Er erbrachte Kurierdienste für Telefonbetrüger
Bezirksgericht: Bedingte Gefängnisstrafe für 26-jährigen Schweizer

Die Polizei wird nicht müde, immer wieder auf Telefonbetrug aufmerksam zu machen. Und immer wieder gelingt es der Täterschaft, ans Geld von – oft betagten – Menschen zu gelangen, wohl auch, weil sie sich immer neuer und raffinierterer Methoden bedienen.
In den vorliegenden Fällen wählten die Betrüger jedoch ein sattsam bekanntes Vorgehen: Zwei Männer riefen Anfang Juni 2021 eine betagte Frau in einer Ämtler Gemeinde an und gaben sich als Oberkommissar «Martin Huber» und als dessen Chef «Steinbach» aus. Sie erzählten der Frau von angeblich polizeilichen Ermittlungen bei Einbrüchen. Man habe zwei Täter verhaften können, einer befinde sich noch auf freiem Fuss. Bei den Verhafteten habe man eine Liste mit 17 Adressen gefunden. Unter ihnen auch die Frau aus dem Säuliamt. Sie wurde aufgefordert, umgehend 40 000 Franken abzuheben. Das ermögliche eine Überprüfung der Nummern und der darauf vorhandenen Fingerabdrücke durch die Staatsanwaltschaft. Sie erhalte das Geld nach der Überprüfung wieder zurück.
Zudem, so die dreisten Anrufer, würde eine Bankmitarbeiterin mit den Einbrechern zusammenarbeiten. Die offenbar verängstigte Frau hob dann bei ihrer Bank 20000 Franken ab. Der Beschuldigte holte das Geld danach unter dem vereinbarten Passwort «Blume» ab und übergab es den Drahtziehern in Zürich. Für diesen Kurierdienst bekam er 2000 Franken.
Papierscheine im Couvert
Bestärkt durch diesen «Erfolg», riefen die Täter die Frau kurz darauf erneut mehrmals unter einer Schweizer Nummer an. Als sie sich zur Bank aufmachte, wurde sie mehrfach aufgefordert, in der Leitung zu bleiben, offenbar um zu verhindern, dass sie Frau mit der echten Polizei in Kontakt tritt. Als sie schliesslich aufgefordert wurde, 120000 Franken abzuheben, flog die Geschichte auf. Auf Anraten der Bank wählte die Geschädigte die Notrufnummer der Polizei. Sie erhielt ein Couvert mit Papierscheinen. Als sich der Kurier unter dem Passwort «Sommer» bei ihr an der Haustüre meldete, klickten die Handschellen.
Die mutmasslich gleiche, bis heute unbekannte Täterschaft erbeutete im Kanton Aargau mit einer ähnlichen Masche bei einer Frau Wertgegenstände in der Höhe von gut 50 000 Franken. Der Beschuldigte kassierte für diesen Kurierdienst 700 Franken.
Vor dem Bezirksgericht Affoltern hinterliess der Beschuldigte einen müden Eindruck; während der kurzen Befragung gähnte er immer wieder unüberhörbar. Warum er sich dazu hinreissen lassen habe, wollte Verhandlungsleiter Peter Frey wissen. «Weil es attraktiv war», so die lapidare Antwort des Elektromonteurs aus Zürich. Der Grund liegt wohl im Umstand, dass er auf 50 000 Franken Schulden sitzt. Wegen mehrfacher Gehilfenschaft zum Betrug (teilweise Versuch) wurde der Mann im abgekürzten Verfahren zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt; dies bei einer Probezeit von vier Jahren und unter Anrechnung von zwei Tagen Untersuchungshaft. Im Strafmass berücksichtigte das Gericht auch vier Vorstrafen wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte, Vereitelung von Massnahmen, Behinderung einer Amtshandlung und Sachbeschädigung. Für eine Geldstrafe wird die Probezeit um zwei Jahre verlängert. Die Frau erhält einen sichergestellten Bargeldbetrag von 1750 Franken retour. Die Verfahrenskosten von knapp 9000 Franken werden dem Beschuldigten auferlegt. Kurz und knapp sein Schlusswort: «Man muss halt vorher denken. Die Sache tut mir leid.»
Urteil DH 230 006 vom 8. November 2023
im abgekürzten Verfahren