Einmal durchfahren? Macht 100 Franken

Wäre ein Bussen-Regime wie in Birsfelden BL auch im Säuliamt denkbar – etwa in Obfelden?

Trotz Umfahrungsstrasse ist die Durchfahrt durch Obfelden nach wie vor schneller, weil die flankierenden Massnahmen noch nicht umgesetzt sind. Blick auf den Dorfeingang im Süden. (Bild Livia Häberling)

Trotz Umfahrungsstrasse ist die Durchfahrt durch Obfelden nach wie vor schneller, weil die flankierenden Massnahmen noch nicht umgesetzt sind. Blick auf den Dorfeingang im Süden. (Bild Livia Häberling)

Dass Dörfer mit Ausweich- und Durchgangsverkehr zu kämpfen haben, ist weder selten noch neu. Ungewohnt – und deshalb seit einigen Tagen Thema in den nationalen Medien – ist allerdings, wie sich die Grenzgemeinde Birsfelden (BL) das Problem vom Hals geschafft hat: Wer versucht, dem Stau auf der nahegelegenen Autobahn A2 auszuweichen und das Dorf in weniger als 15 Minuten durchquert, wird seit Mitte September mit 100 Franken gebüsst. Ausnahmen gibt es für Einheimische, Linienbusse oder Blaulichtfahrzeuge.

Kontrolliert wird das Regime mithilfe von Kameras. Das Bussenvolumen soll gemäss «Blick» gewaltig sein: 1000 Verstösse wurden in den ersten Tagen registriert – pro Tag. Danach pendelte sich die Zahl bei 600 bis 800 Bussen ein. In einer Zwischenbilanz war jüngst von mittlerweile 20000 Bussen die Rede, was Einnahmen von rund zwei Millionen Franken entsprechen würde.

Das Vorgehen der Gemeinde Birsfelden polarisiert: «Wir wollen nicht zurück zu den Wegzöllen von früher. Das wären ja Verhältnisse wie im Mittelalter», kritisierte Birgit Kron von der TCS-Sektion beider Basel in der Basler Zeitung, und Monika Simmler, Assistenzprofessorin für Straf-, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität St.Gallen, schrieb auf LinkedIn, es gebe «berechtigte Zweifel», ob die automatische Durchfahrtskontrolle verfassungskonform sei.

Keine Sorge zur Umsetzbarkeit in Cham

Das Vorgehen von Birsfelden mag auf manche wie ein Schnellschuss wirken. Doch auch andere Gemeinden planen ähnliche Regimes. So etwa die Gemeinde Cham im nahegelegenen Kanton Zug. Ab 2027, wenn die Umfahrung Cham-Hünenberg dem Verkehr übergeben wird, soll im Zentrum ein ähnliches Modell eingeführt werden.

Der Clou: Das Zeitlimit − also die Verweildauer von zehn Minuten − ist so definiert, dass das Befahren der geplanten Umfahrungsstrasse in jedem Fall schneller wäre als der Schleichweg durch das Dorf.

Trotz der Fragen, die in Birsfelden zur Rechtmässigkeit des Vorgehens aufgetaucht sind, hat die Baudirektion des Kantons Zug keine Sorge, dass das geplante Durchfahrtsregime in Cham nicht umsetzbar sein könnte: «Die Baubewilligung für die Umfahrung Cham-Hünenberg inklusive flankierende Massnahmen wurde durch die Baudirektion des Kantons Zug rechtskräftig erteilt», erklärt Baudirektor Florian Weber auf Anfrage. Darin enthalten seien auch die Tempo-30-Zone und das Fahrverbot mit der Ausnahme einer Mindestaufenthaltsdauer von zehn Minuten. Die Sicherheitsdirektion habe die Signalisation und Markierung verfügt.

Der Weg durch Obfelden ist schneller

Eine Umfahrung, wie Cham sie demnächst erhält, hat Obfelden bereits. 80 Millionen Franken hat sie gekostet, im Juni 2023 wurde sie dem Verkehr übergeben. Jüngst veröffentlichte die Baudirektion Zürich erstmals Zahlen: Im Vergleich zum Jahr 2019 ist das Verkehrsaufkommen im Dorf mittlerweile von 6000 auf 4000 Fahrzeuge pro Tag gesunken. Allerdings ist der motorisierte Verkehr bis heute schneller, wenn er mit den erlaubten 50 km/h durch Obfelden fährt, statt den Weg über die Umfahrung via Ottenbach/Bickwil zu nehmen. Dies, weil die flankierenden Massnahmen, die auf einem Teilstück auch Tempo 30 beinhalten sollen, bis heute nicht umgesetzt sind. Jüngst entschied sich die Gemeinde nach zahlreichen Einsprachen gegen die öffentliche Planauflage, das Projekt zu überarbeiten und nochmals neu aufzulegen. Der Baustart verzögert sich damit um anderthalb bis zwei Jahre.

Wäre ein Bussen-Regime, wie es in Birsfelden bereits umgesetzt und in Cham angedacht ist, auch für Obfelden denkbar? «Ob ein solches Regime in Obfelden möglich ist, müsste rechtlich abgeklärt werden», meint Gemeindepräsident Stephan Hinners. Der Gemeinderat warte nun die Auswertung der durchgeführten Kennzeichenerhebung ab. Diese sollte bis Ende Oktober vorliegen. Danach würden die weiteren Schritte festgelegt.

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