«Die Richtige mit 16 kennengelernt und gleich zugepackt»
Am 26. August 1950 haben sich Alice und Erwin Weyermann-Mosimann in der Stalliker Kirche das Jawort gegeben. Jetzt feiern sie die Platinhochzeit – ein Begriff, den kaum jemand kennt, da nur sehr wenige Paare diesen Hochzeitstag erreichen.

Es begann mit Erwins Konfirmation im Jahr 1945. Erwin hatte zuvor ein Jahr im Welschland verbracht, bei einem strengen Bauern, der ihm nicht einmal erlaubte, sich im Haus zu waschen. Kurz vor Palmsonntag kam er nach Stallikon zurück. Einer der Mitkonfirmanden wohnte im Tobel unterhalb der Buchenegg. Gleich nach der Konfirmation wurde er krank und von den anderen besucht. Das einzige Mädchen in der Gruppe, Margrit Mosimann, wohnte nebenan und lud die ganze Schar zum Kaffee ein. Hier sah der 16-jährige Erwin die 14-jährige Alice zum ersten Mal.
Am Ostermontag gingen die Konfirmanden gemeinsam an den Ostermarkt nach Zug. Da passte es gut, dass Margrit von ihrer Schwester Alice begleitet wurde, wie sich Erwin erinnert: «Da isch bi eus beidne de 20er definitiv abegheit!» Von nun an waren sie ein Paar: «Ihre Eltern reagierten positiv, meinen passte es weniger, dass ich mich so jung schon festlegte. Aber was willst du? Ich habe die Richtige mit 16 kennengelernt und gleich zugepackt.»
In der Tracht an der Landi
Alices Vater war Viehzüchter. An der Landi 1939 stellte er vier Kühe für einen Vierspänner, der dem Publikum im Landi-Dörfli vorgeführt wurde, und seine Töchter begleiteten das Gefährt. «Natürlich in Trachten», fügt Alice bei, «wir hatten zwei Auftritte pro Tag und besassen je zwei Blusen; diese wuschen wir jeden Morgen und bügelten sie anschliessend trocken, damit wir jedes Mal wieder sauber gekleidet antreten konnten.» Später, in der Bäuerinnenschule, lernte Alice, selbst zu weben. Seither hat sie den Stoff für unzählige Trachten gewoben. Sie allein besitzt 16 verschiedene Ämtler Trachten. 60 Jahre lang war sie Mitglied der Trachtengruppe Sihltal, lange als Präsidentin, aber auch als Leiterin von Volkstanz und Webstuben.
Rennrad und Trompete
Erwin wuchs im Reppischtal unten auf. Bald nach seiner Geburt in der Aumüli zogen seine Eltern nach Stallikon, später zurück in die Aumüli. In die Sekundarschule ging er via Bonstetten nach Hedingen, im Sommer mit dem Velo, im Winter mit den Skis: «Morgens ging es meist ganz gut auf dem gefrorenen Schnee, aber nach der Schule, wenn die Sonne den Schnee aufgeweicht hatte, kämpften wir mit den «Stögeli» an den Skis, denn Wachs kannten wir damals noch nicht.» Gerne blickt Erwin Weyermann auf die Zeit als Militär-Trompeter zurück: «Wir durften jeden Tag Musik spielen – was gibt es Schöneres, als sein Hobby während des ganzen Militärdienstes ausüben zu können?» Die Militärtrompete behielt er nach dem Ende der Dienstzeit gerne. Das Militärrad dagegen tauschte er gegen ein Rennrad, mit dem er unzählige Touren in der näheren und ferneren Umgebung unternahm.
1953 konnte das Ehepaar Weyermann einen Pachtbetrieb auf der anderen Seite der Buchenegg, in Adliswil, übernehmen, doch dann setzte im Sihltal der Bauboom ein: «Der Landverlust durch die Bauerei führte dazu, dass ich den Hof 1966 aufgeben musste. Von da an arbeitete ich 25 Jahre lang als Carchauffeur und Reiseleiter. Über 400 Auslandreisen habe ich durchgeführt, zu meinen Auftraggebern gehörten Leute von Pfarrer Sieber bis zu höchsten UNO-Mitarbeitern.»
Alice und Erwin Weyermann freuen sich über Besuch ihrer vier Kinder, acht Enkel und neun Urenkel, von Freunden und Bekannten. Sie sind dankbar, dass der Shutdown vorüber ist: «Mit 90 willst du die Begegnungen nicht mehr aufschieben, Corona hin oder her!»