Survival im winterlichen Säuliamt

Streifzüge durch die Natur (39): Wie schaffen es Tiere, während dieser kalten Tage draussen auszuharren?

Der einheimische Zitronenfalter hat seine ganz eigene Strategie, um die kalten Wintertage im Säuliamt zu überstehen. (Bild istock)

Der einheimische Zitronenfalter hat seine ganz eigene Strategie, um die kalten Wintertage im Säuliamt zu überstehen. (Bild istock)

Der Eichelhähler hat seine ganz eigene Strategie, um die kalten Wintertage im Säuliamt zu überstehen. (Bild: Michael Gerber)

Der Eichelhähler hat seine ganz eigene Strategie, um die kalten Wintertage im Säuliamt zu überstehen. (Bild: Michael Gerber)

Der Igel hat seine ganz eigene Strategie, um die kalten Wintertage im Säuliamt zu überstehen. (Bild: istock)

Der Igel hat seine ganz eigene Strategie, um die kalten Wintertage im Säuliamt zu überstehen. (Bild: istock)

Wenn im Spätherbst die Temperaturen fallen, beginne ich, mir stets Sorgen um die Tiere zu machen, die Tag und Nacht draussen bei Wind und Wetter ausharren müssen. Doch ich weiss ja eigentlich: Die Tiere sind auch bei uns im Knonauer Amt ganz gut an die Kälte und den Schnee angepasst, sie überleben meist ganz ohne Hilfe und ohne ein geheiztes Zuhause. Das verwundert und beeindruckt mich jedes Jahr von Neuem.

In der Tat sind die Survival-Tricks der heimischen Tiere doch einfach phänomenal. Das beginnt schon beim Federkleid der Vögel, das bei Kälte einfach aufgestellt werden kann. Schon hat die Amsel oder der Buntspecht eine dicke Daunenjacke an. Das sieht dann zwar so aus, als habe der Vogel einen BMI von über 50, doch sind es nur die aufgeplusterten Federn, die ihn optisch zum Sumoringer machen. Anders machen es die Säugetiere wie der Fuchs oder das Hermelin: Ihnen wächst im Herbst ihr dickes Winterfell, das ganz passabel vor kalten Windböen und Schneestürmen schützt.

Der Sammel-Profi

Mehrere Säuliämtler Tiere bereiten sich im Herbst akribisch auf die karge Winterzeit vor und sorgen für üppige Vorräte. So der hübsche Eichelhäher: Schon ab August beginnt er, in grossen Mengen Eicheln zu sammeln und zu verstecken. Um sie zu finden, fliegt er bis zu acht Kilometer weit. Für den Transport kann er jeweils seinen Kropf mit etwa zehn Eicheln befüllen. In seinem Wohngebiet versteckt er dann jede Nuss einzeln oder in kleinen Grüppchen – bis zu 5000 Eicheln kommen so pro Winter zusammen. Kein Wunder, muss er nie Hunger leiden, zumal er ein sehr gutes Gedächtnis hat und viele Verstecke auch wiederfindet. Aus den nicht gefundenen Eicheln spriessen später junge Bäume.

Neben dem Eichelhäher legen zum Beispiel auch Kleiber und Eichhörnchen Vorräte an. Letztere haben aber noch einen weiteren Survival-Trick: Wenn es ihnen zu frostig und ungemütlich wird, legen sie sich einfach in ihren Kobel und schlummern ein. Es handelt sich zwar nicht um einen echten Winterschlaf, sondern nur um eine Winterruhe, aber immerhin. Dabei verringern sich Herzschlag und Atemfrequenz; die Körpertemperatur wird nur gering abgesenkt. Mehrmals wachen die Hörnchen dabei auf und gönnen sich auch mal einen kleinen Snack. Ähnlich machen es der Dachs und der Biber.

Einen echten Winterschlaf machen die Igel, sofern sie gesund sind. Ihre Körpertemperatur senkt sich von 36 auf gerade noch ein bis acht Grad. Sie atmen noch ein- bis zweimal pro Minute, das Herz schlägt statt 200 Mal nur noch etwa fünf Mal pro Minute. Etwa fünf bis sechs Monate können sie so überdauern, bis sie im April schlaftrunken aufwachen und vermutlich bald grossen Hunger haben.

Dass nicht alle Igel fit genug sind, um in den Winterschlaf zu gehen, weiss die Igelstation Säuliamt in Hedingen nur zu gut. Fast jeden Tag musste sie im November zu leichte oder kranke Igel aufnehmen, oder sie erklärte den Igel-Finderinnen und -Findern, wie sie den Igeln selber helfen konnten. Mehrmals war die Station «ausgebucht». Bei den meisten eingelieferten Igeln handelte es sich um junge Tiere, die es nicht schafften, genug Futter zu finden, und daher oft krank wurden. Ein Igel muss mindestens rund 500 Gramm schwer sein, damit er den Winterschlaf überlebt. Wer jetzt noch einen aktiven Igel findet, kann sich bei der Igelstation erkundigen, was zu tun ist. Nicht alle Tiere brauchen Hilfe. Keinesfalls sollte man ihnen Milch oder anderes falsches Futter hinstellen.

Frostschutzmittel im Blut

Einen «Winterschlaf» der anderen Art machen die wechselwarmen Tiere wie Amphibien, Reptilien oder Insekten: Sie werden bei Kälte einfach steif und starr. Kurz vorher suchen sie sich eine geschützte Stelle, um sich zu verkriechen. Auch bei ihnen sind Herzschlag und Atmung stark reduziert. Sie überleben sogar, wenn ihre Körpertemperatur mal kurz unter null fällt, denn sie haben ein Frostschutzmittel im Blut.

Letzteres gilt auch für den einzigen heimischen Schmetterling, der als solcher draussen überwintert: den Zitronenfalter. Er setzt sich im Herbst einfach irgendwo hin und hofft dann vier Monate lang, nicht entdeckt und gefressen zu werden. Clever: Besonders gern versteckt er sich im Laub der immergrünen Stechpalme. Er überlebt gar Temperaturen von bis zu minus 20 Grad. Schon im März wird er wieder aktiv und flattert durch die Gärten. Seine Eier legt er nur an Kreuzdorn und Faulbaum. Wer ihn also fördern möchte, pflanze diese beiden Sträucher.

Schliesslich gibt es noch einige Säuliämtler Vögel aufzuzählen, die mich besonders beeindrucken. Das ist zum einen der Zaunkönig, der es als einer der wenigen Vögel schafft, auch im Winter genug Insekten und Spinnentiere zu finden. Dafür sucht er stundenlang jede Ritze und jedes Versteck an den Bäumen und im Unterholz ab. Zum anderen sind auch die Wintergoldhähnchen wahre Überlebenskünstler. Als kleinste Vögel Europas zeigen sie, wer hier der Grösste ist: Sie schaffen es jeden Tag, Tausende kleine Insekten zu finden. Weil sie so klein sind, haben sie einen besonders hohen Energiebedarf und müssen täglich so viel fressen, wie sie selber wiegen. Besonders gut sind sie im Auffinden von winzigen Springschwänzen, die wir als Menschen ohne Lupe nicht mal sehen können.

Wer derart gute Fähigkeiten und Tricks entwickelt hat, braucht wahrlich keine beheizte Stube und keinen warmen Kräutertee. Chapeau!

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