«Es gelingt zu wenig, die Jungen abzuholen»

Beim Polit-Stamm der Grünen und der SP in Affoltern ging es um den Nachwuchs

Ein Teil der Diskussionsrunde des Polit-Stamms am letzten Mittwoch. (Bilder Marcus Weiss)

Ein Teil der Diskussionsrunde des Polit-Stamms am letzten Mittwoch. (Bilder Marcus Weiss)

Stefan Kessler von den Grünen Stadt Affoltern fungierte als Moderator der Gesprächsrunde.

Stefan Kessler von den Grünen Stadt Affoltern fungierte als Moderator der Gesprächsrunde.

Eine lockere Runde, die im weitläufigen, an ein Tropenparadies erinnernden Eventlokal «aff» in Affoltern zusammensitzt. Nach Politik sieht dieses Treffen auf den ersten Blick überhaupt nicht aus, und genau das ist von den Veranstaltern so gewollt. Beim Polit-Stamm der Grünen und der SP sollen aktuelle Themen, die die Menschen bewegen, in einem Umfeld diskutiert werden können, wo sich auch Personen ohne Berührungspunkte zur «klassischen» Politik wohlfühlen. So beispielsweise am Mittwoch letzter Woche, wo sich trotz schönstem Frühsommerwetter eine stattliche Zahl von Interessierten eingefunden hat. Das Spektrum der Teilnehmenden reicht von einer parteilosen Stadträtin über Neumitglieder der einladenden Parteien bis hin zu Vertreterinnen und Vertretern jener Gruppe, um die es an diesem Abend geht. «Politik braucht Menschen – doch wo bleibt der Nachwuchs?», lautet das Gesprächs­thema. Als Moderator des Anlasses fungiert Stefan Kessler von den Grünen Affoltern, Vorstandsmitglied der Kantonalpartei und mit seiner langjährigen Erfahrung unter anderem als Erwachsenenbildner und Schlichter am Gericht prädestiniert für diese Rolle.

Ein Plädoyer fürs Jugendparlament

Warum beteiligen sich die Jungen nun also immer weniger an der Politik? Kessler wirft zur Diskussionseröffnung ein paar Denkansätze in den Ring: «Ist es mangelndes Interesse, mangelnde politische Bildung, ein Gefühl der Ohnmacht, Verdrossenheit oder eher das Gegenteil davon, nämlich die Einstellung, dass alles schon seinen guten Weg gehen werde in diesem stabilen Land?» Auch den zu beobachtenden Trend, dass politisches Engagement der jungen Generation oft nicht mehr parteipolitisch ist, sondern sich grösstenteils rein themenorientiert äussert und in sozialen Bewegungen stattfindet, spricht er an. «Ich möchte feststellen, dass hier auch junge Leute erschienen sind, das zeigt doch, dass politisches Interesse vorhanden ist», meint eine Teilnehmerin, und kurz darauf meldet sich schon ein Vertreter der im Fokus stehenden Gruppe zu Wort. «Ich bin 20 Jahre alt und wirke im Jugendparlament mit», lässt er die Runde wissen. Im Gegensatz zu einem «klassischen» Parlament könne man da auch als Parteilose(r) hingehen und mitreden, er würde dies allen jungen Menschen empfehlen, die ihre Stimme einbringen möchten.

So weit, so schön, denkt man sich. Doch erreicht die Botschaft, dass eine solche Form des Mitmachens möglich wäre, auch genügend Jugendliche, namentlich an den Schulen? Äusserungen von Gesprächsteilnehmenden, die den Schulbetrieb «von innen» kennen, bestätigen die Vermutung: Die meisten Anstrengungen seitens der Politik, Schülerinnen und Schüler zu einer Beteiligung an politischen Entscheidungen zu motivieren, laufen offenbar ins Leere. «Sie haben gar keine Ahnung, was Politik überhaupt bedeutet», lautet etwa eine ernüchtert klingende Feststellung, die am Stammtisch einen Moment lang zu ratlosen Blicken führt. Ein jüngerer Mann, der sich als Neu-Parteimitglied vorstellt, weist darauf hin, dass auch klassische Parteien mit anlassbezogenen Aktionen ein junges Publikum für sich gewinnen können. «Ich weiss von zwei Politikerinnen, die junge Frauen an ­einer Veranstaltung zu sexualisierter Gewalt zusammenbringen konnten, einem Thema, das leider ja fast alle jungen Frauen in irgendeiner Weise betrifft», erklärt er. «Wenn es einem gelingt, Punkte anzusprechen, die die Leute wirklich persönlich angehen, dann schafft man es auch, sie zu erreichen», zeigt sich der Diskussionsteilnehmer überzeugt.

«Ich denke, es gibt eine grosse Angst bei den jungen Leuten, von den Parteien vereinnahmt zu werden», bemerkt ein anderer Anwesender. Ausserdem mache die kleinräumige Struktur im Knonauer Amt, wo quasi jeder jeden kenne, die Teilnahme an der Politik nicht einfacher. Ohnehin handle es sich bei den politischen Akteuren vornehmlich um Personen aus anderen Generationen, die sich untereinander schon lange kennen und es «Neulingen» alleine schon durch ihr Alter und ihre Stellung nicht leicht machen, Fuss zu fassen. Solche Tatsachen beschäftigen auch eine junge Frau in der Runde, die sich durchaus ein Engagement vorstellen könnte, jedoch befürchtet, von vornherein als «untypisch» wahrgenommen zu werden. «Wenn ich jetzt im Stadtrat mitmachen würde, wäre ich nicht ein Individuum, sondern vor allem ein Vertreter meiner Generation. Was ich sage, das hat dann meine Generation gesagt», bringt es ein anderer auf den Punkt. Sicherlich helfen würde beim Schritt in ein politisches Amt das Vorhandensein von «Göttis» und «Gotten», die einem am Anfang zur Seite stehen, sind sich die meisten in der Runde einig.

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