einen auf drei Jahre befristeten Leistungsauftrag erhalten. Was genau im Sinne der Grundversorgung und als Voraussetzung der Altersmedizin weitergeführt werden kann, wird derzeit noch evaluiert und mit der Gesundheitsdirektion ausgehandelt.

Teure Ungewissheit

Die Beispiele der Geburtsabteilung und der Chirurgie haben gezeigt: Fällt ein defizitärer Bereich weg, ist der finanzielle Effekt nicht nur positiv, stützen sich doch die Fixkosten für den Gesamtbetrieb dann auf weniger Pfeiler ab. Um das stemmen zu können, müssen andere Disziplinen hochgefahren werden. Und manches scheint für die wohnortnahe Grundversorgung unverzichtbar, etwa der Notfall als Anlaufstelle.

Auf die Rechnung gedrückt hat ­weiter der Fachkräftemangel, welcher die Kosten für Temporärpersonal in die Höhe schnellen lässt. Im Jahr 2022 ­führte das zu Mehrkosten von 600000 Franken, auch weil von Mitte März bis Ende August 2022 unklar war, ob das Spital überhaupt eine Zukunft haben würde.

Auf der Einnahmenseite fällt derweil weniger an für Leistungen, die das Pflegezentrum Sonnenberg vom Spital Affoltern bezieht. Einige Dienstleistungen fallen komplett weg, andere wurden neu verhandelt. Als «Hypothek» bezeichnete Stefan Gyseler zudem das 100-jährige Gebäude: «Nochmals 100 Jahre wird es nicht schaffen», hielt er fest und ­führte unter anderem die Zimmer ohne eigene Nasszelle auf. Da sei es schwierig, mit anderen Spitälern zu konkurrenzieren.

«Letztes Jahr mussten wir ums Überleben kämpfen», blickte Stefan Gyseler zurück. Das sei sehr gut gelungen, konnte sich das Spital Affoltern doch aus der Perspektive der Gesundheitsdirektion vom Schliessungskandidat zum Vorbild für beispielhafte Zusammenarbeit mausern. Besonders gut kommt die Konzentration auf die Kernkompetenzen an, die über die Region hinaus gefragt sind. Dies bei gleichzeitigem Ausbau der Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen. Letztere ermöglichte unter anderem die Fachbereiche Urologie und Neurologie, den Rettungsdienst, die Erweiterung der Radiologie sowie das Dialysezentrum auf dem OVA-Areal, zu dem Anfang Juli noch ein Zentrum für Pneumologie und Schlafmedizin dazukommen wird (siehe Text unten). In der Person von Marcus Hesse habe man einen ausgewiesenen Spezialisten gewinnen können, so Spitaldirektor ­Lukas Rist.

Nun an die Raumplanung

Mit der Planungssicherheit der Leistungsaufträge für die nächsten zehn Jahre in der Tasche rückt fürs Spital Affoltern nun die Raumplanung in den Vordergrund: Braucht es ein komplett neues Spital oder reichen Teilneubauten und Sanierungen? Wie können die Investitionen finanziert werden? Dazu will das Spital in den nächsten zwei, drei Jahren einen Masterplan entwickeln. Bis zur Umsetzung von Massnahmen dürfte es noch einige Jahre länger dauern.

In der Zwischenzeit herrscht keine Untätigkeit. Unter anderem geht es nun darum, die Demenz-/Delirstation ins Haupthaus zu zügeln, damit im Haus Lindenberg Raum frei wird für das neue Angebot Gerontopsychiatrie. Dieses soll Anfang 2024 den Betrieb aufnehmen, so Lukas Rist. «Wir konnten bereits erste gute Leute rekrutieren», verriet er weiter. Dies obwohl der Personalmarkt in der Psychiatrie noch stärker austrocknet ist als andernorts. Trotz veralteter Infrastruktur hat das Spital Affoltern als Arbeitgeber offenbar etwas zu bieten. Ein Faktor dürfte dabei sicher die ausgeprägte interprofessionelle und interdisziplinäre Zusammenarbeit sein.

Volle Zustimmung an der Spital-Generalversammlung

Das Stimmrecht der Gemeinden in der Spital-AG richtet sich nach der jeweiligen Beteiligung. Um auch bei engen Entscheidungen den Überblick behalten zu können, hatte der Verwaltungsrat extra eine entsprechende Tabelle erstellt. Als zum Versammlungsstart die Aktionärsvertreter von Knonau und Obfelden fehlten, begann das grosse Rechnen. Und als dann die Vertreterin von Knonau etwas verspätet dazustiess, gleich nochmals.

Den Aufwand hätte man sich sparen können: Elf Geschäfte standen auf der Traktandenliste. Zu neun davon galt es einen Beschluss zu fassen – unter anderem die Jahresrechnung mit ­einem Verlust von 2,848 Mio. Franken, der Jahresbericht und die Décharge­erteilung an den Verwaltungsrat –, was jeweils einstimmig im Sinne des ­Antrags erfolgte. Nach einer guten Stunde konnte Verwaltungsratspräsident Stefan Gyseler die Versammlung bereits wieder schliessen, wobei das Traktandum 11 mit Informationen zu Positionierung, Raumplanung und ­aktuellen Zahlen allein so viel Zeit in Anspruch nahm wie alle vorangegangenen Traktanden zusammen. (tst.)

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