Die Stadtpolizei Affoltern ist 20 Jahre alt
Von der Gemeinde- zur Stadtpolizei Affoltern: Dank Zusammenarbeit für über 34 000 Menschen Ansprechpartnerin
Als Affoltern zur Kleinstadt heranwuchs und sich damit im Bereich der öffentlichen Ordnung gewisse Probleme offenbarten, wurde in den 1990er-Jahren der Gemeinde-Ordnungsdienst Affoltern ins Leben gerufen, kurz «Goda». Doch dieser hatte keinerlei polizeiliche Befugnisse. Das führte schliesslich zur Diskussion über die Bildung einer Gemeindepolizei, die zu dieser Zeit in diversen Zürcher Gemeinden bereits funktionierte. Affoltern hatte zwar seit 1968 einen Vertrag mit der Kantonspolizei, die jedoch später aufgrund von Personalknappheit nicht alle Bedürfnisse abdecken konnte.
Am 24. November 2002 sagten die Affoltemer Stimmberechtigten an der Urne «Ja» zur Bildung einer Gemeindepolizei – deutlich, mit 2028 gegen 692. Ein Erfolg für die damalige Sicherheitsvorsteherin Elsbeth Knabenhans, die hernach an Gemeindeversammlungen im Bezirk für eine einheitliche Polizeiverordnung warb. So schlossen sich Obfelden und Hedingen im Jahr 2008 der Gemeindepolizei Affoltern an, Mettmenstetten kam 2009 dazu, Hausen 2010 und Bonstetten 2011.
Im Zuge der Einheitsgemeinde wurde 2018 die Gemeinde- zur Stadtpolizei Affoltern, der die obgenannten Gemeinden Seit dem 1. August 2023 gehört auch Kappel dazu; die Stimmberechtigten sagten an der Urne mit rund 62 Prozent Ja. Allerdings «verabschiedete» sich Bonstetten im Jahr 2014 aus dem Zusammenarbeitsvertrag und setzt auf die Kantonspolizei; an der Gemeindeversammlung spielten damals Kosten eine Rolle.
Inzwischen deckt die Stadtpolizei im Bezirk Affoltern ein Gebiet von fast 34 000 Einwohnerinnen und Einwohner ab. Sie verfügt über 1300 Stellenprozente mit 14 Polizisten und Polizistinnen. In den ersten Jahren drang immer wieder Kritik an der Arbeit der Gemeindepolizei durch, Klagen über vermeintlich unverhältnismässiges Handeln etwa. Hoch gingen deswegen die Wogen an einer Gemeindeversammlung in Obfelden im Jahr 2016, als die Stimmberechtigten über eine Initiative aus Gewerbekreisen über einen Vertragsausstieg bestimmen mussten. Nach vielen emotionalen Voten wurde die Initiative knapp abgelehnt.
Repressiv und präventiv
Möglicherweise seien sich die Einwohnerinnen und Einwohner anfänglich vermehrte Kontrollen und Präsenz nicht gewohnt gewesen, vermutet Markus Marti, seit viereinhalb Jahren Dienstchef bei der Stadtpolizei Affoltern. Bürgernähe sei ein Ziel seiner Organisation, die ja nicht nur repressiv, sondern auch präventiv handeln müsse. Vieles geschehe von Amtes wegen, und auch da gelte, was bei der Polizei wichtig sei: gut kommunizieren und Entscheide verständlich erklären, betont Marti. Und das praktiziert die Stadtpolizei offenkundig mit Erfolg, was auch durch die positiven Rückmeldungen aus den Vertragsgemeinden unterstrichen wird.
Kritik, die früher oft aufkam, ist heute – zumindest in der Öffentlichkeit – kaum noch wahrnehmbar. «Tatsächlich hören wir wenig Kritik – auch nicht, dass wir unverhältnismässig handeln», fügt der Dienstchef an. Auch bei Gebrauch der Schusswaffe; in allen bisherigen Fällen wurde Verhältnismässigkeit bescheinigt.
Die ehemalige Gemeinderätin Elsbeth Knabenhans sagt: «Bis sich etwas Neues etabliert hat in einer Gemeinde, dauert das eine gewisse Zeit. Schon nach wenigen Jahren war dies bei einem Grossteil der Bevölkerung der Fall. Alle sind nie zufrieden. Es ist nicht so, dass die höhere Akzeptanz erst bei der Umbenennung von Gemeinde- zur Stadtpolizei in der Bevölkerung spürbar war.»
Es liegt aber auf der Hand, dass dies auch auf die Ausbildung zurückzuführen ist. Mitglieder der Kantons- und Kommunalpolizeien geniessen inzwischen eine einheitliche Ausbildung mit eidgenössischer Berufsprüfung, und auch in Sachen Weiterbildung wird da einiges investiert. Zudem ist die Stadtpolizei technisch ähnlich ausgerüstet wie die Kapo, die beispielsweise auf das neue Atemalkohol-Messgerät der Stadtpolizei zurückgreifen kann.
