Die Vielfalt der Vereine
Das Neujahrsblatt 2023 taucht ein ins vielfältige Vereinswesen des Bezirks Affoltern. Musikalisch umrahmt wird der Neujahrsapéro am Berchtoldstag, an dem das aktuelle Neujahrsblatt vorgestellt wird, durch das Trio «Amarôn».

Das aktuelle Neujahrsblatt widmet sich wie im vergangenen Jahr den Vereinen. Lebendige Porträts, von traditionellen bis zu erst vor Kurzem gegründeten Gruppen, vermitteln exemplarisch einen Überblick über die Vereinslandschaft im Säuliamt. Bereits das Titelblatt verrät es – eine historische Trachtengruppe über dem Damenturnverein Affoltern 1950 und der Rhönrad Riege Bonstetten – Frauenvereine sind in diesem Neujahrsblatt häufig vertreten. Wie bei Männervereinen waren Geistliche Pionierinnen oder Pioniere dieser Vereinigungen. So stand die 1839 in Hedingen gegründete «Arbeitsschule für die weibliche Jugend» unter der Leitung der Frau Pfarrer und wurde als freiwilliger Unterricht im Pfarrhaus abgehalten.
Zwei Dekaden danach entstand der Frauenverein Hedingen, der anfänglich für die Finanzierung der «Nähschule» verantwortlich war. Die Geschichte dieses Vereins widerspiegelt, wie sich dessen Aufgaben durch gesellschaftliche Veränderungen, aber auch wegen politischer Ereignisse, wandelten. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs war der Frauenverein Hedingen für die Einrichtung einer Suppenküche zuständig, um die Not armer Familien zu lindern. Und im Zweiten Weltkrieg richtete er eine Soldatenstube ein. Ausserdem sollte für die Wehrmänner gestrickt und genäht werden. Daraus ging die «Lismergruppe» hervor, die noch heute besteht.
Schwierige Anfänge
Pioniere von Vereinen hatten oft einen schweren Stand. «Wer arbeitet, der braucht nicht noch zu turnen», war der skeptische Tenor breiter Kreise, als 1874 als erster Turnverein im Knonauer Amt der Turnverein Mettmenstetten entstand. Die im Freien Turnenden wurden als «Circusakrobaten» verunglimpft und Pfarrer Ritter, Gründervater der Vereinigung, trat entnervt aus dem Verein aus, gefolgt von weiteren Mitgliedern der ersten Stunde. Ein Kennzeichen der Anfangsjahre war ebenso der engstirnige «Dörfligeist», der zur Zersplitterung in Untersektionen führte. So war der Turnverein Mettmenstetten zeitweilig aufgeteilt in die Gruppe «Alte Sektion», welche an den werktäglichen Turnübungen festhielt, in die Sonntagsfraktion, genannt «Turnverein Frohsinn» sowie in die «Sektion Hausen» mit Turnern aus dieser Gemeinde. Ab der Jahrhundertwende folgte die Glanzzeit der Turnvereine. Das Turnen wurde als Beitrag zur Volksgesundheit angesehen und hatte sich nun endgültig etabliert. Alljährliche Verbandsfeste bildeten den Höhepunkt des Vereinsjahres und standen unter dem Motto «Turnen – Wandern – Singen». Im Laufe der Zeit ist aus dem einst reinen Turnverein längst eine polysportive Gruppe geworden für Sportbegeisterte verschiedenster Altersstufen und beider Geschlechter.
Einer der ältesten Vereine ist der Sängerbund am Albis, welcher 1829, angeregt durch den legendären Gründer und ersten Präsidenten der GGA, Conrad Melchior Hirzel, entstand. Der erste Vorstand umfasste die damals renommierten Berufe: Pfarrer, Lehrer, Rats- und Gemeindeschreiber bildeten den exklusiven Kreis. An den jährlich stattfindenden Bezirksgesangsfesten hielten Experten die Leistungen der Gesangsvereine akribisch fest. Neben angestimmten Lobeshymnen wie: «... frisches, freudiges und wagemutiges Draufloslegen», vermerkten die gestrengen Juroren, dass man zum Schluss zu sehr ins Zeug geraten sei und dabei die Tonfolgen um Merkliches in die Höhe getrieben habe.
Heute ist die Konkurrenz durch neue Vereine gross geworden, aber auch infolge des wachsenden Medienangebots und gewandelten Freizeitverhaltens haben vor allem die traditionellen Gruppen gegen den Mitgliederschwund anzukämpfen.
