Die Projektplanung für ein Gymnasium in Affoltern läuft
Seit Jahren setzen sich lokale Politikerinnen und Politiker für ein Gymnasium im Knonauer Amt ein. Der Regierungsrat hat mehrfach abgeblockt unter dem Einwand, die Schülerzahlen im Bezirk seien zu tief. Eine Potenzialstudie kam jedoch zu einem anderen Schluss. Nun hat die Bildungsdirektion im Mai mit der Planung eines Provisoriums begonnen. In fünf Jahren könnte es stehen.

Die Idee einer eigenen Kantonsschule beschäftigt das Knonauer Amt seit mehreren Jahren. Ab 2012 wandten sich die Standortgemeinde Affoltern oder die Zürcher Planungsgruppe Knonaueramt (ZPK) mehrfach an die damalige Bildungsdirektorin Regine Aeppli. Es folgten eine überparteiliche Anfrage im Jahr 2015, die der Regierungsrat abschlägig beantwortete und eine Petition mit rund 4000 Unterschriften, die breit abgestützt war und die man im Februar 2017 der Staatskanzlei übergab. Erneut winkte der Regierungsrat ab: Im Bezirk Affoltern gebe es zu wenige Mittelschüler für ein eigenes Gymnasium.
In der Folge reichten Kantonsrat Daniel Sommer (EVP) und die damaligen Kantonsratsmitglieder Moritz Spillmann (SP) und Susanne Leuenberger (SVP) im Oktober 2017 ein Postulat mit einer neuen Idee ein: Der Kanton solle das Schülerpotential einer interkantonalen Mittelschule prüfen, also einer Mittelschule, die auch von Zuger und Aargauer Schülerinnen und Schülern besucht werden könnte. Zweieinhalb Jahre später, im Mai 2020, wurde der Vorstoss vom Kantonsrat überwiesen.
Schülerzahlen im Bezirk sind viel höher als angenommen
Inzwischen hat der Regierungsrat die Ergebnisse veröffentlicht. Darin kommt die Bildungsdirektion zum Schluss, dass die Schülerzahlen im Knonauer Amt stärker angestiegen sind, als die Behörde das noch im Jahr 2015 prognostiziert hatte. Damals rechnete man für eine neue Mittelschule im Knonauer Amt mit 330 Schülerinnen und Schülern – bis 2040. In ihrer neusten Analyse kam die Bildungsdirektion nun zum Schluss, dass bis 2035 mit 800 Mittelschülerinnen und -schülern zu rechnen sei.
Daniel Sommer und Clemens Grötsch, die sich beide seit Jahren für den Mittelschulstandort Affoltern einsetzen, zeigten sich über die neusten Ergebnisse erfreut, wenn auch nicht überrascht: «Wir hatten grosse Zweifel an den Prognosen, die man 2015 zu den Schülerzahlen gestellt hat. Umso erfreulicher ist es, dass der Bedarf an einer neuen Mittelschule nun erkannt wurde», so Daniel Sommer.
Mit einem eigenen Gymnasium können nicht nur die öffentlichen Verkehrsmittel entlastet werden, es entstehen auch neue Arbeitsplätze. «Die Region profitiert in vielerlei Hinsicht und gewinnt an Attraktivität», ist Clemens Grötsch überzeugt.
Geprüft wurde in der Potenzialanalyse zudem die Möglichkeit einer interkantonalen Mittelschule, die auch Schülerinnen und Schüler aus den Kantonen Zug oder Aargau aufnimmt. Eine solche hält die Bildungsdirektion für nicht optimal. Zum einen seien die Schülerzahlen aus diesen Regionen überschaubar, ausserdem erachtet man eine gemeinsame Betriebsführung als schwierig: wegen der Finanzierung, aber auch wegen unterschiedlicher Schulsysteme.
Da die prognostizierte Schülerzahl aus dem Bezirk Affoltern ohnehin ausreiche, biete es sich an, das künftige Gymnasium in Affoltern als Filiale der Kantonsschule Limmattal (KSL) zu führen. Nicht nur Stundentafeln, Schullehrpläne und weitere Strukturen könnten damit von der KSL übernommen werden: Die Filialschule liesse sich auch schneller umsetzen, ein Schulbetrieb in Affoltern wäre damit früher möglich.
Provisorium könnte auf das Schuljahr 2024/25 in Betrieb sein
Was heisst das konkret? Im Bericht zuhanden des Regierungsrates schreibt die Bildungsdirektion, der Aufbau einer neuen Mittelschule unter der Führung der KSL sei eine Möglichkeit, die geprüft werde. Tatsächlich hat sie im Mai beim Immobilienamt eine Bestellung für ein Schulraumprovisorium ausgelöst, wie die Medienstelle auf Anfrage schreibt. Der Eintrag im Richtplan soll von «langfristig» auf «kurzfristig» geändert werden, so könnte innerhalb von fünf Jahren gebaut werden. Der Stadtrat Affoltern hat diesem Vorgehen im August zugestimmt, wie Clemens Grötsch bestätigt.
Offen ist, wo das Provisorium gebaut würde. Der Kanton besitzt in der Nähe des «Goldigen Bergs» ein Grundstück, doch auch das Giessenareal, auf dem aktuell das «Seewadel»-Provisorium steht, war in der Vergangenheit als Standort im Gespräch. Für Clemens Grötsch wären auch andere Grundstücke denkbar, die Standortfrage gelte es nun in Zusammenarbeit mit der Baudirektion näher zu eruieren. Die Gespräche sind noch nicht angelaufen.
Bis in Affoltern Schülerinnen und Schüler aufs Gymnasium gehen, braucht es nochmals etwas Geduld. Frühestens werde das auf das Schuljahr 2024/2025 der Fall sein, bestätigt die Bildungsdirektion und formuliert es zurückhaltender: Das Ziel sei, die neue Filiale zwischen 2026 und 2028 in Betrieb zu nehmen.