Eine tatkräftige Wohltäterin feiert Jubiläum
200 Jahre GGA: Die Gemeinnützige Gesellschaft Affoltern lud am Donnerstagabend zur besonderen Versammlung
Je länger die Ansprache von GGA-Präsident Peter Kubli dauert, desto mehr schleicht sich an diesem Donnerstagabend auf dem Stampfiplatz der Verdacht ein, mit dem GGA-Logo – einer rot-grauen Dominosteinformation – laufe etwas verkehrt: völliges Understatement! Wer sich nämlich einmal vor Augen führt, was die Gemeinnützige Gesellschaft des Bezirks Affoltern seit ihrer Gründung bewirkt hat, stellt fest: Sie hat die Dominosteine nicht bloss angestossen, sondern viele von ihnen überhaupt erst aufgestellt!
Es war im Dezember des Jahres 1825, als Conrad Melchior Hirzel (1793–1843), damals 32-jährig und Oberamtmann im Schloss Knonau, zusammen mit einigen Dutzend Männern die Gemeinnützige Gesellschaft des Bezirks Affoltern gründete. Unterstützung für Anstalten für Jugendbildung, Gewerbefleiss in Landbau, Viehzucht und Fabrikation und Anstalten zur Verminderung der Armut, das alles fehlte aus seiner Sicht im rückständigen Säuliamt. Also packte die GGA an – und es entstanden unter anderem: die Amtsschule in Mettmenstetten als erste Sekundarschule des Kantons (1826), die erste Ersparniskasse des Bezirks (1826), die erste Armen- und Waisenanstalt in Kappel (1836), der Bezirksfrauenverein (1864), das Bezirkskrankenasyl, das heutige Spital Affoltern (1902), die erste Regionalbibliothek im Kanton Zürich (1964); Zwei Werke über das Knonauer Amt (1987 und 2005), zahlreiche Neujahrsblätter (seit 1992), die Volkshochschule Knonauer Amt, Ausstellungen der Ämtler-Künstlerinnen und -Künstler und der Ämtlerwäg (2000).
Vielleicht lässt man das mal auf sich wirken.
Mit dieser Gründungsgeschichte ist es wenig überraschend, dass die GGA für ihre Jubiläums-Mitgliederversammlung mit dem Schloss Knonau als Austragungsort geliebäugelt hätte. Doch weil dieser Geburtstagswunsch unerfüllt bleiben musste, fand die Veranstaltung vor und in der Stampfi Knonau statt. Nachdem die Apple’s Paradise Big Band eine eindrückliche Probe ihres musikalischen Könnens gezeigt hatte, liess es sich Esther Breitenmoser, Gemeindepräsidentin von Knonau, als Gastgeberin nicht nehmen, zur Begrüssung ein paar Worte an die Gäste zu richten. 200 Jahre seien «ein stolzer Geburtstag», adelte sie, die zu diesem Anlass in den Gemeindeakten geforscht hatte – wo sie prompt eine Urkunde aus dem Jahr 1835 entdeckte, die Modalitäten und Besitzansprüche des Schulhauses in Mettmenstetten regelte, sollte sich die GGA «wider Erhoffen» auflösen. «Diese Hoffnung ist bis heute in Erfüllung gegangen», stellte sie fest und wünschte der GGA weiterhin gutes Gelingen bei ihren Aktivitäten und ihren vielfältigen Engagements im Knonauer Amt.
Enormer Tatendrang ab Gründung
«Ja, mir läbed no», stellte Peter Kubli in Anspielung auf Esther Breitenmosers Voten zu Beginn seiner Ansprache fest. Er erläuterte in seiner Rede nicht nur den politischen und historischen Kontext der Gründungsjahre etwas näher, sondern verdeutlichte anhand der Meilensteine der GGA auch den immensen Tatendrang des Gründers Conrad Melchior Hirzel: 1826, nur ein Jahr nach der Gründung, sei die erste Sekundarschule im Kanton Zürich eröffnet worden. «Man muss sich das vorstellen!», verdeutlichte Kubli. Im selben Jahr noch folgte die Gründung der ersten Bezirksersparniskasse. «Heute gibt es Banken noch und nöcher, aber das war damals überhaupt keine Selbstverständlichkeit!» Die Bezirksersparniskasse sei später in der ZKB aufgegangen, «aber vom guten Verkaufserlös zehren wir heute noch», frohlockte er.
In den folgenden Jahren habe die GGA bei der Entwicklung der Eisenbahn geholfen, die nicht nur für die Entwicklung der Region entscheidend gewesen sei, sondern auch für den öffentlichen Verkehr (wie in den letzten beiden Neujahrsblättern zu lesen war). «Man hat also in den ersten Jahren des Bestehens wesentliches für die Entwicklung des Bezirks geleistet», bilanzierte Peter Kubli: «Ich staune und bin voller Bewunderung für diesen Tatendrang.»
