Die markante Feldsteinmauer als Sinnbild
Die Aussenwohngruppe des «Brotchorb» ermöglicht bis zu fünf jungen Menschen das Erproben von Selbstständigkeit. Für die temporären Wohnplätze konnte nun unweit des Hauptbetriebs ein Neubau bezogen werden.

Sie ist das Prunkstück des neuen Wohnhauses an der Hinterbuchenegg, die talseitige massive Feldsteinmauer, gezeichnet vom Leben und letztes Erinnerungsstück an ein älteres Haus. «Sie hat uns aber auch viel Zeit gekostet», verrät Moritz Arbenz, Geschäftsleiter des «Brotchorb».
Der Entwicklungsprozess des 3,3-Millionen-Franken-Projekts startete vor über zehn Jahren, sieben Jahre ist es her, seit die Stiftung das Grundstück mit dem damaligen alten Bauernhaus und Stall nach intensiven Verhandlungen erwerben konnte. Ein Rekurs um die schützenswerte Mauer bremste das Projekt weiter aus, dann erwies sich auch die Fundierung und Stabilisierung der genannten Mauer als aufwendig und anspruchsvoll und schliesslich verzögerte der noch fehlende Zugang den Bezug um ein weiteres halbes Jahr. So spricht Arbenz von einem «sehr langsamen Projekt», einem, das über die Jahre gereift sei, sich entwickelt habe – nicht zuletzt auch dank Reibungen mit Nachbarn und der Gemeinde.
«Boden unter den Füssen»
Das neue Haus ist Teil der «Puureheimet Brotchorb». Die Stiftung will Menschen mit einer psychischen Erkrankung, Suchtmittelabhängigkeit oder Kombination aus beiden Faktoren wieder «Boden unter den Füssen» geben, sie ertüchtigen, ihren Lebensalltag wieder zunehmend in Eigenregie zu meistern und lebenspraktische Fähigkeiten auszubauen. Im Zentrum steht dabei ein biologisch-dynamisch geführter Bauernhof mit Tagesstruktur und Arbeitsangeboten in Landwirtschaft, Garten, Unterhalt und Hauswirtschaft. Der Aussenwohngruppe kommt als eine Art «Sprungbrett nach aussen» die Rolle zu, das Erproben von Selbstständigkeit zu ermöglichen. Das Angebot war zuletzt auf die Buchenegg ausgelagert, nun konnten die fünf Wohnplätze in die unmittelbare Nähe des Haupthauses zurückgeholt werden.
Die markante Mauer war also einerseits Hemmnis, andererseits ist sie es, die dem Neubau nun Charakter gibt, ja, symbolhaft für die «Puureheimet Brotchorb» steht, wie Beatrice Gfeller, seit Mai neue Stiftungsratspräsidentin, ausführte: «Wenn die Bewohner kommen, sind sie ‹bröckelig›, wie die alte Mauer.» Der «Brotchorb» verhelfe ihnen dann zu einem Fundament, auf dem sie selbstständig weiter aufbauen können. Ursprünglich waren im Neubau ergänzend zur Aussenwohngruppe zwei Mitarbeiterwohnungen vorgesehen. Mangels Nachfrage wurden diese nun allerdings extern vermietet. «So kommt neues Leben auf die Hinterbuchenegg», meinte der Geschäftsleiter.
Die Umgebungsgestaltung ist noch in Arbeit
Mit dem traditionellen «Glöggli» hat Arbenz den Festakt zur Eröffnung der Aussenwohngruppe lanciert. Ein Ritual, das Wirkung zeigte und ihm die Aufmerksamkeit der Anwesenden bescherte. Er könne es selber kaum glauben, dass nun alles fertig sei, wobei sich das «alles» auf das Gebäude selber beschränkt. Für die Vorstellung der Umgebung mit dem Velounterstand braucht es noch etwas Fantasie. Darüber schaute die Festgemeinde aber grosszügig hinweg und richtete den Fokus stattdessen auf den Neubau mit seinen dicken Mauern, die sich angenehm aufs Raumklima auswirken. Im ansonsten eher nüchternen Innern sind es Holz-Elemente, die Akzente setzen. Und auch die Nachhaltigkeit wurde berücksichtigt: Eine Solaranlage auf der Dach-Südseite liefert mehr Strom, als verbraucht wird und das Regenwasser vom Dach findet für die WC-Spülung und Vorwäsche Verwendung.
Angerissen und zusammen mit Architekt Max Müller aufgegleist hat das Neubauprojekt Sepp Thalmann, langjähriger, inzwischen pensionierter Gesamtleiter. Er liess es sich nicht nehmen, einige Erinnerungen zur Entstehungsgeschichte des Neubaus zu teilen, etwa die Verhandlungen mit Kari Leuthold, dem Vorbesitzer des Grundstücks. Danach bot sich den geladenen Gästen Gelegenheit, die neuen Räumlichkeiten zu begehen oder sich beim Apéro im Gemeinschaftsraum unter dem Dach auszutauschen. Dazu gab es meditative Klänge vom «Hang», einem Blechschalen-Instrument mit verschiedenen Klangfeldern.
Dem Haus nun einen Geist geben
Nun müsse man dem Haus einen Geist geben und Geschichten schreiben, die in Erinnerung bleiben, hatte Stiftungsratspräsidentin Beatrice Gfeller in ihrer Ansprache gefordert. Ein erster Schritt scheint mit dem Eröffnungsanlass bereits geschafft. Die Wohnungen sind vermietet, in die Aussenwohngruppe sind vorerst zwei Personen eingezogen. «Sie sollen erst ankommen», so Moritz Arbenz, dann werden weitere Leute dazukommen – Interessenten gebe es bereits.