«Es hät recht klöpft»

Ein gewaltiger Knall leitete das Ende der katholischen Kirche von Affoltern ein. Mit 460 Sprengladungen wurde im April 1981 das Kirchenhaus von 1892 in die Luft gesprengt.

Mit einem gewaltigen Knall wurde 1981 die katholische Kirche in die Luft gesprengt. (Bilder Archivband St. Josephkirche)

Mit einem gewaltigen Knall wurde 1981 die katholische Kirche in die Luft gesprengt. (Bilder Archivband St. Josephkirche)

Die Turmspitze wurde separat vorgängig per Kran heruntergeholt.

Die Turmspitze wurde separat vorgängig per Kran heruntergeholt.

1892 war die erste katholische Kirche auf dem Betpurhügel in Affoltern gebaut worden, im gleichen Baustil wie die neugotische Kirche St. Peter und Paul in Zürich-Aussersihl, welche die Mutterkirche von katholisch Zürich war und das erste römisch-katholische Kirchengebäude, das nach der Reformation in Zürich erstellt worden war. 1981 schlug dann für die Kirche in Affoltern die letzte Stunde. Im feuchten Untergrund war das Fundament marode geworden, und als die SBB ein zweites Gleis bauen wollten, das dicht ans Kirchengebäude zu liegen gekommen wäre, gab es keine andere Lösung, als dieses zu beseitigen. Gegen den Widerstand breiter Kreise, der sich damals gegen die Sprengung erhob.

Und so kam es denn, im April 1981, zur Sprengung. Cecile Federer, Frau des damaligen Präsidenten der Baukommission Hansjörg Federer, erinnert sich an den emotionalen Moment: «Viele Menschen standen morgens um 8.30 Uhr da. Der Sprengmeister erklärte uns, wo er überall die 460 Sprengladungen mit insgesamt 55 kg Sprengstoff platziert hatte. Einige der Leute waren den Tränen nah, hingen sie doch an ihrer Kirche. Die künftige moderne Kirche konnten sie sich nicht vorstellen, und es war schwierig, ihnen zu erklären, dass nun halt etwas Neues kommen werde.»

Turmdach separat abgetragen

Cecile Federers Tochter, die 16-jährige Priska, durfte den Sprengknopf drücken. «Es hät recht klöpft», erinnert sich Federer. «Es war ein emotionaler, bewegender Moment. Die Kirche, in der ich als Mitglied des Chors so oft gesungen hatte, lag nun plötzlich in Schutt und Asche.»

Der «Anzeiger» schilderte damals das Ereignis so: «Unter einem dröhnenden Knall verschwand das ehrwürdige Gebäude innert Sekunden in einer riesigen Staubwolke... Das Spektakel, dem die Leute auf Hausdächern, auf der Strasse und überall dort, wo Blicke zu erheischen waren, gebannt entgegenblickten, wickelte sich in total 33 Zeitstufen mit einer gesamten Verzögerung von 1,2 ms ab.» Und weiter hiess es, dass «die Kirche mit einem weissen Schutztuch umhüllt war – und somit die umliegenden Häuser vor möglichen Schäden bewahrte. Dennoch konnte natürlich nicht verhindert werden, dass einzelne Häuserfronten von kleineren Steinschlägen nicht verschont blieben.»

Nicht in die Luft gesprengt wurde die Turmspitze. Diese war «arg verrostet» und wurde aus Sicherheitsgründen, um bei der Sprengung die nahegelegenen Gebäude nicht zu gefährden, schon einige Tage zuvor aufwendig per Kran heruntergeholt. Das Verfahren, das festgefügte Dach vom Kirchengebäude herunterzuhieven, bereitete dem Vernehmen nach viel Mühe.

Nach der Sprengung kam das grosse Aufräumen. 10000 Kubikmeter Abbruchmaterial galt es nach der spektakulären Sprengaktion wegzuräumen. Schon einen Monat später, im Mai 1981, fuhren die Maschinen zum Bau der neuen Kirche St. Josef im Seewadel auf. ­Gebaut wurde die neue Kirche nach ­einem Entwurf des Architekten Willi Egli, der als Sieger aus einem Architekturwettbewerb mit dem schlichtesten aller Projekte gegen acht Mitbewerber als Sieger hervorging. Das Preisgericht sprach von einer «introvertierten ­Anlage mit einer bewusst bescheidenen Höhenentwicklung».

Der Bau der neuen Kirche nahm gerade mal eineinhalb Jahre in Anspruch. Im April 1983 weihte der Bischof von Chur im Beisein von 500 Gläubigen und Gästen die nicht geostete, sondern nach Norden ausgerichtete St. Josefkirche mitsamt Kirchenzentrum ein.

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