Militärische Ursprünge
Häufig standen am Ursprung von Vereinsgründungen ab Mitte des 19. Jahrhunderts militärische Zwecke. So war die Schweizer Armeeführung bestrebt, an verschiedenen geeigneten Orten an Flüssen und Seen Pontonier-Fahrvereine zu gründen, damit Angehörige der Genie-Truppen in Zivil sowie andere Interessierte die Möglichkeit bekämen, das Wasserfahren zu erlernen und zu betreiben. Auf dieser Grundlage wurde im Jahr 1888 der Pontonier-Fahrverein Ottenbach gegründet. Auch die Entstehung der Samaritervereine beruht auf einem militärischen Ereignis. Henri Dunant, erschüttert durch die Erfahrungen in der Schlacht von Solferino in Norditalien, schuf 1863 das Internationale Rote Kreuz mit Sitz in Genf. Allmählich entstanden in der Schweiz lokale Sektionen. In unserem Bezirk dauerte es bis 1904, ehe mit dem Samariterverein Affoltern ein erster solcher Verein seine Geburtsstunde feierte. Mannigfaltige Gründe führten dazu, dass dieser Pionierverein 2019 zum Aufgeben veranlasst wurde und gegenwärtig in unserem Bezirk lediglich noch drei Samaritervereine existieren.
Das aktuelle Neujahrsblatt befasst sich jedoch keineswegs nur mit traditionellen Vereinen. Die porträtierten Gruppierungen spannen einen Bogen vom Natur- und Vogelschutzverein Bezirk Affoltern über den Rotary Club, die Verkehrskadetten Abteilung Albis, die Aemtler Quilter bis zum Verein Gemeinsam statt Einsam. Der Zweck der letztgenannten Vereinigung, domiziliert in Affoltern, besteht darin, Hilfs- und Integrationsangebote zu schaffen, um sozialer Isolation entgegenzuwirken und dabei auch christliche Werte wie die Nächstenliebe praktisch zu leben.
Das Porträt der Rhönrad Riege Bonstetten widmet sich einem sehr jungen Verein. Das Rhönradturnen weist Ähnlichkeiten zum Kunstturnen auf und begeistert sowohl durch Anmut als auch Dynamik der Übungen. «In dieser Sportart kennt man sich schweizweit, ja sogar international, wir sind eine Rhönradfamilie», hält Jacqueline Peter, Gründerin, Präsidentin und Trainerin des Vereins dieser Randsportart, mit Genugtuung fest. Auch in diesem Neujahrsblatt finden sich Trouvaillen, die spannende und unterhaltsame Einzelheiten wiedergeben. So erfährt man in der Rubrik «Wussten Sie, dass» beispielsweise, dass die Badeanstalt Mettmenstetten 1927 nach über 25 Jahren dauernden Diskussionen entstand. Ein rigoroses Badereglement sorgte dafür, dass sich «Männlein» und «Weiblein» nicht zu nahe kamen.
Diese Rubrik veranschaulicht ebenso, dass Vereine dem Zeitgeist unterliegen und deshalb manchmal nur für kurze Zeit existieren. 1928 löste sich die Mörsergesellschaft Mettmenstetten auf, nachdem sie die Mörser dem Feldschützenverein verschenkt hatte, und der Kaffeerahmdeckeli-Sammlerverein Affoltern, der in den 1980er-Jahren noch rund 300 Mitglieder umfasste, ist ebenfalls Geschichte. Abgerundet wird die anregende Broschüre durch zahlreiche Bilder, welche die Texte illustrieren und von den gesellschaftlichen Veränderungen zeugen. Die Bildtafeln des Arztes Bernhard aus Samedan, die anfänglich den Samaritervereinen als Anschauungsmittel für die Ausbildung dienten, sind ein besonders eindrückliches Beispiel für die Pionierzeit dieser Vereine.
Neujahrsapéro am 2. Januar
Nach zweijährigem Unterbruch, bedingt durch die Corona-Pandemie, wird der beliebte Neujahrsapéro im gewohnten Rahmen durchgeführt. Die Veranstaltung findet im Mehrzweckraum des Spitals Affoltern (Haus Rigi, Eingang Melchior-Hirzel-Weg 40) statt und beginnt um 16 Uhr. Dabei stellt das Redaktionsteam der GGA das Neujahrsblatt 2023 vor. Ausserdem besteht die Möglichkeit, sich mit Bekannten aus der Region und Gästen auszutauschen und aufs neue Jahr anzustossen.
Musikalisch umrahmt wird der Anlass durch das «Amarôn»-Trio, dem Elsbeth Schweizer, Rosa Hess und Gerold Lotmar angehören.
Das Neujahrsblatt 2023 ist für 10 Franken zu beziehen bei der Buchhandlung Scheidegger, Affoltern oder bei der Gemeinnützigen Gesellschaft des Bezirks Affoltern. www.ggaffoltern.ch.