Fünf Frauen machten ihm ein Angebot

Thomas Hunziker aus Affoltern wurde 2006 eine neue Niere transplantiert – wie er damit lebt, erzählt er hier.

Thomas Hunziker lebt mit einer transplantierten Niere. (Bild Luc Müller)
Thomas Hunziker lebt mit einer transplantierten Niere. (Bild Luc Müller)

Den 12. Januar 2006 feiert Thomas Hunziker jeweils als seinen zweiten Geburtstag. An dem Tag wurde ihm eine neue Niere transplantiert. Schon 2001 erhielt er die Diagnose, dass er unter der Nierenkrankheit ADPKD leidet – dabei wird das Organ von Zysten befallen. «Meine Mutter litt schon unter dieser Krankheit und es ist klar, dass auch 50 Prozent der Nachkommen von dieser Krankheit betroffen sein werden.» Hunziker hat noch drei Geschwister: Er und ein Bruder sind an ADPKD erkrankt. «Ich wusste schon ab 1992 von meiner Mutter, dass ich diese Krankheit bekommen könnte. Ich war auf den Befund vorbereitet», erklärt der 67-jährige Affoltemer. Seine beiden Nieren hätten immer schlechter funktioniert. Sein Bauch sei so gross gewesen wie bei einer Schwangeren, das vergrösserte Nierengewebe habe wie ein Haufen Seifenblasen ausgesehen.

Gewebemerkmale entscheidend

«Man kann mit erkrankten Nieren weiterleben. Das ist grundsätzlich kein Todesurteil», sagt Thomas Hunziker. Statt der Niere übernimmt die Dialyse die Funktion. Der Körper produziert täglich viele giftige Stoffwechselprodukte, die normalerweise über die Nieren mit dem Harn ausgeschieden werden. Zu diesen Substanzen zählen beispielsweise der Harnstoff, die Harnsäure, das Kreatinin und viele mehr. Sind die Nieren aufgrund eines akuten oder chronischen Schadens (akute oder chronische Niereninsuffizienz) nicht in der Lage, diese Stoffe ausreichend auszuscheiden, sammeln sie sich im Körper an, was innerhalb weniger Tage lebensbedrohlich werden kann.

Das Prinzip der Dialyse: Dem Körper wird kontinuierlich Blut entnommen und über eine Membrane gefiltert. Zum Teil wird eine Spülflüssigkeit genutzt, um die im Blut befindlichen Stoffe herauszuwaschen. Das gereinigte Blut wird dem Körper dann wieder zugeführt. Patienten müssen drei Mal in der Woche für rund drei bis fünf Stunden an die Dialyse. Das Ziel sei es grundsätzlich, dass man eine neue Niere erhalte, um seine Unabhängigkeit und wieder mehr Lebensqualität zu erhalten. Es gibt Patienten, die ihr ganzes Leben lang in die Dialyse gehen, andere sind aufgrund der Schwere der Nierenerkrankung aber langfristig alternativlos auf eine Transplantation angewiesen. So einfach ist diese aber nicht. Es müssen möglichst viele Gewebemerkmale der Spenderniere passen, damit das neue Organ überhaupt dem Patienten eingesetzt werden kann. Zudem müssen Spender und Empfänger die gleiche Blutgruppe haben.

2022 gab es 344 Nierentransplantationen

Wer eine neue Niere braucht, der kommt auf eine Warteliste. Derzeit sind darauf 1074 Personen registriert – 2022 wurden 344 Nieren transplantiert. 2021 wartete ein Patient in der Schweiz rund 900 Tage auf eine Spenderniere. «Es kann sein, dass nicht einfach die Nummer eins auf der Liste die nächstbeste Niere enthält. Die Merkmale müssen wie betont stimmen und so kann das Organ auf jemanden passen, der weiter unten auf der Liste steht.»

Lebendspende von Geschäftspartnerin

Thomas Hunziker selber kam gar nie erst auf die Warteliste. «Mein Arzt meinte, ich sei ein kontaktfreudiger und kommunikativer Typ, der selber einen Spender finde.» Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Spenden: Jemand gibt eine seiner zwei Nieren ab – dabei handelt es sich um eine Lebendspende. Oder von einer herz- oder hirntoten Person werden die Nieren, die bis zu 48 Stunden konserviert werden können, entnommen.

«Fünf Frauen haben mir das Angebot gemacht, eine ihrer zwei Nieren zu spenden.» Schlussendlich gab es einen Treffer bei einer Spenderin: Seine Geschäftspartnerin – bis 2019 führte Thomas Hunziker mit ihr in Affoltern die Weinhandlung Maurer – gab ihm eine Niere. Auch mit nur einer Niere kann man gut leben: Wie die Spenderin, die ohne Komplikationen ein gutes Leben habe, wie Hunziker erklärt. Er treffe sich immer noch regelmässig mit ihr und ihrem Lebenspartner. Die Spenderniere wurde Thomas Hunziker in der Leistengegend eingesetzt, die zwei erkrankten Nieren mussten wegen der enormen Grösse entfernt werden. Bis zu 20 Jahren bleibt eine transplantierte Niere in Takt. «Ich muss täglich rund 20 Medikamente, über 30 Tabletten, schlucken. Auch damit die Niere nicht abgestossen wird», berichtet Hunziker.

Im Koma wegen Corona

Vor der Transplantation sei er sehr müde gewesen und habe bis zu 17 Stunden geschlafen. Heute gehe es ihm gut. Aber zuvor hat sein Körper viel einstecken müssen. Als Nebenwirkung der Transplantation hat er Brustkrebs bekommen, den er inzwischen überwunden hat. Aber er leidet auch an Diabetes und hatte mit einem Darmdurchbruch zu kämpfen. «In der Coronazeit war ich ein Hochrisikopatient. Ich musste ins Spital und bin dort ins Koma gefallen. Die Ärzte dachten schon, es wird knapp für mich», erzählt Hunziker. Ein Chirurg habe ihm mal nach einer Operation, als er nach einer Sepsis fast innerlich vergiftet wurde, erzählt, dass er sich keine Sorgen um ihn gemacht habe. «Ich merke, wenn jemand einen starken Lebenswillen hat. Bei ihnen bestand nie die Gefahr, dass sie instabil werden.» Bei ihm sei das Glas immer halb voll, «und wenn nötig hab ich eine Flasche, um das Glas zu füllen», witzelt Hunziker. Auf was muss er seit der Transplantation verzichten? «Ich achte vor allem auf ausgewogene Ernährung und mache zwei Mal in der Woche Fitness. Und sogar Fast Food liegt mal drin und ein Glas Wein.»

Informieren am Welt-Nierentag

Am 9. März findet der Welt-Nierentag statt. An dem steht die Aufklärung der Bevölkerung über Vorbeugung, Früherkennung und Behandlung von Nierenkrankheiten im Fokus.

Thomas Hunziker, der auch als Stiftungsrat der Schweizerischen Nierenstiftung amtet, hat noch ein persönliches Anliegen. «Wer Nierenschmerzen hat, erhöhten Blutdruck, häufigen Harndrang sollte frühzeitig zum Arzt.» Denn das Tückische: Zu Beginn löst die Krankheit keine merklichen Symptome aus. Dabei ist eine frühzeitige Behandlung wichtig, um ein Nierenversagen zu verhindern.

Übrigens: Ab morgen Mittwoch, 8. März, bietet das Spital Affoltern in Zusammenarbeit mit dem Stadtspital Zürich neu 12 Dialyseplätze an.

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