Erst-Einsatz bei allen Vorkommnissen
Wird ein Einbruch oder ein Verkehrsunfall gemeldet, kommt es zu einer Lärmklage, häuslicher Gewalt (was leider oft vorkommt) oder anderen Ereignissen: In der Regel leistet da die Stadtpolizei nach Auskunft von Stadtschreiber Stefan Trottmann einen Ersteinsatz. Selbst bei einem Tötungsdelikt, wie auch schon geschehen, ist die Stadtpolizei – auch nachts — als Erste zur Stelle und sichert den Tatort; die weiteren Ermittlungen werden dann durch die Spezialisten der Kapo getätigt. Unfälle ohne Körperverletzung oder Fälle von Übertretung kann die Stadtpolizei in eigener Regie übernehmen.
In erster Linie muss sich die Stadtpolizei mit Übertretungen beschäftigen, hier im Besonderen mit Kontrollen und Bussen im Parkbereich, wenn die Parkuhr nicht in Gang gesetzt wird, die Parkscheibe fehlt — bis zum Überschreiten der Parkzeit oder Nichtbeachten eines Fahrverbots. 2022 wurden 2734 Ordnungsbussen ausgestellt (ohne Geschwindigkeitsübertretungen).
Ihre Arbeit reicht vom Rapport über den Ausweisverlust bis um Laden- oder Fahrraddiebstahl, von der polizeilichen Zustellung einer Vorladung bis zum Personenschutz im Betreibungsamt im Kesb-Bereich, Kontrollen für die Sicherheit von Schulkindern oder Entzug von Kontrollschildern bei Nichtbezahlung von Strassenverkehrsabgaben. «Leider hat die häusliche Gewalt auch im Bezirk Affoltern spürbar zugenommen», sagt Markus Marti. Auch sonst verursachen Alkoholisierte und psychisch Auffällige ab und an Arbeit, vermehrt auch Eltern, die ihre Sprösslinge trotz Halteverboten bis vor die Schulhaustüren chauffieren. «Wir zählen da bis zu 80 Fahrzeuge pro Tag. Elterntaxi ist ein jahrelanges Problem», beklagt Marti. Bussen nützen da offenbar wenig. Im Bereich des Ordnungsdienstes sind es eher kleinere Vorfälle. «Wir haben hier keine Hooligans wie bei Fussballspielen in Zürich, aber leider auch junge Personen, die immer wieder zur Räson gebracht werden müssen.»
Ja, der Aufgabenkreis der Stadtpolizei ist gross. Einen Löwenanteil beansprucht der Patrouillendienst mit Früh- und Spätschicht. Unterwegs ist man immer zu zweit. Präsenz gibt es wochentags zwischen 6 und 23 Uhr, Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag zusätzlich bis 3.30 Uhr – in der Regel in den Vertragsgemeinden oder auch im ganzen Bezirk bei ernsteren Fällen, wenn Kapo-Beamte nicht vor der Stadtpolizei zur Stelle sein können. Dank Transponder weiss die Einsatzzentrale der Kapo, wo sich die Vertreter der Stadtpolizei gerade befinden. Bei Bagatellen fährt sie jedoch nicht in Gemeinden, die nicht angeschlossene Vertragspartner sind.
«Die hohe Patrouillendichte soll auch das Sicherheitsgefühl fördern», sagt Markus Marti. Der Stadtrat hat im Leitbild der Stadtpolizei nämlich festgehalten, dass er eine gut sichtbare Präsenz fordert. Dies wird auch mit speziellen Fusspatrouillen sichergestellt. Dabei wird darauf geachtet, dass man die Polizistinnen und Polizisten auch wirklich sieht. «Wir haben dafür spezielle Leuchtwesten beschafft», verrät Marti. «Diese haben verschiedene Taschen und sind atmungsaktiv.» Die Stadtpolizei interpretiert den Slogan aus der Verkehrssicherheit «Sicherheit durch Sichtbarkeit» auf ihre Art neu.
«Blaulichttag»
Die Stadtpolizei Affoltern feiert ihr 20-jähriges Bestehen, und das Bezirksgebäude ist 50-jährig. Deshalb laden diverse Organisationen am Samstag, 23. September, von 10 bis 16 Uhr, zu einem «Blaulichttag» ein — einem Tag der offenen Tür mit Festwirtschaft. Es besteht die Möglichkeit von Fotoshootings mit Polizeimotorrad und Fahrsimulator, und das forensische Institut gibt Auskunft. Nebst Führungen durch das Gefängnis (Anmeldung vor Ort, Ausweispflicht und begrenzte Besucherzahl) sowie bei der Stützpunktfeuerwehr und bei der Zivilschutz-Organisation finden gar fiktive Gerichtsverhandlungen (Besucherzahl begrenzt) statt. Für Kinder gibt es eine Hüpfburg und Spiele.
Samstag, 23. September: «Blaulichttag» der Stadtpolizei Affoltern, 10 bis 16 Uhr.