Heute ist der Vorstand der GGA ehrenamtlich tätig, und der Verein zählt rund 650 Mitglieder – Tendenz sinkend – unfreiwillig, versteht sich. «Anstösse geben für zwischenmenschliche Begegnungen und für den gesellschaftlichen Zusammenhang», dies wolle die GGA auch in Zukunft.
Begegnungsorte schaffen
Im Anschluss trat GGA-Vizepräsidentin Iris Geissbühler an das Mikrofon. Im Jubiläumsjahr habe sich die GGA einen besonderen Schwerpunkt gesetzt, sagte sie: «Wir möchten Begegnungsorte schaffen.» Unterstützen will die GGA dieses Ziel, in dem sie bei der Stiftung Albisbrunn zehn Picknick-Garnituren samt Tisch und Bänken anfertigen liess, die nun im Bezirk aufgestellt werden sollen (vgl. Box). «Diese Garnituren sind ein idealer Standort, um sich zu treffen und zu plaudern, gemeinsam zu essen und sich eine Zeit lang verbunden und nahe zu fühlen», so Geissbühler.
Im Jubiläumsjahr der GGA warten in den kommenden Monaten noch weitere Programmpunkte: So gibt es beispielsweise Mitte Juni am Hexengraben beim Türlersee eine neue Tafel und in Mettmenstetten einen neuen Begegnungsort einzuweihen – Infos folgen. Und auch am 200-Jahre-Jubiläum von Weisbrod-Zürrer am 30. August in Hausen ist die GGA mit einem Stand vertreten.
Die Beschlüsse der Versammlung auf einen Blick
Nach dem festlichen Auftakt mit Musik und Ansprachen trafen sich die GGA-Mitglieder – 82 in der Zahl – im Stampfisaal zur offiziellen Mitgliederversammlung. Diese dauerte eine knappe Stunde und fand ihren Auftakt mit einem Moment des Innehaltens für den kürzlich verstorbenen Rolf Oberhänsli, der sich während vieler Jahre im GGA-Vorstand engagiert hatte.
Zehn Picknick-Bänke für die Region
Sämtliche Traktanden – konkret also das Protokoll der letzten Mitgliederversammlung, der Jahresbericht 2024, die Jahresrechnung 2024 und das Budget 2025 – wurden mit grosser Mehrheit, vermutlich sogar einstimmig, genehmigt. Zudem wurden Marlyse Blatter als neue Revisorin für Felix Oberhänsli und Hans Zaugg als neues Vorstandsmitglied für Rolf Oberhänsli gewählt. Zaugg übernimmt neu den Vorsitz in der Arbeitsgruppe «Neujahrsblatt».
Auch Wortmeldungen oder Fragen aus dem Publikum gab es während der Versammlung nicht. Und so war es vor allem der GGA-Vorstand, der berichtete. In seiner Retraite habe der GGA-Vorstand über Schwerpunkte seines Jubiläumsjahrs nachgedacht: Neben Anschubfinanzierungen für junge Künstlerinnen und Künstler gehört auch weiterhin das Schaffen von Begegnungsorten dazu: «Wo man sich begegnet, verschwindet das Gespenst der Vereinsamung», betonte Peter Kubli. Hierzu hat die GGA bei den Werken der Stiftung Albisbrunn zehn Picknick-Tischformationen anfertigen lassen, die sie im Bezirk aufstellen wird. Wünsche zu Platzierungsorten nimmt der Vorstand entgegen.
Engagierte Leute gesucht
Die Arbeiten für das nächste Neujahrsblatt seien auf Kurs, sagte Peter Kubli, «Sie dürfen sich auf eine neue Ausgabe freuen». In den Startlöchern ist auch die Volkshochschule Knonauer Amt. «Im Programm für das Wintersemester 2025/26 ist sicher für alle etwas dabei», so Irène Dubs.
Noch einiges unsicherer gestalten sich die Dinge in der Kunstkommission, die im Drei-Jahres-Rhythmus die Ausstellung «Aemtler Kunst» organisiert. Seraina Mohr wurde am Donnerstagabend aus dem GGA-Vorstand verabschiedet. Sie hatte die Kommission bisher im Vorstand vertreten. Das Präsidium der Kommission ist indes schon länger vakant: seit dem Rücktritt von Maya Langhi. Kunstverstand brauche es für dieses Amt nicht zwingend, betonte Mohr, viel wichtiger sei die Lust, diesen Anlass zu organisieren: «Bitte sprecht es herum, es wäre unglaublich schade, wenn die Veranstaltung nicht mehr stattfände», so ihr Appell.
Apropos Mitarbeit: Die GGA hat für fast jedes Talent ein passendes Amt zu vergeben, wie aus den Schilderungen des Vorstands hervorging: Abseits der Kunstkommission werden auch helfende Hände und Köpfe für das Sekretariat und für die Redaktion des «Neujahrsblatts» gesucht. (lhä)