«Eidgenossen waren keine Isolationisten»

Zu Roger Köppel führt Google 92’000 Einträge auf, zu Bonstetten deren 834’000. Entweder liege dies an der grösseren Bekanntheit von Bonstetten, scherzte Gemeindepräsident Erwin Leuenberger, oder daran, dass die Suchmaschine auch Bonstetten bei Augsburg mitgezählt habe.

Gemeindepräsident Erwin Leuenberger (rechts) bedankt sich mit dem Bonstetter Kochbuch und einer Flasche Wein für die Bundesfeier-Ansprache von Nationalrat Roger Köppel. <em>(Bild bs)</em>
Gemeindepräsident Erwin Leuenberger (rechts) bedankt sich mit dem Bonstetter Kochbuch und einer Flasche Wein für die Bundesfeier-Ansprache von Nationalrat Roger Köppel. <em>(Bild bs)</em>

Die Bonstetter Bundesfeier findet traditionell auf dem Hof der Familie Weiss hoch über dem Dorf statt. Erwin Leuenberger bedankte sich herzlich bei der Gastgeberfamilie, bevor er zur Ansprache von Roger Köppel, SVP-Nationalrat und Weltwoche-Verleger, überleitete, der im Bezirk Affoltern den Reigen seiner sechs Reden zum 1. August 2018 eröffnete.

Eingerahmt vom Musikverein Bonstetten, der unter anderem alle vier Strophen des Schweizer Psalms intonierte, stellte sich Roger Köppel die Frage, was die Schweiz ausmache. Scherzend meinte er, er sei nach Bonstetten gekommen, um seine Bekanntheit endlich auf denselben Level zu bringen. «Ich kann zur diesjährigen Bundesfeier nur deshalb sechs Reden halten, weil meine Frau bereits in die Ferien gereist ist und mir zwei Freitage eingeräumt hat.»

Im Zeichen des Doppeladlers

Die Schweiz bezeichnete Köppel als «die älteste urkundlich beglaubigte Selbsthilfeorganisation der Welt». Dabei stelle er sich «im Zeichen des Doppeladlers» die Frage: «Was ist ein Schweizer?» Zur Beantwortung der Frage griff er auf den Aufsatz «Vermischte Gedanken über die Schweiz» des Zürcher Schriftstellers Gottfried Keller (1819–1890) zurück, zitierte aber nicht die NZZ am Sonntag vom vergangenen Wochenende, die sich eben diese Frage gestellt hatte, sondern las aus einem eindrücklich grossen, kunstvoll gebundenen Buch vor: «Wenn ein Ausländer die schweizerische Staatseinrichtung liebt, wenn er sich glücklicher fühlt als in einem monarchischen Staate, wenn er in unsre Sitten und Gebräuche freudig eingeht und überhaupt sich einbürgert, so ist er ein so guter Schweizer als einer, dessen Väter schon bei Sempach gekämpft haben.» Wer von aussen komme und sich mit dem Schweizer Gedankengut identifiziere, sei der bessere Bürger, als wer sich als geborener Schweizer nach anderen Ländern orientiere, meinte Köppel.

«Die älteste urkundlich beglaubigte Selbsthilfeorganisation der Welt»

Frei nach Schiller fuhr er fort: «Wir feiern heute den 727. Geburtstag der Schweiz, denn unser Land ist die älteste urkundlich beglaubigte Selbsthilfeorganisation der Welt.» Verglichen mit Deutschland sei die Schweiz «ein Korallenriff der Stabilität, ein Felsmassiv der Kontinuität». Das Landfriedensbündnis von 1291 zwischen den reichsfreien Talschaften Uri und Schwyz sowie Ob- und Nidwalden bezeichnete Köppel als die «Ur-DNA» der Schweiz.

In den unsicheren Zeiten nach dem Tod des deutschen Königs Rudolf I. von Habsburg 1291 hätten verschiedene Fürsten die Augen auf die Gotthardverbindung zwischen Nord und Süd gerichtet. Die «roten Linien», die Bundesrat Cassis zu beachten habe, seien bereits damals definiert worden: Erstens sei das Bündnis «im Namen Gottes» abgeschlossen worden, zweitens handle es sich um einen Beistandsvertrag zwischen Gleichberechtigten, gleichsam um einen «jederzeit kündbaren trilateralen Vertrag», im dem die führenden Geschlechter der Innerschweiz sich gegenseitig auch Unterstützung bei Unruhen im Innern zusicherten. Dabei bezahle jeder Partner seine Kosten selbst und akzeptiere keine fremden Richter: «Es war weder Pöbelaufstand noch populistische Revolte, sondern Pflege des althergebrachten Rechtes.»

«Die grösste Gefahr sind die Schweizer selbst»

Damit kam er zur «wichtigsten Frage in der Politik: Weshalb existiert dieses an Bodenschätzen arme Land? Warum ist es so reich geworden? Was müssen wir tun, damit es so bleibt?» Ein Pfeiler sei die direkte Demokratie, denn die Direktbetroffenen wüssten jeweils am besten, was für sie gut sei, und fuhr fort: «Die Eidgenossen haben von Beginn weg realisiert, dass es wichtig ist, Verträge abzuschliessen. Sie haben mit allen Mächten Verträge abgeschlossen, als Instrument zur Vergrösserung der eigenen Unabhängigkeit. Die Eidgenossen waren keine Isolationisten.»

Damit kam Köppel zur seinen politischen Folgerungen: «Es gibt immer wieder Versuche, die Selbstbestimmung einzuschränken. Das neuste Modewort ist das Völkerrecht, das als Allzweckwaffe gegen die Volksrechte eingesetzt wird.» Er lehne ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU kategorisch ab, denn wenn die EU beispielsweise Handelseinschränkungen gegen Russland beschliesse, könne die Schweiz als Nichtmitglied profitieren und ihre Position in Russland stärken. Sein Fazit: «Die grösste Gefahr für die Schweiz ist nicht die EU, nicht Frau Merkel, die grösste Gefahr sind die Schweizer selbst.»

Die Frauen in den Ferien

Gemeindepräsident Erwin Leuenberger bedankte sich beim Referenten für die «engagierte Rede mit glühendem Patriotismus». Damit spielte er auf die satirische Zeitschrift Nebelspalter an, die gemeldet hatte, die Rede sei aus feuerpolizeilichen Gründen verboten worden, damit sich der Wald von diesem «glühenden Patriotismus» nicht entzünde.

Immerhin habe er eine Gemeinsamkeit mit Roger Köppel entdeckt, bemerkte Leuenberger schmunzelnd: «Unsere Frauen sind beide in den Ferien, während wir in Bonstetten an der Bundesfeier weilen.»

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